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Interview mit Piet von Iron Savior

Ein Interview von Cornholio vom 18.02.2021 (13696 mal gelesen)
IRON SAVIOR gibt es dieses Jahr bereits ein Vierteljahrhundert. Dass die Corona-Pandemie die Band nicht aus den Schuhen haut, ist nicht weiter überraschend. Bandboss Piet Sielck steht Rede und Antwort zum aktuellen Album "Skycrest", aber auch zu den Anfängen der Band und der Zeit davor und danach.

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Hallo Piet, erst mal Glückwunsch zu dem neuen Album! "Skycrest" ist ja mal wieder ein Brett vor dem Herrn geworden.

Piet: Vielen Dank für das tolle Kompliment. Wir finden auch, dass "Skycrest" ein richtiges Brett geworden ist und sind nach wie vor total happy mit dem Album.

Wie beurteilst du die neue Scheibe im Vergleich zu den zehn anderen davor?

Piet: Puh, ich weiß gar nicht genau. Ich meine, die zehn Alben davor sind auch irgendwie alle nicht richtig schlecht. Das ist auch etwas, worauf wir einfach stolz sind; dass wir in der IRON SAVIOR-Historie von mittlerweile fast 25 Jahren einfach kein schlechtes Album gemacht haben. Man kann uns ja einiges nachsagen, aber nicht, dass wir ein halbgares Album abgegeben hätten. Und das ist wie gesagt auch mit "Skycrest" nicht der Fall. Auf "Skycrest" ist allerdings vieles zusammengekommen, was man nicht unbedingt so vorhersagen oder planen konnte, und genau deswegen ist "Skycrest" genau so geworden wie es ist, und vielleicht ist es genau deswegen besonders gut geworden.

Kann ein Künstler überhaupt seine Alben bewerten? Oder meinst du, dir fehlt da die Objektivität?

Piet: Ja, bis zu einem gewissen Punkt ist man da natürlich biased, das ist doch klar. Das ist wie mit Kindern, man würde ja nie sagen, dass man eins lieber mag als das andere. Natürlich hat man eine emotionale Bindung zu jedem seiner Werke, die man erschafft, daher kann man immer nur sehr bedingt objektiv sein. Aber da ich natürlich auch für andere Menschen arbeite und Alben produziere, kann ich, glaube ich, schon ganz gut einschätzen, ob das, was ich beziehungsweise wir als Band erschaffen haben, auch wirklich gut ist. Ich bin dadurch glaub ich sehr kritikfähig, vielleicht gerade mir selbst gegenüber extrem kritikfähig. Ich setze an mich selbst sehr hohe Maßstäbe. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb es kein schlechtes IRON SAVIOR-Album gibt.

Wer kam eigentlich auf die verrückte Idee, in das limitierte Boxset eine Zahnbürste mit dazu zu packen??

Piet: Ja, die gute alte Zahnbürste. [lacht] Ich liebe sie auch, muss ich ehrlich sagen, und inzwischen haben wir dazu auch total cooles Feedback erhalten. Das ist aus einem Witz heraus entstanden, während des Produktmeetings bei AFM, als die Scheibe fertig war. Da ging es darum, was wir in die Box reinpacken. T-Shirt, einen coolen Patch, und irgendjemand sagte, ich weiß nicht, ob ich es vielleicht war, der sagte "eine Zahnbürste", so als Gag, um die Runde etwas aufzulockern. Und weil AFM eben auch eine lustige Firma ist, die auch cool drauf sind, sagte Bauke (de Groot, Mitarbeiter bei AFM Records) dann: "Ja logisch, machen wir, Zahnbürste ist eingeloggt", und die ist dann einfach dringeblieben, und ich finde, das ist auch ein total cooler Merchandise-Artikel, habe ich so noch nicht gesehen. Und wie gesagt, ich glaube, das ist bei den Fans auch echt extrem gut angekommen.

Die Sache mit den Lyric-Sheets hingegen finde ich verdammt cool - sind die Dinger wirklich handgeschrieben?

Piet: Die Sheets sind im Original handschriftlich, aber für die Box wurden sie maschinell vervielfältigt, ich habe das ja nicht dreihundertmal abgeschrieben. imgright

Etwas detaillierter nun mal zu "Skycrest". Im Promo-Sheet steht, dass du während der Corona-Pandemie, zumindest anfangs, fast so etwas wie eine Schreibblockade oder eine kreative Krise hattest. Am Ende ist das Album aber doch sehr gut geworden. Wie hast du es geschafft, diesen Hebel umzulegen?

Piet: Ja, Corona hat uns alle hier natürlich ganz schön in Atem gehalten, und bei uns kam ja auch noch hinzu, dass wir Anfang des Jahres 2020 mit der Krebs-Diagnose von Jan (Eckert, Bassist) konfrontiert waren, die dann glücklicherweise aber (*überlegt*) sehr positiv war. Also Krebs ist natürlich totale Scheiße, da brauchen wir uns nicht drüber unterhalten, dennoch war nach einigen Wochen klar, dass seine Heilungsaussicht sehr gut sein würde, und so ist es glücklicherweise auch gekommen. Als dann klar war, dass mit Jan alles gut wird, kam dann Corona, und das hat auch nicht wirklich dazu geführt, dass man fröhlich ins Studio geht und positive IRON SAVIOR-Songs schreibt. Ich habe mich in dieser Zeit einfach zurückgehalten und bin nicht ins Studio gegangen, weil ich einfach nicht wollte, dass irgendwelche negativen Energien auf ein IRON SAVIOR-Album kommen. Denn mir war schon klar, dass das auch ein Album sein würde, mit dem die Krebs-Geschichte von Jan abgearbeitet werden muss, und das muss einfach positiv sein. Ich habe mich dann letztendlich einfach motiviert, hab mich dann tatsächlich auch gezwungen, ins Studio zu gehen, auch weil der Abgabetermin immer näher rückte. Aber es wurde mir dann auch relativ leicht gemacht, die Corona-Lage entspannte sich dann etwas; natürlich noch weitab von gut, aber es war eben nicht mehr ganz so schlimm. Und auch wenn es Jan in seiner Chemotherapie körperlich nicht besser ging, war mir klar: das wird! Die Prognose ist super und wir können die Scheiße hinter uns lassen, und das hat mich dann so ab Mitte Mai sehr stark beflügelt, dass ich das Album dann recht gut fertigstellen konnte.

Was hast du sonst im letzten Dreivierteljahr gemacht? Vermutlich viel Zeit mit deiner Familie verbracht, oder?

Piet: Richtig, im letzten Dreivierteljahr ist nicht viel los gewesen. Natürlich habe ich sehr viel Zeit mit meiner Familie verbracht, ich habe aber auch viel hier im Studio gemacht. Jan, ich und auch Piesel (Gitarrist) sind ja in Hamburg, Patrick (Klose, Drums) leider nicht, der wohnt ja in Essen, aber wir haben uns zu dritt doch recht regelmäßig getroffen, und du darfst auch nicht vergessen, dass wir doch bis Dezember noch mit der Veröffentlichung des Albums beschäftigt waren. Die Promotion musste ja gemacht werden, ich muss Interviews geben, das Video musste gedreht werden, Fotosession und so weiter. Es war also doch das eine oder andere zu tun, sodass wir eben auch nicht nur rumsitzen mussten das letzte Dreivierteljahr. Ich habe wie vorhin angerissen hier im Studio noch ein paar andere Projekte gehabt, habe mir mal wieder neue Studiomöbel zugelegt und habe noch ein paar andere Dinge gemacht, die man sonst nicht schafft, wenn man im normalen täglichen Wahnsinn des Lebens steht. Aber jetzt ist auch mal gut, ich möchte mal wieder vernünftige Dinge machen. Ich möchte mal wieder Essen gehen oder einfach unbeschwert rausgehen und irgendwo einen Kaffee trinken können und bin auch der Hoffnung, dass das in absehbarer Zeit auch mal wieder sein wird.

Der Song 'Ease Your Pain' wurde von Jan geschrieben und auch gesungen, und man muss nicht unbedingt sehr feinfühlig sein, um zu erkennen, dass es in dem Lied um seine erfolgreich überstandene Krebserkrankung geht. Wollte er diesen Song unbedingt schreiben, oder hast du ihn dazu ermutigt oder vielleicht sogar in die Richtung "geschubst"?

Piet: Das war alleine Jans Anliegen, dass er einen Song beisteuern wollte. Die grundsätzliche Idee zu dieser Ballade hatte er schon beim letzten oder sogar vorletzten Mal, da war der Song aber nicht so richtig auf den Punkt und war nicht fertig, musste offensichtlich noch ein bisschen in ihm reifen. Und eben diesen Song hat er zum Anlass genommen, um seine Gefühle und seine Ängste und seine ganze Scheiße, die er durchlebt hat, auch ein bisschen zu verarbeiten. Das ist ja vollkommen klar, wenn man sich mit so einem Song beschäftigt und auch den Text dafür schreibt, dann durchlebt man das ja alles noch mal. Vielleicht hat er das ja gebraucht, um für sich damit abzuschließen. Und ich muss dir sagen, ich finde es sehr mutig von ihm, sich da so offen aufzustellen und das zu singen und auch diesen Text so zu schreiben. Ob ich persönlich den Mut dazu gehabt hätte, weiß ich nicht, daher hat Jan dafür meinen allergrößten Respekt verdient! Und auch die Gesangsperformance ist wirklich allererste Sahne. Da hatte er anfangs ein bisschen Angst, ob ihm das so gelingen wird. Das hat sich aber, als wir das zusammen aufgenommen haben, relativ schnell gelegt, weil er gemerkt hat, dass er es noch sehr gut draufhat. Ich selbst wusste, dass er gut singt und dass er ein großes Spektrum hat, dass er auch wirklich sehr hoch und auch sehr einfühlsam singen kann, aber dass er das so gut singen würde, hat mich doch überrascht, muss ich zugeben. Ich war zwar nicht total überrascht, aber realistischerweise hatte ich mit etwa 80 Prozent Performance gerechnet. Der Song ist sehr speziell, sowohl für Jan als auch für uns alle, und innerhalb des bunten Blumenstraußes, den das Album "Skycrest" präsentiert, ist 'Easy Your Pain' ein wichtiger Baustein. imgleft

Wusstest du, dass Jan so eine gute Stimme hat? Ich erinnere mich, dass er einen Teil der 'Headhunter'-Lyrics auf eurer "I've Been To Hell"-Single eingesungen hat, aber das ist ja auch schon unfassbare 20 Jahre her ...

Piet: Ja, geil, ne? An die 'Headhunter'-Klamotte kann ich mich auch noch erinnern, das war so krass hoch, und das ist schon 20 Jahre her, furchtbar, wie die Zeit doch vergeht. Also noch mal, ja, ich wusste, das Jan wirklich eine gute Stimme hat, und ich bin auch schon immer auf dem Trip gewesen, dass ich das in die Produktion und in IRON SAVIOR aufnehmen möchte, weil wir das ja live auch schon machen, also uns die Gesangsparts aufteilen. Insofern wäre das für mich nach wie vor wünschenswert, das auch auf Platte zu tun. Das scheitert einfach manchmal am Leben; man kommt einfach nicht zusammen und dann ist es so wie es ist, das Album muss dann fertig werden. Das werde ich aber in Zukunft doch noch mehr forcieren und ihn einfach noch etwas mehr am Schlafittchen packen und sagen "So Freundchen, jetzt geht's hier ins Studio und den Part singst du!"

Wo wir gerade bei dieser Single sind, neben dem genannten KROKUS-Cover habt ihr dafür auch 'Electric Eye' von JUDAS PRIEST aufgenommen. Sind PRIEST denn nach wie vor deine Lieblingsband? Ich meine, ich hätte vor Jahren mal was in der Richtung gelesen ...

Piet: Ja, selbstverständlich! PRIEST sind noch und sind immer meine Lieblingsband gewesen. Ich bin mittlerweile Mitte 50 und bin mit der NWOBHM aufgewachsen. Da gab es MOTÖRHEAD, SAXON, PRIEST und IRON MAIDEN, und noch ein paar andere, aber das waren so die wichtigsten Bands, und ich war immer im PRIEST-Lager. MAIDEN fand ich immer okay, fand ich gut, hat auch immer geschockt, aber PRIEST ist für mich doch letztendlich mehr meine Baustelle, das ist einfach rifflastiger und noch 'ne Ecke brutaler; einfach noch mehr Metal. Von daher bin ich nach wie vor großer PRIEST-Fan. Nach der "Painkiller" kamen für mich nicht so überzeugende Alben raus, muss ich ehrlich zugeben. (Da bin ich bei dir! - Anm. d. Verf.) Die waren okay, einige kann man sich anhören, einige kann man sich gar nicht anhören, wenn man mal an die Zeit ohne Rob Halford denkt, die find ich alle grausam, muss ich gestehen. Aber "Firepower" (2018) hat mich wirklich aus dem Häuschen geblasen, ist für mich ein epochales Album! Das steht für mich auf einer Ebene mit "Painkiller", hat mich echt umgehauen, und das hat lange keine Band mehr geschafft. Und bei einem Mitte-50-Jährigen ist es echt schwer, den wegzublasen! (grinst)

Außerdem ist mir aufgefallen, dass ihr früher mehr Coversongs aufgenommen habt. Das hat etwas nachgelassen, hat das einen bestimmten Grund?

Piet: Das stimmt, wir haben früher doch erheblich mehr Songs gecovert, aber wir haben uns seit "The Landing" (2011) dafür entschieden, dass es besser ist, unsere eigenen Songs zu covern, also Lieder aus den alten IRON SAVIOR-Tagen. Deswegen haben wir auch ein ganzes Album davon gemacht, ("Reforged - Riding On Fire" 2017), ganz einfach, weil die Rechte an den alten Songs nicht bei uns liegen, sondern aufgrund der Noise-Records und Sanctuary Irrungen und Wirrungen bei irgendwelchen Major Companies in den Schubladen gelandet sind, wo sie leider verstauben. Das fand und finde ich sehr unbefriedigend, von daher machen wir lieber Coverversionen von unseren eigenen Songs als andere Lieder zu covern. Wobei man das auch nicht generalisieren kann, denn immerhin gab es auf der "Rise Of The Hero" (2014) noch ein Cover von 'Dance With Somebody' (im Original von MANDO DIAO; Anm. d. Verf.), und auf der "Kill Or Get Killed" (2019) gab es noch ein BRYAN ADAMS-Cover, ('Run To You'), wobei das glaub ich nur in Japan erschienen ist. Aber wir machen schon immer noch mal was in der Richtung, aber du hast Recht, die Intensität hat etwas abgenommen, in erster Linie halt, weil wir viel eigenes Material haben, und Coverversionen gar nicht mehr brauchen.

Haben sich Piesel und Patrick für "Skycrest" auch ins Songwriting eingebracht, oder Jan, über "seinen" Song hinaus? Wie läuft das eigentlich normalerweise im Hause IRON SAVIOR, wenn ich richtig informiert bin, schreibst du eigentlich alle Songs im Alleingang. Ich meine, der Erfolg gibt dir oder euch ja Recht, aber haben die anderen Kollegen nicht auch mal Lust, etwas aktiv beizusteuern?

Piet: Das mit dem Songwriting ist immer so 'ne Sache, ich sitze hier in meinem Studio und mache das ja auch mehr oder weniger hauptberuflich, das heißt, dass ich auch einfach etwas mehr Zeit habe als die drei anderen. Das ist ein bisschen unfair, die anderen müssen "nebenher" auch noch andere Sachen machen, haben ihren Job noch, Piesel ist auch viel auf Tour unterwegs, sei es mit HELLOWEEN oder mit GAMMA RAY oder wem auch immer, (Piesel ist hauptberuflich Roadie / Gitarrentechniker; Anm. d. Verf.) und ich sitze hier und kann doch recht fokussiert auf das Songwriting zugehen, von daher ist es einfach so, dass ich das meiste schreibe. Ich lade die drei immer herzlich ein, Ideen beizusteuern und Songs zu schreiben, es passiert aber leider meistens nicht. Und irgendwann ist das Album einfach fertiggeschrieben, wenn man dann noch mit einem Song ankommt, dann ist es eben einfach zu spät, dass passt er nicht mehr drauf. Von daher hoffe ich mal, ich spreche diese Einladung immer wieder aufs Neue aus, dass beim nächsten Album vielleicht etwas mehr Input kommt. Immerhin hat Jan mal wieder einen Song geschrieben, das fand ich schon mal super! Mal sehn, vielleicht schafft Piesel es ja, für das nächste Album einen 'Raise The Flag'-artigen Hardrocker an den Start zu bringen, denn diese Stampfer sind ja auch eine Facette von IRON SAVIOR, und die kann Piesel eigentlich ganz gut, er muss es nur tun. Also, Piesel, wenn du mitliest, weißt du, was du zu tun hast.

Wie wurden die Songs aufgenommen? Habt ihr euch getroffen und die Lieder gemeinsam eingespielt, oder ging die Sache aufgrund der Pandemie hauptsächlich oder gar ausschließlich digital?

Piet: Ja, wir haben tatsächlich, also Jan und ich, richtig "oldschool" aufgenommen. Jan ist mit seinem Bass zu mir ins Studio gekommen, wir haben hier gesessen und die Songs aufgenommen, wie sich das gehört. Das war auch echt geil, das werden wir auch definitiv weiterhin so machen. Natürlich kann heutzutage auch jeder daheim in seiner gewohnten Umgebung die Parts aufnehmen, ich mach das ja quasi ständig so, aber auf der anderen Seite ist es wirklich cool und gut gewesen, dass Jan hier war und seine Bass-Parts mit mir zusammen hier vor Ort eingespielt hat. Genau so haben wir es auch mit seinen Gesangsaufnahmen gemacht. Piesel hat einen Teil seiner Soli zu Hause aufgenommen, aber auch den einen oder anderen Part hier im Studio. In Zukunft wollen wir es möglichst so machen, dass die Jungs persönlich zu mir ins Studio kommen und die Sachen hier aufnehmen, weil es einfach für die Vibes und die Stimmung auf dem Album gut und wichtig ist. Akustisch hört man zwar keinen Unterschied, es ist derselbe Bass mit demselben DI-Signal, aber wenn man nicht alleine in seinem Kämmerlein sitzt, kommen einfach andere Vibes mit auf das Album. imgleft

Machen wir mal eine Zeitreise in die frühen Neunziger. Du bist 1990 erstmals auf die Bildfläche getreten, als du mit BLIND GUARDIAN und GAMMA RAY an ihren Alben gearbeitet hast. Wie kam es dazu? GAMMA RAY kann ich mir ja noch erklären, immerhin kommen Kai Hansen und du aus Hamburch, und ihr kennt euch glaube ich aus der Schulzeit, aber wie kam der Kontakt zu den Krefeldern zustande?

Piet: Kai ist einer meiner ältesten Freunde, ich kenne ihn glaube ich seit ich elf bin, und wir haben ja auch die ganzen Jahre vor HELLOWEEN zusammen Musik gemacht. Ich glaube, mit zwölf haben wir unsere erste Band GENTRY gegründet, dann kamen noch SECOND HELL und IRON FIST, und irgendwann kurz vor HELLOWEEN bin ich ausgestiegen, so viel nur zur Geschichtsstunde. Als Kai dann mit GAMMA RAY startete, hat er mich gefragt, ob ich mich da beteiligen möchte. (Piet produzierte das 1990er GAMMA RAY-Debüt "Heading For Tomorrow"; Anm. d. Verf.) Und BLIND GUARDIAN habe ich durch meinen ehemaligen Studiopartner Karl-Heinz "Kalle" Trapp kennengelernt, der in seinem Studio in Münster die ersten beiden BG-Alben aufgenommen hat, und dann mitsamt Studio zurück in seine Heimatstadt Hamburg gezogen ist. So habe ich dann angefangen, im Hamburger Karo-Studio zu arbeiten, und dort traf ich dann zu den Arbeiten zur dritten Scheibe der Guardians auf Hansi, André und Konsorten. Daraus entwickelte sich eine sehr erfolgreiche und relativ langjährige Zusammenarbeit, ich habe bis inklusive der "Nightfall In Middle-Earth" (1998) mit BLIND GUARDIAN aufgenommen. Das war wirklich eine tolle Zeit, an die ich viele positive und schicke Erinnerungen habe! Natürlich war auch viel Stress dabei, aber letztendlich war das für mich eine wichtige Zeit in meinem Leben, an die ich mich gerne erinnere.

Neben den beiden genannten Bands hast du auch GRAVE DIGGER Mitte der Neunziger unter die Arme gegriffen. Ab wann hast du denn von den Tätigkeiten als Produzent und Sound Engineer leben können?

Piet: Ja, richtig, unter anderem habe ich das Album "The Reaper" (1993) mit ihnen zusammen aufgenommen und produziert, da habe ich auch Chris (Boltendahl, Sänger bei GRAVE DIGGER) und Uwe (Lulis, mittlerweile bei ACCEPT) kennengelernt. Mit Chris habe ich tatsächlich derzeit nicht mehr so viel Kontakt, mit Uwe stehe ich doch noch in relativ engem Austausch. Insgesamt war auch das für mich eine sehr interessante und lehrreiche Geschichte, die mir auch viel Spaß gemacht hat. Damals habe ich mich so von einem zum anderen gehangelt, ich hatte zu der Zeit weder Frau noch Kinder, und so konnte ich damals relativ okay von meinen Einkünften leben. Und seit ich mit IRON SAVIOR nicht ganz unerfolgreich bin, kann ich sogar noch besser von der Musik leben.

IRON SAVIOR existieren offiziell seit 1996. Wann hast du den Entschluss gefasst, eine eigene Band zu gründen? Und wie bist du auf Kai und Thomen als deine Mitstreiter gekommen?

Piet: Ich habe ja damals im Karo-Studio gearbeitet, wie gesagt, und bin dort mit relativ vielen Musikern in Berührung gekommen. Einige waren sehr gut, einige waren okay, also auch nicht schlecht, aber nicht so dass ich gesagt habe "Oh wow, das ist ja irre was die draufhaben!" So kam ich dann nach ein paar Jahren auf die Idee, es selbst zu versuchen, denn wie gesagt, die anderen Musiker, die hier so ins Studio kommen, die kochen letztendlich auch nur mit Wasser. Die können nicht zaubern, und so richtig schlecht kann ich ja auch nicht Gitarre spielen, also habe ich mir gesagt "Versuch's doch einfach mal!" Und so habe ich den ersten IRON SAVIOR-Song geschrieben, nämlich den Song 'Iron Savior', bekam darauf von vielen Seiten ein positives Feedback, was mich natürlich bestärkt hat, weiterzumachen. Allerdings konnte ich mir damals nicht vorstellen, die Rolle des Leadgitarristen zu übernehmen, dazu war ich einfach nicht gut genug, also habe ich Kai gefragt, ob er nicht Bock hat, ein paar Soli bei IRON SAVIOR einzuspielen. Und da ich auch keinen Trommler hatte, habe ich einfach Thomen gefragt, mit dem ich ja schon mehrere BLIND GUARDIAN-Produktionen gemacht hatte. Wir kannten uns gut und mochten uns gerne, von daher war das für mich naheliegend, einfach Freunde zu fragen, sie bei dem Projekt nicht dabei sein wollen. imgright

Wie kam es dazu, dass 'Watcher In The Sky' auf einem GAMMA RAY-Album und auch auf eurem Debüt zu hören war? Fand Kai den Song so toll, dass er ihn auch für seine Band wollte? Und warum hat seine Band ihn dann neu eingespielt? Zumindest die Drums sind nicht identisch ...

Piet: Genau das ist der Grund! Kai fand den Song so gut, dass er den auch gerne für sein GAMMA RAY-Album "Somewhere Out In Space" haben wollte, und das ist tatsächlich der einzige Grund. Und da man natürlich nicht die IRON SAVIOR-Version auf das Album der Rays packen konnte, ist der Song einfach von ihnen nochmal neu eingespielt worden.

Hättest du die Band auch mit anderen, vielleicht weniger bekannten Mitmusikern gestartet?

Piet: Ja natürlich hätte ich die Band auch mit weniger bekannten Musikern gestartet, es ging mir ja nicht um die bekannten Namen um mich herum, sondern ich wollte es einfach mit einer eigenen Band versuchen. Ich brauchte einfach Leute dafür, die etwas von ihrem Handwerk verstehen, und das waren dann eben Thomen und Kai, von denen ich auch wusste, dass sie das spielen können, was ich schreibe, und die nicht sofort Unsummen an Kohle dafür haben wollen würden. Das hat natürlich viel gebracht, die Medien waren sehr interessiert an dieser "Supergroup", was sicherlich zu großen Teilen Kai und Thomen zu verdanken war. Andererseits hat es dem Image von IRON SAVIOR auch nicht wirklich gutgetan, das muss man auch ganz klar sagen, denn so viel Nutzen, wie der Name Kai Hansen brachte, so viel Schaden hat er auch gebracht. Es war halt nicht so, dass Kai nur und zu 100 Prozent IRON SAVIOR gemacht hat, sondern für ihn war GAMMA RAY immer wichtiger. Und das hatte zur Folge, dass meine Band lange Jahre nur als eine Art GAMMA RAY-Ableger in der Metalszene gesehen wurde. Das hat schließlich dazu geführt, dass wir beide gesagt haben, dass wir das nicht weiter zusammen machen können, es war für die Band nicht gut, nicht zielführend. Wir haben es dann gelassen, und es hat immer noch etwa zehn Jahre gedauert, bis dann der Letzte irgendwann mal aufgehört hat, nach Kai Hansen zu fragen. Spätestens seit "The Landing" ist das weg und die Leute interessieren sich für IRON SAVIOR und versuchen nicht, aus einem SAVIOR-Interview ein Kai Hansen-Interview zu machen. Ich muss auch sagen, ich habe bei deinen Fragen nicht das Gefühl, dass du das machen willst. (Puh, Glück gehabt!; Anm. d. Verf.) Mittlerweile hat sich die Szene darauf eingestellt, dass IRON SAVIOR eben IRON SAVIOR ist.

Thomen ist ja relativ kurz nach dem Debüt wieder ausgestiegen, ich vermute, der Kontakt zu Daniel Zimmermann kam durch Kai zustande? Aber auch er war recht schnell wieder raus, vermutlich wegen FREEDOM CALL, wurde ihm alles zu viel? Und mit Thomas Nack kam der nächste Ex-GR-Trommler, der dann allerdings bis "Titancraft" hinter der Schießbude blieb. Ich hoffe, es gab mit allen dreien kein böses Blut ... und wo hast du denn den relativ unbekannten Patrick Klose "ausgegraben"?

Piet: Ja richtig, Thomen konnte wegen BLIND GUARDIAN nicht weitermachen, und der nächste Trommler war dann halt Daniel Zimmermann, der das mal eben schnell übernehmen konnte, immerhin stand ja auch eine Tour an, die gespielt werden musste. Mir war das aber direkt klar, dass Daniel keine dauerhafte Besetzung für die Band darstellen würde, aber mittelfristig war das schon eine gute Lösung, und ich bin ihm dankbar, dass er das gemacht hat. Und dann kam eben Thomas Nack, der bis zur "Titancraft" dabei war und dann aus persönlichen Gründen ausgestiegen ist, weil sein Leben sich anders entwickelt hat als geplant. Also alles ist gut, es gab kein böses Blut, "no hard feelings". Wir sind mit Patrick, der ja mittlerweile auch schon fünf Jahre dabei ist, super zufrieden und happy. Ich hab ihn tatsächlich über Facebook kennengelernt, wir hatte schon einige Zeit relativ regen Kontakt, und als dann klar war, dass Thomas gehen würde, hab ich ihn einfach mal gefragt. Ich wusste ja, dass er Drummer ist. Ich habe ihn um eine Aufnahme von einem Song der Band gebeten, und er hat dann daheim in seinem Proberaum den Song 'Starlight' auf Video aufgenommen. Ich habe das Video gesehen und gehört, und da war mir sofort klar, der Junge hat echt was drauf, das ist ein guter Typ, den checken wir auf alle Fälle mal aus. Dann kam er nach Hamburg, wir haben ein paar Songs gespielt, er ist ein feiner Kerl, passt gut in die Band und sein Spiel ist super!

Auch Kai verließ den SAVIOR nach Album Numero drei, er war wohl mit GAMMA RAY ordentlich ausgelastet, oder?

Piet: Ja wie gesagt, Kai war mit GAMMA RAY ausgelastet, das war immer seine erste Prio, und irgendwann war es auch den Fans nicht mehr erklärbar, dass jemand in der Band ist, aber auf Tour nie dabei ist. Von daher war das einfach konsequent

Die nächste Personalie ist Jan-Sören Eckert. Nachdem du auf dem ersten SAVIOR-Album neben Gitarre auch den Bass übernommen hast, ist Jan bereits auf der "Interlude"-EP zu hören. Wie kam es dazu, dass er nach "Condition Red" ausgestiegen ist? Zu "The Landing" 2011 ist er wieder mit an Bord, hat also nur zwei Alben verpasst. Hatte das damals schon mit seiner Krebserkrankung zu tun? Oder kam die erst in den letzten Jahren "zum Vorschein"?

Piet: Ja, mit Jan war das Problem, dass ich gerade als das Thema mit der Personalie Kai Hansen vom Tisch war, er ankam und sagte, dass er gerne bei MASTERPLAN einsteigen würde. Das war für mich natürlich wieder ein deutlicher Rückschlag, und ich habe ihm gesagt, dass ich so eine Sache nicht noch mal aushalten kann, mit Bandmitgliedern die zweigleisig fahren wollen, zumal "Condition Red" eigentlich ganz gut angelaufen war. Ich wollte mich nicht schon wieder bezüglich Terminen jeder Art mit anderen Bands absprechen müssen. Insofern haben sich unsere Wege da mal für zwei Alben getrennt und wir haben "Battering Ram" und "Megatropolis" ohne Jan aufgenommen, und 2010 ist er dann einfach in den Schoß der Familie zurückgekommen. Er hat auch mit MASTERPLAN eine tolle Zeit gehabt, da bin ich mir sicher, aber es heißt ja so schön "home is where the heart is", und dass Jan wieder bei IRON SAVIOR ist, ist einfach richtig so.

Ich vermute, es ist schon angenehmer, mit einem konstanten Line-up zu arbeiten, oder? Immerhin ist "Piesel" ja seit fast 20 Jahren an deiner Seite. Ihn habe ich anfangs noch bei anderen Bands als Roadie oder Gitarren-Techniker gesehen. Habt ihr euch in diesem Zusammenhang kennengelernt? imgleft

Piet: Ja, Piesel kenn ich auch schon seit vor IRON SAVIOR durch seine Tätigkeiten als Backliner. Er ist halt auch schon seit der "Dark Assault" (2000) dabei, und es ist echt toll, jetzt ein sehr konstantes Line-up zu haben. Wir stehen uns auch privat sehr nahe und liegen uns gegenseitig sehr am Herzen, und das sag ich jetzt nicht nur so. Ich denke, das ist auch ein Teil des Erfolges, dass wir keinem die heile Welt vorspielen müssen, sondern dass wir uns wirklich so gut verstehen. Wir sind einfach Freunde und genießen es, zusammen musizieren zu können.

Genug jetzt aber zu den ganzen Personalien, leider hatte ich nicht die Möglichkeit, alle IRON SAVIOR-CDs nacheinander noch mal Revue passieren zu lassen, ich bin nur bis zur "Condition Red" gekommen. Ich weiß, dass die ersten Scheiben das "Iron Savior"-Konzept behandelten, aber das war, meine ich, nach "Dark Assault" abgeschlossen. Gab es danach noch Zusammenhänge einzelner Songs oder gar auf einem kompletten Album oder albumübergreifend?

Piet: Nein, die "Condition Red" war das letzte Konzeptalbum, das ich gemacht hatte, und ich muss auch gestehen, dass mir nach jenem vierten doch etwas die Luft ausging, also rein textlich und von der Story her. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich mich ständig wiederhole, weil man halt doch immer von denselben Inhalten spricht und immer wieder die gleiche Wörter und Vokabeln benutzt. Insofern habe ich mich dann auf der "Battering Ram" entschlossen, mich auch für andere Textinhalte zu öffnen, die eben nicht im Science-Fiction-Genre angesiedelt sind. Das fand ich auch sehr spannend und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil es eben mal was anderes war. Ich liebe Science-Fiction, aber ich habe auch zu vielen anderen Themen meine Vorstellungen und Gedanken, und es war für mich sehr befreiend, aus diesem vorigen Korsett auszubrechen. Seitdem mach ich das bei jedem Album und werde das auch in Zukunft so fortsetzen. Aus jetziger Sicht kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, noch mal ein Konzeptalbum zu machen, aber man soll natürlich niemals nie sagen. imgright

Hast du mal überlegt, die "Iron Savior"-Geschichte der ersten Alben als Buch oder Comic zu veröffentlichen?

Piet: Ja, das hab ich schon tausendmal überlegt! Comic ist vielleicht schwierig, weil ich nicht gut zeichnen kann, aber ein Buch ist sicher eine Option. Irgendwann später, wenn ich mehr Zeit und mehr Ruhe habe, will ich das auf jeden Fall machen, aber bis ich diese Zeit und Ruhe habe, die ich brauche, da wird noch viel Wasser die Elbe runterfließen!

Du bleibst thematisch ja oft im Science-Fiction-Bereich, auch die Cover-Artworks sind oft im Weltraum angesiedelt, sehen immer ziemlich futuristisch aus (was mit persönlich sehr gut gefällt). Wie bist du auf dieses Thema gekommen?

Piet: Wie gesagt, ich liebe Science-Fiction, und alle Serien auf Netflix und Co., die man darüber abgreifen kann, habe ich schon durch, und nur weil es kein Konzept mehr auf den Alben gibt, heißt es ja nicht, dass wir das Thema SciFi gar nicht mehr behandeln. Aber immerhin ist dieses Cover mal etwas anders gestaltet. Bisher waren es ja meistens irgendwelche Weltraumszenen, die sich da abgespielt haben, und auf "Skycrest" ist es nun etwas anders. Ich bin mit dem Cover total zufrieden, finde es supergeil. Es hat eine gewisse Macht und es sieht eben etwas anders aus, als die bisherigen Cover. Ich bin happy und denke, wir haben alles richtig gemacht.

Wer hat denn das IRON SAVIOR-Logo entworfen, dass sich zwar nicht auf allen, aber auf den meisten SAVIOR-Alben befindet? Warst du das selbst, und wenn ja, hast du lange dafür gebraucht beziehungsweise lange nach einem Künstler gesucht, der es nach deinen Vorstellungen gezeichnet hat?

Piet: Das ursprüngliche IRON SAVIOR-Cover wurde von einem Grafiker entworfen, den Noise Records damals für das Artwork beauftragt hatten. Ich hatte natürlich eine grundsätzliche Idee und er hat das dann umgesetzt. Den Schriftzug hatte ich grob vorskizziert, wie ich ihn gerne hätte, und das Logo hat er dann selbst entworfen. Ich hatte die Idee, dass das etwas tribaltattooartig von solchen Symbolen abgeleitet werden könnte und habe ihm damals ein paar Beispiele zugeschickt, was er eventuell verwenden könnte. Und das hat er auch super gemacht, das sieht man ja daran, dass dieses Logo nach fast 25 Jahren auf fast allen Albumcovern auftaucht, und es immer noch cool aussieht.

Wie kommt es, dass du 2015 das Album "Megatropolis" noch mal neu veröffentlicht hast? Wenn ich es richtig weiß, ist instrumental alles gleich geblieben, nur Gesang, Mix und die Reihenfolge der Songs sind verändert. So schlecht fand ich das ursprünglich 2007 erschienene Album eigentlich nicht, bei uns hat es 9 von 10 Punkten ergattert ... imgleft

Piet: Die Neuveröffentlichung von "Megatropolis" hat einen ganz einfachen Grund: AFM rief mich irgendwann an und sagte: "Piet, die Megatropolis-CDs sind alle, wir müssen neu pressen." Und ich sagte dann: "Halt, Moment, bevor ihr neu presst, würde ich gerne ein paar Fehler, die ich auf der CD gemacht habe, korrigieren. Das heißt, ich möchte gerne ein paar Kleinigkeiten neu aufnehmen beziehungsweise hinzufügen und dann das ganze neu abmischen." Dann haben wir beschlossen, eine 2.0-Version zu pressen und die dann in den Handel bringen. So ist es dann geschehen, und ich fand das Album auch ursprünglich schon nicht schlecht. Es war halt ein bisschen anders angelegt als andere IRON SAVIOR-Alben. Im Rückblick hat es etwas zu wenig Chor abbekommen, und es hatte zu wenig Mehrstimmigkeit von den Gitarren abbekommen, sodass es im Vergleich zu den anderen Alben sehr basisch war. Das hab ich damals absichtlich und bewusst gemacht, um damals IRON SAVIOR und meine damalige andere Band SAVAGE CIRCUS besser unterscheidbar zu machen. Allerdings war ich schon nach relativ kurzer Zeit gar nicht mehr so glücklich damit. Insofern war es für mich sehr erfüllend und befriedigend, dass ich an "Megatropolis" auf diese Weise noch mal ran konnte, und eben diese fehlenden Chöre und die etwas andere Gitarrenarbeit, die ja schon für IRON SAVIOR wichtig und auch prägend und charakteristisch sind, jetzt nachträglich noch unterbringen konnte. Also ich find es jetzt auch echt besser als vorher, muss ich echt sagen!

Bist du beziehungsweise seid ihr als Band denn mit dem Quasi-Best-Of-Album "Reforged - Riding On Fire" im Nachhinein zufrieden? Ich muss gestehen, dass ich die Songs, die ja allesamt neu eingespielt wurden, schon cool finde, aber gerade als Fan der ersten Stunde die "Originale" bevorzuge.

Piet: Ja, mit dem "Reforged"-Album bin ich sehr zufrieden. Es hat sich auch bei den Fans großer Beliebtheit erfreut, sodass wir noch einen zweiten Teil machen werden. Das wird natürlich nicht mehr "Riding On Fire" heißen, sondern nur "Reforged Vol. 2" oder so, der genaue Titel steht noch nicht fest. Das ist definitiv ein Projekt für das aktuell gestartete Jahr. Ich habe ja vorhin schon kurz erklärt, warum wir das machen, nämlich damit wir wieder selbst Zugriff auf unsere eigenen Songs haben und die auch wieder veröffentlichen können. Natürlich verstehe ich auch die Fans, die bemängeln, dass es eben nicht die Originalaufnahme ist. Einige verbinden mit dieser Originalaufnahme oder dem Sound ein Lebensgefühl oder einen Zeitabschnitt von damals, das geht mir natürlich ganz genauso, aber wir können eben einfach nicht remastern, und wir können auch nicht warten, bis irgendjemandem mal einfällt, die verstaubten IRON SAVIOR-Mastertapes aus der Schublade zu holen und neu aufzulegen. Das kann irgendwann mal passieren, aber es kann auch sein, dass es nie passiert. Insofern müssen wir leider diesen Weg gehen, der für uns aber auch wirklich cool ist, denn das Album ist ja schon gut geworden. Es hat das IRON SAVIOR-Format und es hat auch einen gewissen Reiz, die sich ja über mehrere Alben erstrecken, dann in einem soundlichen Guss zu hören.

Nach welchen Kriterien habt ihr denn die Songs zu der Doppel-CD ausgewählt?

Piet: Die Songs wählen wir nach "Gutdünken" aus. In der ersten Runde hab ich die wirklich zwingenden genommen, und ich hätte ehrlich gesagt auch 50 Lieder auswählen können, musste mich aber auf 20 Stücke beschränken, insofern gibt es noch viele Songs, die wir noch machen müssen, 'Starborn' von der "Unification" zum Beispiel, oder ein paar Songs von der "Dark Assault", davon gab es auf Teil eins ja nur 'I've Been To Hell', auf der "Condition Red" gibt es noch eine Menge potenzielle Lieder, und so weiter. Zum Glück geht das für uns ja relativ schnell und relativ einfach die nächsten 20 Songs zusammenzustellen. 'Protect The Law' und 'Children Of The Wasteland' vom Debüt, ich könnte hier noch länger weitermachen. Seid euch auf jeden Fall sicher, das nächste "Reforged"-Album wird kommen!

Hast du denn versucht, Kai und für "For The World" auch Hansi nochmal ans Mikro zu bekommen? Oder war das für dich damals keine Option? Irgendwie geht dadurch, dass sie nicht dabei sind, einiges an Flair verloren

Piet: Nein, ich habe im Vorfeld weder mit Kai noch mit Hansi Kontakt aufgenommen, das stand für mich gar nicht zur Debatte. Da bin ich aus den ersten Jahren immer noch ein "gebranntes Kind". Es gab damals viele Hater, viele dumme Kommentare, die sagten, ich würde mich mit fremden Federn schmücken, und nur wegen Kai, Thomen und Hansi jetzt hier ein Album raushauen würde, um sich wichtig zu machen und den Erfolg mit IRON SAVIOR zu beflügeln. Das war schon damals "Papperlapapp", aber das hat mich richtig geärgert damals. Und da ich eben keine Lust hatte, so einen Scheiß jemals wieder lesen zu müssen, ist das auch mit Gastauftritten bei IRON SAVIOR ganz, ganz rar gesät.

Wie kommt es eigentlich, dass der Song 'Heavy Metal Never Dies' bei Spotify über 8 Mio. Klicks hat, und der nächste in den zehn angezeigten Liedern ('Starlight') "nur" etwa 1,1 Mio.? Beide Lieder sind von "The Landing", ist das eure kommerziell erfolgreichste Scheibe? imgright

Piet: Naja, das liegt einfach daran, dass 'Heavy Metal Never Dies' wirklich cool ist, ich bin stolz, ihn geschrieben zu haben. Ich denke, das liegt daran, dass wirklich jeder innerhalb diverser Metal-Stile mit der Aussage etwas anfangen kann, sowohl textlich als auch musikalisch passt die Message einfach. Ein weiterer möglicher Grund ist, dass der Songs wohl recht weit vorne ist, wenn man bei Google oder bei Spotify das Stichwort "Heavy Metal" eingibt. Kommt uns in dem Fall ja nur zugute. Der Song erreicht die Fans. Das ist mit 'Starlight' bestimmt auch so, der Track ist auch sehr erfolgreich, auch wenn wir den live spielen, flippen die Leute echt aus, aber 'Heavy Metal Never Dies' ist noch mal was anderes, da ist mir wohl eine echte Heavy Metal-Hymne gelungen; und darauf bin ich auch stolz.

Ein letzter "Seitenhieb" liegt mir noch auf dem Herzen. Hast du einen aktuellen Stand bezüglich SAVAGE CIRCUS? Du warst da ja auch mal mit im Boot, und immerhin haben PERSUADER, wo zwei (ex?) SC-Mitglieder dabei sind, parallel zu euch ein neues Album veröffentlicht.

Piet: Ja, nachdem ich für zwei Alben bei SAVAGE CIRCUS mit an Bord war, aber dort von Matrose bis Maschinist, um mal im maritimen Fahrwasser zu bleiben, praktisch alles allein gemacht habe, hatte ich keine Lust mehr, das noch ein drittes Mal zu machen. Es kam sehr wenig Input von den anderen. Klar, Jens (Carlsson) hat gesungen, und Emil (Norberg) hat hier und da mal Gitarre gespielt, und Thomen hat beim ersten Album mal zehn Tage getrommelt, alles richtig, aber etwa 95 Prozent der Arbeitsleistung lag bei mir, sowohl beim ersten als auch beim zweiten Album, und ich hatte einfach keine Lust mehr, mir das noch ein drittes Mal zu geben, das muss ich ganz ehrlich gestehen. Hinzu kam auch noch, dass nach dem zweiten Album - ich hätte vielleicht sogar noch ein drittes Album gemacht - ich dann erfahren musste, dass sich hinter meinem Rücken etwa 2010 Emil, Jens und Thomen zusammengetan hatten, und den Namen SAVAGE CIRCUS, den ich mir übrigens ausgedacht hatte, patentrechtlich für sich haben schützen lassen, und das ohne Rücksprache mit mir, das muss man sich mal reinziehen! Und das, obwohl der Name von mir kam und ich auch die treibende Kraft hinter der ganzen Sache war. Das hat mich doch etwas verärgert muss ich sagen. PERSUADER (Hauptband von Jens und Emil) waren ja auch mal bei uns, (Dockyard, das frühere Label von Piet; Anm. d. Verf.) und schau dir mal an, in welchem Zeitrahmen die ihre Alben veröffentlichen. Daran kannst du in etwa ableiten, wie viel oder wenig zeitlichen Aufwand die für ihre Musik betreiben, und das war für mich einfach dann auch nicht mehr diskutabel. So bin ich nicht, ich kann keine sieben Jahre warten, um ein Album zu veröffentlichen, das ist nicht mein Ding, das muss schneller gehen, außerdem muss es ja auch ein bisschen wirtschaftlich sein. Insofern gebe ich diesen Seitenhieb mal in voller Breite zurück. Ich bin wirklich froh, bei SAVAGE CIRCUS die Reißleine gezogen zu haben, das hat mich echt ein paar Jahre meines Lebens gekostet. Ich stehe zu den beiden Alben, finde die immer noch total cool. Die sind ja schon anders als IRON SAVIOR, von daher war es für mich als Künstler auch toll, mal eine andere Facette zeigen zu können. Aber rückblickend bin ich sehr froh, mich gegen den wilden Zirkus und für den eisernen Retter entschieden zu haben. Jetzt mach ich Musik mit Freunden, und das ist eine ganz andere Welt und macht mir sehr viel Spaß! Und was PERSUADER machen, ist mir echt scheißegal.

Zuletzt noch eine Frage zum Jahresabschluss: Was ist, neben "Skycrest", dein Lieblingsalbum aus 2020?

Piet: Also außer "Skycrest" muss ich sagen, dass "Metal Commando" von PRIMAL FEAR eine geile Scheibe geworden ist. Hut ab, richtig klasse!

imgcenter

Die letzten Worte gehören dir, wenn du uns etwas sagen möchtest, dann ist jetzt die Gelegenheit:

Piet: Ich möchte mich bei allen bedanken, die uns in den letzten Jahren so tatkräftig unterstützt haben, und ich möchte mich auch bei euch allen bedanken, dass ihr uns in der ganz schweren Zeit mit Jan unterstützt habt! Auch wenn ihr vielleicht denkt, dass ein kleiner Kommentar hier und ein kleines Posting da nichts bringt, es war für uns unglaublich toll und wichtig, dass wir so viel Zuspruch bekommen haben. Es hat uns alles erreicht, wir haben alles gelesen und es hat uns sehr viel Kraft gegeben, dafür danke ich euch allen! Ich hoffe, wir können uns bald auf den Bühnen dieser Welter wiedersehen. In diesem Sinne: ein fröhliches "Heavy Metal never dies!" aus Hamburg.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, um die Fragen zu beantworten.

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