Funereal Presence - Achatius

Review von Humppathetic vom 07.03.2019 (4505 mal gelesen)
Funereal Presence - Achatius "Achatius" lautet der Name der zweiten Scheibe des Deutsch-Amerikaners Mattias Müller, der seines Zeichens das einzige Mitglied der Band FUNEREAL PRESENCE darstellt. Diese Band oder besser dieses Ein-Mann-Projekt existiert seit 2007 und hat es doch nur auf drei Veröffentlichungen gebracht. Warum das so ist, darauf werde ich im Laufe des Reviews eingehen. Aber zuerst: Vordergründig haben wir es hier mit einer Scheibe zu tun, die - rein musikalisch gesehen - aus dem Jahre 1995 stammen könnte. Zurückgenommene Produktion, durch die der Sound durch das Gehölz poltert und mit selbigem verwächst, als seien Ausdruck und Klang ein und dasselbe. Fast schon archaisch mutet der Klang dieses Albums an, obschon auch gewisse - und das meine ich absolut positiv - Eigentümlichkeiten ihren Weg in die Gehörgänge schaffen, namentlich MAIDENeske Leadgitarren, atonale Tonfolgen und klarer Gesang. Doch nicht nur der Sound weiß zu begeistern, das Album als solches verdient meines Erachtens das Prädikat Kunst, denn die Melange aus Formalästhetik, Inhalt, Optik (man beachte das Cover, das ein originales Gemälde aus den 1490er Jahren zeigt) und Darbietung ist in einer solch seltenen Weise ineinander verzweigt, bedingt einander, dass das eine ohne das andere gar nicht funktionieren kann, und in seiner logischen Folge kann auch die Besprechung eines Werkes dieses Ausmaßes keinen der Aspekte ignorieren, ohne selbst ein einziger Kardinalsfehler zu werden.

Was auf uns einwirkt, ist, zumindest im ersten Eindruck, ein Black-Metal-Album ... nein, formulieren wir es anders: ein Black-Metal-Gemälde, das bei einer Lauflänge von 48 Minuten, aufgeteilt in vier Songs, den Hörer fordert, und das eben nicht nur wegen der Überlänge der einzelnen Lieder, sondern insbesondere der schieren Masse an, in Ermangelung eines besseren Wortes, Informationen wegen, die auf ihn einprasseln. Um es ganz klar und prägnant zu artikulieren: Hier haben wir es nicht mit einem Konsumprodukt zu tun, sondern mit einem Luxusgut, das keinen Anspruch erhebt, in sich von essentieller Wichtigkeit zu sein - wenn man bereits mit den Grundbedürfnissen des Lebens zufrieden ist.

Es ist im Gegenteil etwas Spezielles, etwas Vollmundiges, Rundes. Etwas für den Connaisseur. Was uns hier über eine Dreiviertelstunde geboten wird, ist Perfektion in unnachahmlicher, oft versuchter und doch so selten geglückter Brillanz. Trivial gesprochen, trennt sich hier die Spreu vom Weizen, so wie der Discount-Whiskey aus der Dose niemals die Qualität eines 30 Jahre alten, in Eichenfässern gereiften Scotchs erreicht. Und da kommen wir auch zu dem Punkt, den ich anfangs ansprach: So etwas braucht Zeit. Deswegen hat dieser Mann, diese Band in zwölf Jahren gerade einmal drei Veröffentlichungen zu Buche stehen. Und das ist auch gut so.

Was konzeptuell-textlich hier mit der Musik verschmilzt, ist von solch kontemplativer Intelligenz, dass mir so langsam auch die Worte dafür ausgehen, die ganze Klasse dieses Albums zu beschreiben. Wenn "Achatius" in die Ferne zieht - was zum Teil in originalen liturgischen Texten wiedergegeben wird -, angerufen zum letzten Gefecht, er die Biester der Hölle erblickt und über diese Offenbarung lamentiert, wird das folgerichtig vom Läuten von Kirchenglocken begleitet. Würde ich versuchen, die gesamte Geschichte zusammenzufassen, säßen wir, platt gesprochen, noch morgen hier, hätten die komplette Opulenz wohl immer noch nicht erfasst, und ich könnte mein Review auch direkt an eine Universität schicken, um zum Doktor zu promovieren. Ich kann stattdessen lieber nur Folgendes machen: Den Tipp geben, dieses Werk auch mit den Texten zusammen zu erblicken und völlig zurecht die Höchstpunktzahl zu zücken.

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Wherein Achatius Is Awakened And Called Upon
02. Wherein A Messenger Of The Devil Appears
03. Wherein Seven Celestial Beasts Are Revealed To Him
04. Wherein Achatius Is Flogged To The Hills Of Violation
Band Website: www.facebook.com/Funereal-Presence-2528356
Medium: CD
Spieldauer: 48:32 Minuten
VÖ: 15.02.2019

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Sehr wortgewandtes und -gewaltiges Review (wenngleich mit auffälligem Hang zu Schachtelsätzen ;-)) - da bekommen auch Metal-Laien wie ich Lust zum Hören!
(07.05.2019 von Araucanía)

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