Snowy White And The White Flames - No Faith Required

Review von Rockmaster vom 09.07.2023 (931 mal gelesen)
Snowy White And The White Flames - No Faith Required Gleich vorweg: SNOWY WHITE AND THE WHITE FLAMES bedienen das weitere Umfeld des Rocks und Metals eher peripher bis gar nicht, selbst mit dem Southern Rock von THIN LIZZY, bei denen Gitarrist und Sänger Snowy White einst die Saiten zupfte, hat es nichts zu tun, und - obwohl Snowy zur Speerspitze des britischen Blues Rock seiner Zeit zählte - Bluesschema kommt kein einziges auf der Scheibe vor. Ich gebe zu, mich hat zumindest zum Teil das Cover der Scheibe, die erstmals 1996 erschienen war, inspiriert, mich mit der Musik mal auseinanderzusetzen. Dieses zeigt einen Kletterer an einem Riss in einer Bigwall, könnte im Kletter-Eldorado Yosemite sein, nicht etwa mit Portaledge und schwerem Gepäck für Übernachtungen in der senkrechten Wand, sondern leicht ausgerüstet im Freikletterstil. Selbst um Seil und selbst gesetzte Klemmgeräte zu finden, muss man erst mal genauer hinschauen. Und dann ist die Scheibe betitelt mit "No Faith Required". Was für jeden Kletterer gleich anmutet wie ein krasser Widerspruch. Denn, selbst wenn man an gar nichts glaubt, beim Freiklettern sollte man mindestens an sich selber glauben.

Eine kurze Hörprobe hat nicht so recht für Aufklärung gesorgt, was zu erwarten wäre, und darum habe ich jetzt das gesamte Album vorliegen, um mich schlauer zu machen (leider nur digital und nicht in transparentem Vinyl, dem aktuellen Hauptformat der Wiederveröffentlichung). Beim Opener und Titeltrack 'No Faith Required' fällt es zunächst schwer, zwischen Percussion, Prog-Pop und entschleunigtem Vortrag herauszuhören, ob das nun locker-flockige Cocktailmusik sein soll oder doch eher anspruchsvoll. Selbst die Lyrics lassen eine ganze Weile viel Interpretationsspielraum, aber spätestens bei 'In The Name Of The Lord' kommt die Message klar rüber. "No Faith Required" ist eine Breitseite mit ein paar Dutzend Musketen der Conquistadores gegen jedwede Verbrechen, die im Namen der (welcher auch immer) Religion begangen wurden. Dabei ist keineswegs die alleinige Konsequenz "No Faith Required" - "es braucht keinen Glauben", gemeint, denn schon im zweiten Titel 'The Miracle I Need', das mein (nun nicht mehr) heimlicher Favorit ist, drückt Snowy White seine eigene Zwiegespaltenheit zwischen dem Verneinen von Wundern und gleichzeitigem Warten auf ein solches aus. Musikalisch packt mich die Nummer mit ihrem für die teils spärliche Instrumentierung überraschendem Groove, mit einem - verhältnismäßig - lauten Riff, das ein paarmal vorkommt, mit wirklich grandiosen Off-Beats, während der Bass gegen Ende mal funky wird, und nicht zuletzt mit dem tollen Gitarrensolo im letzten Drittel. Am meisten bluesig wird es beim 'Midnight Blues', in dessen ausuferndem Gitarrensolo man tief eintauchen kann.

Auf die Länge variieren die Themen ('Slave Labour' und 'American Dream' bedienen eher modernere Probleme der Gesellschaft), aber inhaltlich wie musikalisch bleibt es anspruchsvoll - und teilweise ist es auch schwere Kost. Man muss sich auf diese Musik einlassen, die feinen Variationen und Noten heraushören, und sich von dem Groove, wenn er denn da ist, treiben lassen. Die Schlussnummer 'American Dream' hat nochmal ein überaus interessantes, rhythmisches Intermezzo, das erneut in einem tollen Gitarrensolo mündet. Unterm Strich mutet "No Faith Required" mir an wie eben jene berühmten Bigwalls im Yosemite, in denen man im klassischen Bigwall-Begehungsstil mal eben drei bis fünf Tage in der senkrechten Wand verbringt - das Album baut sich auf und scheint mit seinem Anspruch unüberwindbar, aber es gibt auch großartige Momente, die einen dafür entlohnen, sich auf die Bigwall oder eben die Musik einzulassen.

- ohne Wertung -
Trackliste Album-Info
01. No Faith Required (7:00)
02. A Miracle I Need (8:39)
03. In The Name Of The Lord (7:14)
04. Midnight Blues (8:33)
05. Slave Labour (5:28)
06. Blues Like A Fever (5:12)
07. Canyon (5:20)
08. American Dream (7:23)
Band Website:
Medium: CD, LP
Spieldauer: 54:49 Minuten
VÖ: 16.06.2023

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