Liquido - Float

Review von Souleraser vom 19.03.2005 (5259 mal gelesen)
Liquido - Float Okay Leute, Hand aufs Herz, nachdem wir unter uns sind - wer hat nicht anno 1998 anfangs in guter Stimmung mitgesummt, dann aber recht schnell genervt den Raum verlassen, wenn LIQUIDOs 'Narcotic' gespielt wurde?

Bis 2003 hielt das Label VIRIGN an der Band fest, welche in diesen 5 Jahren immerhin drei Alben veröffentlichte, nämlich "Liquido" (1999) mit dem bereits angesprochenen größten Hit der Band, "At the Rocks" (2000) und "Alarm!Alarm!" (2002). Dem Ende der Zusammenarbeit mit Virgin folgten ein Management- und Booking-Agentur-Wechsel und 2004 schließlich ein neues Label: NUCLEAR BLAST. Warum das eigentlich auf Musik der harten bis ganz harten Sorte spezialisierte Label diesen eher poppig orientierten Alternative-Rock-Act unter Vertrag nahm, ist weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick ersichtlich, soll aber auch gar nicht weiter Thema sein.

Aus der Trennung vom Majorlabel sollte eine ganze Menge künstlerische Freiheit für die Band resultieren - sollte man meinen. Ein wenig merkt man auch die Experimentierfreude und beinahe kindliche Neugier, mit der das Heidelberger Quartett sich auf "Float" ausgetobt hat. Andererseits aber wird auf "Float" auch deutlich, warum die Band nie mehr an den Erfolg von 'Narcotic' anknüpfen konnte: LIQUIDO sind schlicht eine Popband, die zwar mit E-Gitarren und E-Bass arbeitet, nichts desto weniger aber offensichtlich eher poppiger Belanglosigkeit als rockigeren Klängen zugetan ist. Selbst wenn es dann mal rockiger wird, kann sich die Band selten aus dem Bereich der Mittelmäßigkeit erheben. 'No sensitive Healing' ist eines der Beispiele für absolute 08/15-Alternative-Rock-Kost. Auch die erste Singleauskopplung, 'Ordinary Life', ein zwar durchaus guter, auch rockiger Song, reicht aber an Hit-Potential und dem "hypnotischen Faktor" keinesfalls mehr an 'Narcotic' heran.
Tendenziell entsteht ein wenig der Eindruck, der Band würde zum Ende des Albums die Puste ausgehen - allerdings nicht unbedingt was die Qualität der Songs angeht, sondern vorrangig das Tempo. Songs wie 'Flip to Play' oder 'Lay your head down' gehen durchaus noch als eindeutig alternative Rocksongs durch, Tracks wie 'Jump off' oder 'Valentine', das mindestens so klebrig-süß wirkt, wie der Tag, dessen Namen es trägt, sind dagegen fast schon als Balladen zu betrachten.
Ein deja vu hatte ich beim Hören von "Float" auch wieder. Es entstand bei 'Drag Me Down', welches Erinnerungen an den Hit 'Follow Me' des KID ROCK-DJs UNCLE KRACKER wachrief. Der Song ist trotz der Gitarren sehr poppig und überaus mitsingkompatibel. Möglicherweise ein Kandidat für eine zweite Singleauskopplung?
Leider gibt es neben ziemlich viel Mittelmaß auch mindestens einen echten Aussetzer, nämlich 'Mr. Officer', als dessen aufdringlichste Eigenschaft mir "seltsam" einfällt. Die Gesangsspur wechselt ab zwischen einem debil wirkenden Quäken und nett-heftigem Geschrei, was der Strukturlosigkeit des Songs leider nur zuträglich ist.
Die Experimentierfreude dürfte ihren Höhepunkt bei 'Fake Boy/Fake Girl' gefunden haben, das mit piepsigen Helium-Stimmen und - dank tief gestimmter Bässe und Gitarren - einem überraschend düsteren Einschlag aufwartet.

Zur Produktion müssen nicht viele Worte gemacht werden. Sie ist gelungen und ohne Aussetzer.

Das Fazit jedenfalls muss lauten, dass sich niemand täuschen lassen sollte. Aus der Tatsache, dass LIQUIDO jetzt auf einem Hartwurst-Label veröffentlichen, ist keinesfalls der Schluss zu ziehen, die Pullunder-Popper würden den Mittelscheitel neuerdings mit der Stahlbürste ziehen. "Float" bietet für Fans seichteren Alternative-Gitarren-Pops durchaus interessantes Material. Die Mischung der Kernelemente - Gitarre, Pop, Alternative - mit stilfremden Elementen von Disco über Electro bis Punk ist gewagt, aber nicht gänzlich schief gegangen. Die Band schon abzuschreiben jedenfalls ist ein Fehler den man auch nicht machen sollte. In der Hoffnung, dass die Heidelberger ihre neugewonnene Freiheit in Zukunft konsequenter und gerne noch rockiger umsetzen, vergebe ich wohlwollende 6.5 Punkte und empfehle Interessenten, sich das Album vorab im Laden zu Gemüte zu führen.

Gesamtwertung: 6.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood dry dry dry dry
Trackliste Album-Info
1.Flip to play
2.Lay your head down
3.Love me em evol
4.Bulletin
5.Mr. Officer
6.Ordinary life
7.Fake boys / girls
8.No sensitive healing
9.The final strike
10.High roller
11.Drag me down
12.The standard
13.Jump off
14.Valentine
15.Prostitute (Bonus Track)
16.Keine Titelinformation (Data Track)
Band Website: www.liquido.de
Medium: CD
Spieldauer: 49:51 Minuten
VÖ: 21.03.2005

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten