The Coffinshakers - Graves, Release Your Dead

Review von baarikärpänen vom 19.10.2023 (1129 mal gelesen)
The Coffinshakers - Graves, Release Your Dead Rückblende:
Wir schreiben das Jahr 2007 und vier unsterbliche schwedische Vampire, die sich ein paar Jahre zuvor zu einer Band zusammengetan haben, um der Langeweile des ewigen Leben zu entfliehen, veröffentlichen bei einer höchst sterblichen Plattenfirma ihr selbstbetiteltes zweites Album. Da man seine musikalische Vision von Country, so wie er sein sollte (die Herren haben ja einen fast unerschöpflichen Erfahrungsschatz - kein Wunder, wenn man Jahrhunderte auf dem Buckel hat und die USA zu Pionierzeiten aus dem Eff-Eff kennt), unter das Volk bringen will, wird sofort jeder Friedhof, jedes pathologische Institut und sogar jede Konzerthalle nach Einbruch der Dunkelheit unsicher gemacht. Erschöpft von alledem beschließen die vier Untoten, es sei an der Zeit für einen längeren Erholungsurlaub, was unsere Freunde ins nordschwedische Kiruna führt, wo man sich in einem stillgelegten Erzstollen einquartiert. Dumm nur, dass bei Sprengungen der Eingang besagten Tunnels verschüttet wird und die COFFINSHAKERS, so der selbstironische Name der Kapelle, unfreiwillig ihren Urlaub verlängern müssen.

Im Jetzt:
Wir wissen nicht, ob man seitens der Minengesellschaft auf der Suche nach weiteren Erzvorkommen war, aber wie es das Schicksal so wollte, wurde das tief unter der Erde befindliche Refugium der vier Vampire wieder zugänglich gemacht. Voller Blut- und Tatendrang konnten die vier Helden gar nicht schnell genug den Aufzug nach oben nehmen, vorsichtig nachschauend, ob nicht vielleicht doch gerade die Sonne scheint, und schon sehr bald suchten sie den zuständigen Chef von Svart Records heim, der nur mit dem Versprechen eines lukrativen Plattendeals unversehrt davonkam. So enterten die COFFINSHAKERS das nächstbeste Studio, um 16 Jahre später endlich ihr nächstes Album mit dem wohlklingenden Titel "Graves, Release Your Dead" (auch Vampire brauchen Nachschub an Fans) zu veröffentlichen.

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Spaß beiseite, aber bei solch einer Band-Bio bietet sich das ja geradezu an. Natürlich ist das, was die COFFINSHAKERS hier zocken, so meilenweit von Metal entfernt, dass man es gar nicht mehr messen kann. Und trotzdem hat "Graves, Release Your Dead" auf unserer Seite seine volle Berechtigung. Ganz einfach deswegen, weil a) eine Prise Humor ja noch nie geschadet hat und b), weil die vier fidelen Schweden das was sie machen, wirklich gut machen. Davon ab, warum soll es neben Horror Punk, wie ihn die MISFITS spielen, nicht auch Horror Country geben (die Band selbst nennt es auch Gothic Country)? Obwohl Country zu kurz gefasst ist. Die COFFINSHAKERS integrieren sehr viele unterschiedliche Stile in ihrem Sound und machen daraus etwas Eigenständiges. Man nehme zum Beispiel etwas dunklen Rock 'n' Roll, wie ihn CHRIS ISAAK in 'Wicked Game' fast schon perfektioniert hat, verbinde das mit NEIL YOUNG zu Zeiten von "Harvest", runde alles mit einem schaurigen Text ab und schon hat man den Titelsong des neuen COFFINSHAKERS-Albums. Oder eine Mischung aus Hillbilly-Bluegrass und THE SHADOWS, wie in 'City Of The Dead'. 99% Country gibt es dagegen in 'Wretches', inklusive einer Fiddle. Die COFFINSHAKERS nehmen wirklich alles, was irgendwie zu ihrer Interpretation von Country passt. Nachzuhören in 'Siren's Call', das mit seinem Surf Sound und weiblichem Backgroundgesang gefällt. Als ob das noch nicht genug wäre, ist 'Holes Of Oblivion' in etwa so, wie man sich den Rock der EAGLES mit einem ordentlichen Schuss Americana vorstellt. So richtig lustig wird's allerdings in meinem persönlichen Highlight der Scheibe, 'Prince Of Darkness' (nee, keine Hommage an Ozzy Osbourne). Hier trifft Johnny Cash ('I've Been Everywhere') auf die Sauerländer AL GRINGO & THE ORIGINAL KRAUTBOYS ON MOONSHINE (kennt die noch jemand?) und den Cow-Punk der DALTONS oder STETSON POWER (von denen selbst YouTube noch nichts gehört hat). 'Down In Flames' klingt dann wieder wie eine Uptempo-Version von 'Apache' (THE SHADOWS). Groß dann 'The Great Silence', das original so klingt, als hätte Enno Morricone ein vergessenes Stück ausgegraben, dass es nicht auf den Soundtrack zu "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Für eine Handvoll Dollar" geschafft hatte. Man kann förmlich Clint Eastwood auf seinem Gaul in Richtung Sonnenuntergang reiten sehen am Ende des Streifens. All diese Einflüsse werden perfekt von den vier Schweden verarbeitet und gespielt. Und die sonore Stimme von Rob Coffinshaker passt dazu wie die Faust aufs Auge.

Wer schon immer was übrig hatte für die flotteren Songs der "American Recordings" von JOHNNY CASH oder eine gewisse Neigung zu Bluegrass, Hillbilliy, laid back Rock 'n' Roll oder Americana hat, bekommt mit "Graves, Release Your Dead" ein tolles Album. Dieses garnieren die COFFINSHAKERS mit ihren durchaus spaßigen Horror-Lyrics über Untote in allen Variationen. Ach ja, das Tanzbein kann man dazu auch gut schwingen.



Gesamtwertung: 8.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Graves, Release Your Dead
02. City Of The Dead
03. Wretches
04. The Siren's Call
05. Holes Of Oblivion
06. Prince Of Darkness
07. Reverends Of Doom
08. Down In Flames
09. River Of Souls
10. The Great Silence
Band Website: www.facebook.com/coffinshakers
Medium: CD, LP
Spieldauer: 37:19 Minuten
VÖ: 15.09.2023

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