Vengeance - Sewer Surger

Review von baarikärpänen vom 19.09.2023 (3924 mal gelesen)
Vengeance - Sewer Surger Mit den Zeilen "They live beneath the ruined city call the subways home, anxiously wait to see the sun and a land as of yet unknown" beginnt 'Predator' von CARNIVORE. Nun weiß ich zwar nicht, ob sich VENGEANCE auch in einer postapokalyptischen Welt befinden, aber die Dame und die drei Herren aus Polen scheinen auch den Untergrund zu bevorzugen, tauschen aber die heimeligen Metrotunnel gegen die Abwässerkanäle. Warum mir ausgerechnet CARNIVORE nach Einfuhr des Erstlings "Serwer Surger" einfallen, dazu gibt's im weiteren Verlauf die Erklärung.

VENGEANCE , ehemals FUKKIN' VENGEANCE, wurden 2018 von Gitarrist Soulripper und Drummer Bomber gegründet. Mit Sänger Alberth Dust und Bassist Madman spielten VENGEANCE ihr selbstbetiteltes Demo ein. Alberth Dust verließ die Band bereits wieder nach dem ersten Auftritt, später folgte ihm Madman. Ersetzt wurden die beiden durch Vandall am Mikro und durch die Bassistin Lucifera, die während der Aufnahmen zum Debut zur Band stieß. Besonders Sänger Vandall darf man getrost als Glücksgriff der Truppe bezeichnen. Was allerdings weit am Ziel vorbei geht, ist die Einschätzung des Labels, welches VENGEANCE in der Nähe zu TOKYO BLADE oder gar OZ verortet. Treffender sind da schon eher LIVING DEATH oder IRON ANGEL, wenn auch hier der Nagel nicht unbedingt auf den Kopf getroffen wird. Ist aber am Ende des Tages auch egal, wenn die Band mit "Sewer Surger" ein dermaßen charmannt rumpeliges Album eintütet, das ein solch speedmetalllisches early thrashiges und punkiges Vergnügen ist. Speed Metal wohlgemerkt mehr in Richtung LIVING DEATH oder ASSASSIN, weniger in Richtung schönspielendem und melodiösem von SAVAGE GRACE, Thrash und Punk weniger EXODUS, dafür mehr von den bereits erwähnten CARNIVORE und auch VENOM. Hier ist der Name des Albums absolut Programm, denn man mag sich gar nicht ausmalen, welchen Dreck der Vierer so unter den Fingernägeln hat, wenn sie denn des Nachts aus dem Gullideckel klettern.

imgcenter


Leute, wer sein Album mit einem Track wie 'Attack From The Gutter' startet, der darf mir auch getrost verrottete Kartoffeln verkaufen und nie haben mir Pommes besser gemundet. Hier ist dann auch die Erklärung für meinen CARNIVORE-Vergleich, denn der Song beginnt ähnlich wie 'Carnivore' und Sänger Vandall shoutet wie weiland Pete Steele. Was für eine herrliche Abrissbirne. So wie die Endzeitkrieger aus Brooklyn spielen auch VENGEANCE mit dem Tempo, nehmen es mal raus, ziehen wieder an. Großes Kino also, und das geht ohne Pause weiter. Denn auch Schwarzwurzeln dürften an "Sewer Surger" ihre Freude haben, so wie VENGEANCE in 'Brain Damage' schwarzmetallisch flirrende Gitarren einbauen. Ich musste tief graben, um zu wissen, an was mich das direkt nachfolgende 'Vengeance...' erinnert und bin dann bei den texanischen JUGGERNAUT und ihrem Übersong 'Cut Throat' gelandet. Wenn das Absicht war, dann zieh ich mal meinen imaginären Hut vor den Polen. Gilt auch für den heißen Anwärter auf den Preis für den lustigsten Songtitel des Jahres, 'Disappointing Parking Lot Sex'. Selbiger Song ist quasi eine Verbeugung vor den almighty MOTÖRHEAD, garniert mit einem Fast Eddie-Gedächtnisriff, bei den Vocals lässt Lemmy von weit oben grüßen. Damit im Verlauf der durchgehend in Höchstgeschwindigkeit dargebotenen 31 Minuten keine Langeweile aufkommt, verbraten VENGEANCE noch weitere kleine Überraschungen in ihren Stücken. So zitiert 'Another Fukkin' Day' gekonnt NUCLEAR ASSAULT (zu Zeiten von "Game Over"), 'Dregs Of Society' ist ein Musterbeispiel dafür, wie SLAYER wohl auf "Show No Mercy" geklungen hätten, wäre mehr Punk im Spiel gewesen, aufgewertet mit einem doomigen Mittelteil. Den Vogel schießen VENGEANCE dann aber mit ihrem letzten Track 'U.G.H.' ab. Klar NWoBHM-beeinflusst wäre genau das dabei rausgekommen, wenn sich Algy Ward (TANK) mit Cronos (VENOM) nach einer durchzechten Nacht zum Songwriting getroffen hätte. Herrlich! Das auf "Sewer Surger" keine Perfektionisten zu hören sind, ist ein klarer Vorteil. Da dürfen die Drums nicht nur mal daneben klingen, das ist klar so gewollt. Und das Vandall sich so anhört, als käme da ein ziemlich angepisster Kampfhund um die Ecke, ist ebenfalls ein Pluspunkt. Auch wenn er die für den Speed Metal typischen Screams durchaus auf der Pfanne hat, ist es mal eine Wohltat, einen Sänger zu hören, der sich in den unteren Registern wohl fühlt, ohne in dieses völlig unpassende Growlen zu verfallen. Und wenn wir schon beim Gratulieren sind, dann darf auch die Produktion von "Sewer Surger" nicht vergessen werden. Wie es sich für diese Art von Speed Metal gehört, ist hier aber auch gar nix großartig bearbeitet, sozusagen eine Aufnahme aus dem Proberaum, gemacht mit dem richtigen Equipment, damit der Hörer auch jede Kleinigkeit raushören kann.

Mit "Sewer Surger" ist VENGEANCE ein echter Wurf gelungen. Das hier ist kein Black Speed/Black Thrash, kein feingeistiger Speed Metal, sondern irgendwas dazwischen, mit das Räudigste und Ehrlichste, was mir seit langem in diesem Bereich untergekommen ist. Alleine deswegen haben VENGEANCE schon mal ein Alleinstellungsmerkmal. Soundfetischisten und Hipster machen am besten einen weiten Bogen um dieses Album. Wer auf der Suche nach punkigem Highspeed-Metal ist, bei dem der Dreck aus jeder Rille fällt, der MUSS hier zugreifen.



Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Attack From The Gutter
02. Vengeance...
03. Brain Damage
04. Disappointing Parking Lot Sex
05. Another Fukkin' Day
06. Dregs Of Society
07. U.G.H.
Band Website:
Medium: CD, LP, MC
Spieldauer: 31:58 Minuten
VÖ: 22.09.2023

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten