Gothminister - Pandemonium

Review von Opa Steve vom 06.12.2022 (1810 mal gelesen)
Gothminister - Pandemonium Was ich an der gothicaffinen Künstlerszene ja manchmal so irritierend finde, ist das oft unglaubliche Selbstbewusstsein. Sicher findet man das auch in anderen Genres, und gerade im Metal ist dicke Hose ja nicht gerade Mangelware und geht auch oft weit über das tatsächliche Vermögen hinaus. Aber während viele Spielarten doch irgendwie mit Kauzigkeit, technischen Mängeln oder auch einem kleinen Fremdschämfaktor prima harmonieren, ist Gothic Metal für mich eigentlich ein atmosphärisches und düsteres Genre, welches mit einer verborgenen Schönheit und Verheißungen spielt und den Hörer in eine andere Welt zieht. Da darf man sich keine Patzer leisten.

GOTHMINISTER erlauben sich auf "Pandemonium" zum Glück keine offensichtlichen Schlappen wie technische Mängel oder Fremdschämmomente. So weit, so gut. Es ist ein sauber produzierter Mix aus dunklen Brat-Riffs, immer wieder aufkommender Grabesstimme, und durch die betonte Rhythmik eher ein tanzbarer Vertreter des Genres, der sich auch ein paar EBM/Elektro-Goth-Einflüsse neben dem metallischen Fundament gönnt. Auch sind sie clever genug, englisch zu singen, denn gerade bei deutschen Hörern setzt das noch mal eine Distanz zur aufgebotenen Lyrik, an der viele deutsch singende Bands leider zu gern zerschellen. Das Album geht relativ glatt rein, aber ich muss auch auf der Soll-Seite feststellen, dass es nicht nur glatt rein geht, sondern genauso glatt wieder raus. Über die Distanz von 40 Minuten konnte ich mich an keinem Höhepunkt festhalten, nie wurde ich in tief atmosphärische und emomtionale Welten gezogen. Woran liegt das? Vor allem daran, dass das Album nicht so richtig Fisch oder Fleisch sein will. Es wirkt oft nicht aus einem Guss, und schon der Titelsong irritiert durch seine happy Bridge und seinen Anspruch, viele Genres abbilden zu wollen. Er will zu viel gleichzeitig und verzettelt sich. Auch ist das Drumming teilweise nicht aus einem Guss, was auch eine hypnotische Rhythmik verhindert. Man spürt deutlich, dass Macher Bjørn Alexander Brem mit seiner Stimme Dramatik erzeugen will, aber wenn das die Musik nicht hergibt, entsteht kein organisches Kunstwerk. Dazu reichen ein paar tiefgestimmte Gitarren und die genregerechte Produktion von Henning Verlagen nicht aus. Lediglich 'Kingdoms Rise' kann mich halbwegs überzeugen, weil es in der Komposition da endlich gelingt, eine imposante Düsterheit heraufzubeschwören. Der Rest mäandert irgendwie zwischen vielen Ideen hin und her. 'Demons' ist eigentlich ein tanzbarer Pop-Titel, 'Run Faster' schielt mir zu sehr auf eine Billigkopie eines früheren NIGHTWISH-Arrangements, und 'Mastodon' ist auch irgendwie gar nicht so aus einem Guss.

Ich würde raten, sich klarzumachen, wo man sich mit seinen Stärken positionieren könnte und seinen organischen Stil findet. Vielleicht wäre auch NDH oder eine konsequent tanzbare Richtung ohne bemühte Düsterheit ein Ausweg aus dem Dilemma. An die Meilensteine des Genres wie NEFILIM, SOLEMN NOVENA, SISTERS OF MERCY, NFD und so weiter werden GOTHMINISTER nicht herankommen. Und auch die poppige Leichtigkeit platzieren THE BIRTHDAY MASSACRE deutlich passender in den Gesamtmix.

Gesamtwertung: 5.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Abgrund
02. Pandemonium
03. Demons
04. Star
05. Sinister
06. Kingdoms Rise
07. Bloodride
08. Norge
09. Run Faster
10. This Is Your Darkness
11. Mastodon
Band Website: www.gothminister.com
Medium: CD
Spieldauer: 40:27 Minuten
VÖ: 21.10.2022

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