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Notizen aus dem Land der tausend Seen...

Ein Artikel von baarikärpänen vom 07.04.2020 (14318 mal gelesen)
39 Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Vor allem für eine Band, die seit dem Start der Karriere immer weit unter dem Radar geflogen ist. Eine Band, die lediglich eine sehr kleine Anzahl an Fans vorweisen kann. Es gibt eine Menge Truppen, die man gerne kauzig nennt. Bestes Beispiel dafür sind wohl CIRITH UNGOL. Die sind wirklich, im Vergleich zu den Finnen, noch Mainstream. LYIJYKOMPPANIA sollte man keinem ans Herz legen, der leicht zu Depressionen neigt. Was nicht mal an den Texten liegt, die außerhalb Finnlands so gut wie keiner verstehen dürfte. Es liegt an der Musik, die dir entweder schlaflose Nächte bereitet oder dich einfach nur gefangen nimmt. Es gibt nichts dazwischen. Mit Black Metal oder Death hat das alles nichts zu tun. LYIJYKOMPPANIA haben ihre eigene Nische gefunden, die Dooms, aber doch nicht Doom, Hardcore, aber doch nicht Hardcoe, Metal, aber doch nicht Metal ist. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß LYIJYKOMMPANIA ein wichtiger Bestandteil der finnischen Szene waren und es immer noch sind. Grund genug, das Phänomen LYIJYKOMPPANIA etwas näher zu beleuchten. Besonders danken möchte ich an dieser Stelle Drummer/ Gründungsmitglied Esa Moilanen, der sich wirklich viel Zeit genommen hat, Licht ins Dunkle zu bringen und auch Katja Pihlaja, die mich mit allen weiteren Informationen, Tonträgern und Bildmaterial versorgt hat.

Die Anfänge


Auch wenn man es sich in unserer heutigen schnelllebigen und vor allem digitalisierten Welt nicht mehr so richtig vorstellen kann, aber 1980 sah die Welt wirklich noch etwas anders aus. Nicht nur die Unterschiede zwischen den USA und dem Rest der Welt waren atemberaubend. Nein, auch in Europa gab es gewaltige Differenzen. Deutschland konnte sich schon damals glücklich schätzen, Teil der aufkommenden Metal-Welle zu sein, Großritannien war ja nicht weit weg. Finnland dagegen, obwohl schon immer US-affin, war noch kein Teil der EU und noch sowas wie dieses komische Land im Norden, das etwas ab vom Schuss liegt. Was die musikalische Entwicklung anging, schielte man hier meistens auf die großen Vorbilder von außerhalb. Die Szene in Finnland war mächtig überschaubar, das Land Metal-technisch Diaspora. Die Anzahl an Bands, die so etwas wie eine eigene Identität entwickelt hatten, war zu diesem Zeitpunkt an einer Hand abzuzählen. Dazu gehörten die schon Ende der 70er aktiven Hard Rocker ZERO NINE, die selbst während ihrer Hochphase in den 80ern vom Rest der Welt sträflich unterbewertet wurden. Eine Ecke härter waren SARCOFAGUS unterwegs, aus denen später aufgrund von Problemen mit dem Bandnamen die KIMMO KUUSNIEMI BAND wurde. Esa Moilanen sieht es zwar nicht so, aber deren "Moottorilinnut"-Album von 1982 darf immerhin für sich in Anspruch nehmen, das allererste Metal-Album zu sein, das nicht nur komplett auf finnische Texte setzte, sondern auch das erste Metal-Album Finnlands zu sein, auf dem eine Sängerin zu hören war. Gewagtes Experiment zu jener Zeit, dem leider kein Erfolg beschieden war.



v.l.n.r. Jaatinen, Moilanen, Rautiainen




Zu Beginn des Jahres 1981 dachten sich Esa Moilanen, Timo Rautiainen und Olli Jaatinen, es könnte vielleicht ganz lustig sein, mal eine eigene Band zu gründen. Moilanen erinnert sich, dass es zu Anfang eigentlich nur darum ging, ein wenig Spaß zu haben und er selbst bezeichnet die technischen Fertigkeiten aller Musiker zum damaligen Zeitpunkt als "wirklich schlecht". Aber wie das nun mal so ist, man will ja nicht nur fast jeden Abend in einem muffigen Proberaum stehen, sondern auch mal auf einer Bühne vor Publikum. Gesagt, getan, und im Juni 1981 war es dann soweit. Wer aber denkt, LYIJYKOMPPANIA, oder besser LEAD COMPANY, wie sich sich damals noch nannten, hätten danach an jeder sich bietenden Steckdose ihre Instrumente eingestöppselt, täuscht sich. Moilanen selbst kann sich nicht mehr an die genaue Anzahl der Auftritte erinnern und schwankt zwischen fünf und sechs, zwei davon sozusagen Open Air, der Rest auf kleinen Bühnen vor größtenteils jugendlichem Publikum. Dieses Publikum liesen die jungen Musiker allerdings allerdings regelrecht erstaunt zurück. Nicht, weil sie so gut gewesen wären, sondern wegen der Musik an sich. Eigene Songs hatten LEAD COMPANY zu jener Zeit nämlich nicht zu bieten. Das, was sie auf die Zuhörer losgelassen haben, bestand aus Cover-Versionen, die punkig-metallisch auffrisiert wurden (dem technischen Unvermögen geschuldet). So finden sich auf der Setlist des allersten Auftitts Stücke von FREE ('All Right Now'), NEIL YOUNG ('Heart Of Gold'), JETHRO TULL ('A New Day Yesterday') oder 'House Of The Rising Sun'. Bei späteren Shows kamen noch TED NUGENT, KING CRIMSON oder GUN hinzu. Eine krude Mischung, oder wie Moilanen es sagt: "Ein ziemliches Chaos. Aber wie ich es sehe, mussten wir da durch, um unseren eigenen Stil zu finden". Immerhin gesteht er dann doch, dass weder er noch die anderen zur damaligen Zeit etwas mit Metal an sich am Hut hatten. Lediglich HASSISEN KONE oder EPPU NORMAALI wären interessant gewesen. Aber nicht wegen der Musik, sondern nur wegen der Texte.

1983 markierte das vorläufige Ende von LYIJYKOMPPANIA. Aber - im Gegensatz zum Eintrag auf der finnischen Wikipedia-Seite, der eine Auflösung der Band erwähnt - wurden LYIJYKOMPPANIA nie so richtig zu Grabe getragen, sondern legten nur eine etwas längere Pause ein. Moilanen erwähnt auf seine ureigene Art, er hätte einfach Lust gehabt, Enten zu jagen. Deswegen hätte die Band eine Pause eingelegt. Stimmt natürlich so nicht. Vielmehr war es so, daß die einzelnen Charaktere nicht mehr so recht miteinander konnten. Moilanen, Rautiainen und Olli Jaatinen gingen ihrer beruflichen Weiterentwicklung nach, gründeten Familien. Lediglich Esa Moilanen und Timo Rautiainen waren auch weiterhin musikalisch aktiv. Olli Jaatinen dagegen hängte den Bass vorübergehend an den Nagel


Die zweite Phase


Nach sieben Jahren Pause beschlossen die drei Gründungsmitglieder, es wäre ein guter Zeitpunkt, um die Band zu reaktivieren. Sowohl Moilanen als auch Rautiainen hatten sich in den vergangenen Jahren technisch weiterentwickelt. Immerhin wussten sie jetzt, in welche musikalische Richtung das Projekt LYIJYKOMPPANIA gehen sollte. Selbst Jaatinen, der sein Instrument hatte jahrelang in der Ecke stehen lassen, war aktiv am Songwriting für die allererste offizielle Veröffentlichung beteiligt. "Synkkää Jynkytystä", so der Titel der EP, wurde 1991 veröffentlicht. Schon 1992 schoben LYIJYKOMPPANIA eine Single mit dem Titel "Ohjelmanjulistus" nach (die Veröffentlichungen selbst werden im weiteren Verlauf näher beleuchtet - der Autor). Mit diesen beiden Veröffentlichungen stieg auch das Interesse der Medien und der Hörer. So waren LYIJYKOMPPANIA zum ersten Mal in der Lage, auch in größeren Clubs (zum Beispiel Lutakko, Lepakko) auftreten zu können. All das konnte aber nicht verhindern, dass es, wie schon 1983, wieder mächtig innerhalb des Bandgefüges knirschte. Esa Moilanen sagt dazu: "Wir hatten zwei Möglichkeiten. Entweder wir beendeten das Ganze oder schauten uns nach einem neuen Musiker um". Zweiteres war der Fall. Da Olli Jaatinen schon zu dieser Zeit seine spätere Karriere als preisgekrönter Fotograf ordentlich ankurbelte, entschloss man sich, den Job des Bassisten an Tapio Wilska (später u.a. FINNTROLL) zu vergeben. Besagter Wilska ist dann auch auf der ersten LP der Band, "Uimakoulu" von 1993, zu hören. Was sich bis heute wie ein roter Faden durch die Karriere von LYIJYKOMPPANIA zieht, die Besetzungswechsel, wurde aber schon damals deutlich. Denn Tapio Wilska war schon auf der nächsten EP "Suden Hetki" nur noch sporadisch zu hören, während Arto Alaluusua schon zum Line-up zählte und auf der zweiten LP "Viimeinen Voitelu" endgültig fest zur Band gehörte.



v.l.n.r. Wilska, Rautiainen, Moilanen




Trotz einiger Erfolge mit den beiden letzten Veröffentlichungen waren die Spannungen innerhalb der Band vielleicht doch zu groß, oder war es vielleicht auch nur die fehlende Lust. Auf jeden Fall ging man 1998 wieder getrennter Wege, LYIJYKOMPPANIA legten eine erneute längere Pause ein. Gitarist/Sänger Timo Rautiainen, der die Band schon 1996 verließ und kurzzeitig von Jarkko Strandman ersetzt wurde, beschloss daraufhin, seine eigene Band, TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS, zu gründen, was er bis heute sehr erfolgreich macht. Arto Alaluusua gehörte ebenfalls zur ersten Bandbesetzung von TRIO NISKALAUKAUS. Er war es übrigens auch, der schon im Jahre 1991 mit dem befreundeten Gitarristen Inehmo (von den finnischen Hardcore-Punks HILJAINEN KEVÄT) eine Band mit Namen TRIO NISKALAUKAUS gründete, die aber keinerlei Veröffentlichungen vorzuweisen hatte. Tapio Wilska ist bis zum jetzigen Zeitpunkt als Musiker und Gallerist unterwegs. Olli Jaatinen, wie schon erwähnt, als anerkannter Fotograf beschäftigt.


Dritte Phase bis Heute




v.l.n.r. Lindström, Virtanen, Moilanen




Glücklicherweise dauerte die erneute Pause dieses mal "nur" sechs Jahre. Auch die Zusammensetzung der Band hatte sich (noch) nicht geändert. So begannen LYIJYKOMPPANIA ihren dritten Anlauf in der Besetzung, mit der sie das zweite Kapitel beendet hatten. Als erstes Lebenszeichen, sozusagen ein Signal an alle treuen Fans, erschien 2004 die EP "Kehitys Kulkee Perse Edellä", auf der wieder alle Texte von Esa Moilanen kamen. Auch wenn die Band nicht in Vergessenheit geraten war, großartige Erfolge konnte sie nicht erwarten. Man muss es ihnen hoch anrechnen, daß sie allesamt Überzeugungstäter sind, denen es letztendlich nur darum geht, die eigene Vision zu verfolgen. Das war zu Anfang der Geschichte so, und es hat sich auch bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geändert. Interessant an der EP ist, dass sie Stücke enthält, die über einen Zeitraum von acht Jahren geschrieben wurden. Mit der EP in der Hinterhand begannen die Aufnahmen zum dritten Longplayer "Harmaita Säveliä", der 2005 in konstantem Line-up veröffentlicht wurde. Selten war der Titel eines Albums passender als dieser. "Harmaita Säveliä", was übersetzt "Graue Melodien" bedeutet, steht haargenau für die Art von Musik, wie sie eigentlich nur von LYIJYKOMPPANIA kommen kann. Farbe, sprich positive Ausgelassenheit, ist von dieser Band nie und nimmer zu erwarten.

Was nach Veröffentlichung von "Harmaita Säveliä" passierte - ihr ahnt es sicher bereits - war ein erneuter Besetzungswechsel. Gitarrist/Sänger Jarkko Strandman verließ die Band, Lemmy Lindström wechselte vom Bass an die Gitarre und Petteri Virtanen stieß als neuer Bassist/Sänger zur Band. Die neue Besetzung veröffentlichte dann als erstes Ergebnis ihrer Zusammenarbeit 2010 die EP "Mennyt Maailma", die eine Besonderheit enthielt, auf die wir im weiteren Verlauf näher eingehen. Aber, wie sollte es anders sein, wieder drehte sich das Besetzungkarusell, denn der langjährige Bassist/Gitarrist Lemmy Lindström ging von Bord. Seinen Platz an den sechs Seiten nahm Joni Rossi ein. Diese neue Besetzung nahm den vierten Longplayer "Sota, Nälkä, Rutto, Kuolema" (Krieg, Hunger, Pest, Tod) auf, ein Konzeptalbum, unschwer an den vier Reitern der Apokalypse auf dem Cover zu erkennen. Großartig promotet durch eine Tour wurde auch dieses Album nicht. LYIJYKOMPPANIA scheuen sich nicht vor Konzerten, aber sie halten die Anzahl sehr überschaubar.



v.l.n.r. Rossi, Virtanen, Moilanen




Ja, man kann es durchaus einen Running Gag nennen, aber auch der Besetzung, die "Sota, Nälkä, Rutto, Kuolema" eingespielt hatte, war keine Zukunft vergönnt. Joni Rossi verschwand, Lemmy Lindström kehrte als Gitarrist zurück. Als ob das nicht schon genug Kuddelmuddel gewesen wäre, verabschiedete sich auch 2012 Bassist Petteri Virtanen, Jarkko Strandman kehrte 2015 für ein kurzes Gastspiel zur Band zurück, Lindström wechselte wieder an den Bass. Strandman wiederum wurde schließlich 2016 durch Tero Vuorinen als neuer Gitarrist/Sänger ersetzt. Dass bei all diesem Durcheinander keine neue Studioproduktion möglich war, dürfte klar sein. Erst 2017 erschien die zunächst nur digital veröffentlichte neue Single "Helsinki Tulessa!", ein Song über die Bombenangriffe auf die finnische Hauptstadt im sogenannten Winterkrieg. Ein Jahr später dann das bisher letzte Album "Tietoja Epäonnistumisista Ja Päättämättömyyksistä, Tai Väkivaltaa Ja Vääriä Lääkkeitä" ("Über Misserfolge und Unentschlossenheit oder Gewalt und falsche Medikamente" - was für ein Titel!). Und wie es aussieht, ist diese Formation, die allererste in der Geschichte von LYIJYKOMPPANIA, die zwei Alben an einem Stück veröffentlichen wird, denn die Band liegt gerade in den letzten Zügen der Produktion eines neuen Albums.




v.l.n.r. Lindström, Vuorinen, Moilanen
















© Katja Pihlaja




© Katja Pihlaja




© Katja Pihlaja




Die Diskographie (Auszüge)


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"Synkää Jynkytystä" (1991)

Die erste offizielle Veröffentlichung! Der später so typische LYIJYKOMPPANIA-Sound ist hier nur zu erahnen. Am ehesten im Opener 'Öljyn kaiku', der zum Teil mit schwedischen Lyrics aufwartet. Das Instrumental 'Jänisrutto' und 'Synkää Jynkytystä' dagegen zeigt, wo die Band musikalisch herkommt. Vor allem der erste Song ist ein aufgeregter Progger, der sich an an den englischen Vorbildern des Genres aus den 70ern orientiert. Die letzten 40 Sekunden dieser EP gehören dem punkigen 'Rahaa!'. "Synkää Jynkytystä" wurde übrigens zusammen mit der nachfolgenden "Ohjelmanjulistus"-Single 1993 nochmals kanglich überarbeitet und unter dem Titel "Lyijykomppania" veröffentlicht - und zwar nur auf Tape!


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"Uimakoulu" (1993)

Was die Technik und die Beherrschung der Instrumente angeht, ist der erste Longplayer der Band ein Quantensprung im Vergleich zur zuvor veröffentlichten EP. Das wird schon in den eröffnenden 'Kuolut Mies' und 'Uimakoulu' überdeutlich, auch wenn beide Stücke eher einen Verweis auf den später so typischen TRIO NISKALAUKAUS-Sound darstellen. 'Pelko On Aseeni' ist wieder klar von der Frühphase der Band inspiriert, in der sie sich darauf beschränkten, Classic Rock der 70er zu covern. Aber trotzdem verpasst man dem Track schon eine leicht doomige Note. 'Pahassa Talossa' hat sogar einen leichten NEIL YOUNG-Touch. 'Jahtilaulu' wiederum wurde später sogar mit einem deutschen Text unter dem Titel 'Der Tiergesang' veröffentlicht. 'Prometheus', eines der Highlights auf "Uimakoulu", konnte glatt aus der Feder von VIIKATE stammen. Wer da wohl von wem inspiriert war? Für mich auch heute noch ein ganz besonderer Song - und wenn man so will, der Hit auf dem Album - ist 'Selvää Jälkeä', ein ganz feiner Mix aus doomiger Atmosphäre, folkigen Anflügen und schweren Gitarren. Der Titel des Albums ist übrigens ein netter Beleg für den Humor der Band. Wer sonst würde schon ein Album "Schwimmschule" nennen und mit solch einem Cover versehen? "Uimakoulu" wurde übrigens nie auf CD veröffentlicht und ist nur auf Vinyl und Tape erschienen.

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"Viimeinen Voitelu" (1996)

"Viimeinen Voitelu" (Letzte Ölung) ist ein Konzeptalbum über den Untergang der Welt. Und ja, LYIJYKOMPPANIA werden doomiger. Leicht nachzuhören im eröffnenden 'Intro' oder dem etwas schnelleren 'Taivaallisten Siipien Alla'. Aber so richtig in die dunkle Materie tauchen LYIJYKOMPPANIA in den beiden Longtracks 'Linnut' und 'Totinen Paikka' ein. 'Totinen Paikka' wird sogar im zweiten Teil zu einem Akustiksong inklusive Flöte und leicht spanisch klingenden Tönen. 'Saapuminen' greift diese Klänge auf, diesmal mit harten Gitarren. Bemerkenswert ist, dass sich die Band nicht an den sonst üblichen Vorbildern wie BLACK SABBATH, PENTAGRAM oder SAINT VITUS orientiert, sondern ihre ganz eigene Herangehensweise hat. Esa Moilanen sagt ja, dass er sich kaum Musik anderer Bands anhört. Das kann man ihm gerne glauben, denn wie sonst hätte dieser so bandtypische Sound entstehen können. "Viimeinen Voitelu" ist das letzte Album, auf dem Timo Rautiainen zu hören ist, der die Band kurz danach mit Bassist Arto Alaluusua verlies, um TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS zu gründen.

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"Harmaita Säveliä" (2005)

Was für ein "Comeback"! Nach neun Jahren Album-Pause hätte man LYIJYKOMPPANIA so einen Brecher nicht zugetraut. Das Album macht seinem Titel (Graue Melodien) alle Ehre. Hier ist Dunkelheit Trumpf. Abgesehen vielleicht vom abschließenden 'Lasten Kynnet', das ein etwas schnelleres Tempo aufweist. Der Rest aber ist Doom in Reinkultur. Schon der Opener 'Kirves Puun Juurella' ist eine Machtdemonstration in Sachen eigenständiger Doom Metal. Auch wenn sich zum Beispiel in 'Ei Huolta' oder 'Parempi Maailma' gewisse TROUBLE- oder SABATH-Einflüsse eingeschlichen haben, bekommt die Band trotzdem immer die Kurve und läuft so nie Gefahr, dass man ihr Abkupfern vorwerfen könnte. Alle zehn Songs von "Harmaita Säveliä" sind eine Macht. Vor allem auch, weil hier alles auf das Nötigste reduziert wurde. Das fängt beim schnörkellosen Drumming an und hört bei den kompakten Songlängen auf. Hier wirkt nichts überfrachtet oder mit unnötigen Gimmicks aufgehübscht. Wer schon immer wissen wollte, wie sich die Atmosphäre eines sonnenlosen finnischen Wintertages unter bleischweren Wolken musikalisch anhört, der greife zu "Harmaita Säveliä". Besser kann man es nicht vertonen. Großartiger Job übrigens auch von Jarkko Strandman am Mikro, der zwar gewöhnungsbedürftig und kein Ozzy Osbourne oder Ronnie James Dio ist, dessen Stimme aber hier zu 100% passt.

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"Mennyt Maailma" (2007)

Kurz erwähnt werden soll diese EP, weil sie mit 'Ethän Koskaan' das ungewöhnlichste Stück in der Diskographie von LYIJYKOMPPANIA beinhaltet. Elektrische Gitarren - Fehlanzeige. Vielmehr klingt der Song wie ein Schlager (finn. Iskelmä), der aus den späten 1960er-Jahren stammen könnte. Ebenfalls untypisch kommt 'Auringon Tervaaja' daher, der eher wie ein typischer Heavy Rocker klingt. Die restlichen beiden Stücke, 'Lampaan Syöjät' und 'Mennyt Maailma', sind wieder Doomer in bester LYIJYKOMPPANIA-Manier.

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"Sota, Nälkä, Rutto, Kuolema" (2010)

"Sota, Nälkä, Rutto, Kuolema" (Krieg, Hunger, Pest, Tod) ist, wie der Titel schon verät, ein Konzeptalbum, unterteilt in vier Kapitel. Obwohl immer noch Doom, ist das Album wesentlich abwechslungsreicher geraten wie sein Vorgänger "Harmaita Säveliä". Dafür sorgen Songs wie 'Pöydänaluksen Murenet', 'Reipastelaan', 'www.rutto.com' oder 'Omenaankerääjien Laulu'. Vor allem letzterer Song erinnert ungemein an THE INCHTABOKATABLES, falls die noch jemand kennt. Der vermehrte Einsatz einer Geige verleiht dem Album sogar eine ganz spezielle Note. Sozusagen eine etwas ungewöhnliche finnische MY DYING BRIDE-Version. Man könnte sagen, die "grauen Melodien" haben ein wenig Helligkeit spendiert bekommen. Aber letzendlich erwartet den Hörer das, was auf der Verpackung steht: LYIJYKOMPPANIA.

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"Tietoja Epäonnistumisista Ja Päättämättömyyksistä, Tai Väkivaltaa Ja Vääriä Lääkkeitä" (2018)

Wer denkt, nach 37 Jahren und einem mehr als überschaubaren Erfolg, würde sich Resignation breitmachen, der darf sich von diesem Album eines besseren belehren lassen. Der neu zur Band gestoßene Sänger/Gitarrist Tero Vuorinen gibt hier eine sehr beeindruckende Visitenkarte ab. Das Schlagzeugspiel wie immer schnörkellos und auf den Punkt gebracht. Der wieder zur Band zurückgekehrte Lemmy Lindström zupft seinen stoischen Bass wie gehabt. Wie immer gibt es hier wieder diesen typischen Doom auf die Ohren, sieht man vielleicht vom etwas dissonant klingenden 'Kantalan Juopot Värikuvina' und vom beinahe schon melodiös-rockigen 'Lihojen Haku' ab. Der Opener 'Helsinki Tulessa', für mich das bisher stärkste Stück der Band, war übrigens der allererste Song, zu dem auch ein Video veröffentlicht wurde.




Das Interview mit Esa Moilanen





© Katja Pihlaja




Esa, Finnland war zu dem Zeitpunkt, als ihr begonnen habt, nicht gerade sehr bekannt für seine Metal-Bands. Ok, es gab HANOI ROCKS oder auch OZ, die einigermaßen bekannt waren außerhalb Finnlands, aber das war es auch schon. Ich denke, es wäre interessant für unsere Leser zu erfahren, was du dazu zu sagen hat. Und vor allem, welchen Einfluss LYIJYKOMPPANIA auf die fnnische Szene hatten, vor allem was den Gebrauch von finnischen Lyrics angeht.

Esa: Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich gar nicht mehr so genau an die damalige "Situation" in Finnland erinnern. Es hat mich einfach nicht besonders interessiert. Vor allem, weil sie englische Texte verwendet haben, was für mich gar nicht passte. Wir standen natürlich am Anfang auch vor diesem Problem, waren uns aber alle einig, dass es auf keinen Fall englisch sein sollte. Ich schrieb also einen schwedischen Text ('Öljyn Kaiku', nur der Titel war ursprünglich finnisch) und einen mit einem deutschen Text ('Der Tiergesang'). Passte aber auch nicht. Also entschieden wir uns für unsere Muttersprache. Ich habe die Entscheidung nie bereut. Ich denke, ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass wir Metal mit finnischen Texten erfunden haben. Es gab da diese andere Truppe, MANA MANA, die auch zum Teil finnische Texte verwendeten, aber die waren nicht gerade Metal, eher härterer Rock. Finnische Texte zu schreiben ist sehr anspruchsvoll, zumindest sehe ich das so. Das hat zwei Gründe. Erstens versteht dich hier jeder, du kannst also nichts Belangloses wie "Be Bop A Lula" schreiben. Zweitens ist das Finnische eine sehr charmante und schöne Sprache, die dir die Möglichkeit gibt, Sachen mit unterschiedlichen Worten auszudrücken, die in anderem Zusammenhang etwas gänzlich Anderes bedeuten. Und da bist du dann, der Poet mit einem leeren Blatt Papier vor sich auf dem Tisch. Greif zum Stift und leg los. Vor ein paar Tagen erst hab ich den letzten Text für unser neues Album fertiggestellt. Meine Arbeit, was das angeht, wäre also getan.

Wenn man LYIJYKOMPPANIA sagt, kommt man automatisch auch auf Timo Rautiainen zu sprechen, auch wenn er nur für ein paar Jahre Teil der Band war. Was war sein Enfluss auf LYIJYKOMPPANIA? Du hast ja später auch einen Text für TRIO NISKALAUKAUS geschrieben. Gibt es auch jetzt noch einen Kontakt zwischen euch?

Esa: Sein Einfluss auf die Musik von LYIJYKOMPPANIA war ein sehr großer. Kann man nicht anders sagen. Richtig, ich habe einen Text für sein erstes Album geschrieben ('Tilinteon Hetki'), aber das war's auch schon. Timo hat uns 1997 mal bei zwei Gigs ausgeholfen, weil unser Gitarrist einfach so verschwunden war. Zum Glück ist er aber kurze Zeit später wieder aufgetaucht. Seitdem gibt es keinerlei Beziehungen mehr zwischen uns.

Mein erster Kontakt mit LYIJYKOMPPANIA war das "Harmaita Säveliä"-Album. Es passte einfach perfekt zu meinem ersten finnischen Winter, nachdem ich ausgewandert war. Denkst du, daß es diese berühmte finnische Melancholie ist, die solche Musik erst ermöglicht?

Esa: Ich denke, das könnte man so sagen. Und natürlich das Land selbst!

"Harmaita Säveliä" ist unter Heavy Metal oder Doom gelistet. Aber es gibt da diese kleinen Momente in der Musik, die mich an Hardcore erinnern, so wie ihn auch die deutsche Band TOTENMOND in einzelnen Songs spielt. Kannst du dem zustimmen?

Esa: Eigentlich sehe ich da keine Zusammenhänge. Ich habe mir ihre Musik gerade mal angehört, ein wirklich netter Distortion-Effekt in ihren Songs. Das gefällt mir. Gute Band, diese TOTENMOND.

Die Band ist ja nicht gerade sehr aktiv, was Konzerte angeht und auch die Zeiträume zwischen euren Veröffentlichungen sind sehr groß. LYIJYKOMPPANIA sind also nicht an erster Stelle auf deiner Prioritätenliste. Was machst du denn sonst so?

Esa: Das stimmt. Mit der Band habe ich nie großartig etwas verdient. Normalerweise unterrichte ich ein wenig (Esa ist Lehrer, zumindest hat er das studiert - der Autor). In meiner Freizeit gehe ich angeln oder jagen oder schieße auf meinem Schießstand mit meinen Büchsen, Gewehren und Revolvern (Finnen haben ein etwas anderes Verhältnis zu Schußwaffen, das sollte man wissen, um die Aussage einordnen zu können - der Autor). Im Herbst gehe ich Beeren und Pilze sammeln oder ernte das Gemüse, das ich in meinem Garten anbaue, weil ich so wenig wie möglich in Supermärkten einkaufe. Besonders im Winter lese ich viel. Ich habe etwa 2000 Bücher hier stehen, die gelesen werden wollen.

Deine Band ist ja so etwas wie das berühmte "Dark Horse". Die wenigsten nennen oder kennen euren Namen, wenn es um Metal aus Finnland geht. Unglücklich wirst du darüber nicht sein, nehme ich an. Vor allem weil du die Band nicht zu kommerziell haben wolltest.

Esa: Vollkommen richtig. Das war nie der Gedanke hinter LYIJYKOMPPANIA und so soll es auch bleiben.

Ich habe in einem anderen Interview gelesen, dass du kaum oder selten Musik hörst. Aber irgendwher müssen deine Einflüße ja gekommen sein. Kannst du einige nennen?

Esa: Die Anderen in der Band hören schon neuere Sachen. Ist aber nichts für mich. Was meine persönlichen Einflüsse angeht, dann sind das FREE, LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE, MOTT THE HOOPLE, BAD COMPANY und die ersten Alben von QUEEN. Dazu kommen noch die frühen Prog-Sachen wie JETHRO TULL, KING CRIMSON oder YES, um ein paar zu nennen.

"Sota, Nälkä, Rutto, Kuolema" ist ja ein Konzeptalbum. Was war die Idee dahinter?

Esa: Ja, das ist es. Der Name bezieht sich auf die antiken Ansichten beispielsweise über Tod/Krankheit. Ich habe versucht, diese alten Ansichten auf die heutige Zeit zu übertragen.

Du hast ja in der Vergangenheit öfters neue Mitglieder für die Band suchen müssen. Ist es so schwierig, geeignete Musiker zu finden, die deine Vision teilen?

Esa: Ich kann dir versichern, es ist eine schwierige Angelegenheit. Natürlich hab ich auch ein paar Fehler im Laufe der Jahre gemacht. Und wenn ich dann Musiker gefunden hatte/habe, ist es auch nicht gerade einfach, sie bei der Stange zu halten.

Eines deiner anderen Projekte sind DER GREIF. Sehr interessante Musik. Vor allem der Song 'Sylvi-Tädin Puutarha' (Tante Sylvis Garten) sticht heraus. Was ist so besonders in Tante Sylvis Garten? Und gibt es neueres Material von DER GREIF?

Esa: DER GREIF pausiert gerade, weil wir mit LYIJYKOMPPANIA im Studio sind und das neue Album aufnehmen. Nachdem wir damit durch sind, kann ich mir Gedanken über neue Songs von DER GREIF machen. Was ist also so besonders an 'Sylvi-Tädin Puutarha'? Im Grunde geht es um eine alte Frau, die mit ihrer Tasse Kaffee im Garten sitzt und an ihren Mann denkt, der im Winterkrieg gefallen ist, an ihre Kinder, die vor langer Zeit nach Schweden ausgewandert sind, um ein besseres Leben zu haben. Am Abend, als alle Vögel im Garten aufgehört haben zu singen, nimmt sie sich den alten Revolver ihres Ehemannes und erschießt sich. Inspiriert wurde ich durch einen Bericht, den ich gelesen hatte. Darin steht, daß sich jährlich rund 300 ältere Finnen aus unerklärlichen Gründen das Leben nehmen.

Kurze Frage zu euren Artworks, die immer sehr schlicht und vor allem nur schwarz-weiß sind. Absicht?

Esa: Ja, denn wir brauchen keine Farben!

Wenn man eure Texte anschaut, dann beschreiben sie die dunkle Seite des Lebens. Bei näherem Betrachten findet man aber auch einen ganz feinen Humor, oder verstehe ich da etwas falsch?

Esa: Du verstehst das schon richtig. Da ist definitiv Humor drin, wenn auch sehr, sehr subtiler Humor, der nicht so leicht zu fassen ist. Gut versteckt eben, wie du schon sagtest.

2020 können wir also ein neues Album von euch erwarten. Sind den auch schon Gigs geplant/bestätigt?

Esa: Das Album sollte in den nächsten Monaten erscheinen. Wir sind gerade in den letzten Zügen mit den Aufnahmen, dann kommt noch der Mix. Was Auftritte angeht, da ist noch nichts bestätigt. Wir verhandeln gerade noch. Wen es interessiert, der schaut einfach auf unserer Homepage nach.


Ein kurzes Update zum Schluss. Esa Moilanen hatte im März einige Herzattacken, die leider bis jetzt nicht adäquat behandelt werden konnten. Im Moment geht es ihm leider nicht besonders gut. Von dieser Stelle also alles Gute!

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