Lantlos - Melting Sun

Review von Zephir vom 30.05.2014 (4480 mal gelesen)
Lantlos - Melting Sun Nanu, sind das wirklich LANTLÔS? Beim Anblick des vierten Albums "Melting Sun" meint man, auf das Werk einer fremden Band zu blicken. Das Artwork überrascht mit warmen Gold- und Rosé-Nuancen, das menschliche Gesicht auf dem Cover, dem Licht aus den Augen strahlt, steht erstaunlich glatt und unversehrt im Zentrum. Wo sind die dekadenten Schemen des Debüts "Lantlôs" (2008), wo der im Prozess der Selbstauflösung schreiende Körper von ".Neon" (2010), wo der verwachsene Gesichtslose von "Agape" (2011)?

So viel ist sicher: LANTLÔS haben eine Metamorphose durchlebt, die sicher nicht nur zusammenhängen kann mit dem freundschaftlichen Fortgang von Stéphane Paut a.k.a Neige (vor allem bekannt durch ALCEST), der von 2010 bis 2013 der Band von Mastermind Markus Siegenhort seine charakteristische Stimme verlieh. Und Markus Siegenhort, der sein Künstlerpseudonym Herbst offenbar zwischenzeitlich abgelegt hat, singt nunmehr für LANTLÔS selbst, und zwar durchgehend clean. Außerdem hat er erstmals eine komplette Band um sich versammelt, mit der "Melting Sun" eine neue Richtung einschlägt: Der experimentelle Black-Metal-Jazz ist ebenso Vergangenheit wie der distanziert-destruktive Eskapismus, der den Vorgängeralben innewohnt. Stattdessen findet man in "Melting Sun" ein warmes, verträumtes Post-Rock-Werk.

Ein bisschen lässt sich die Entwicklungsgeschichte schon vergleichen mit der Historie der Shoegaze-Metal-Kollegen ALCEST, die Neige vom kratzbürstigen Garagen-Black-Metal zum Post Rock geführt hat. Auch auf "Souvenirs D'Un Autre Monde" wurde schließlich an keiner Stelle gescreamt, an keiner Stelle geschrammelt. Bei LANTLÔS fühlt sich der Bruch aber fast noch abrupter an, zumal schon das Tracktitelvokabular vor Farbenfreude nur so strotzt. Die Musik ist mal verschwommen-verträumt ('I: Azure Chimes'), mal leicht jazzig-nonchalant ('II: Cherry Quartz'), mal liefert sie Shoegaze-Ambiente ('VI: Golden Mind'). Das Intermezzo 'Oneironaut', was so viel bedeutet wie "Traum-Seefahrer" und einen seine luziden Träume reflektierenden Menschen bezeichnet, ist als eine einzige entrückte Geräuschkulisse ebenfalls Indikator, dass es auf "Melting Sun" nicht um das rein äußerliche Leben geht. Die Perspektive, die dabei eingenommen wird, ist eine positive, herzöffnende, in die man sich versenken kann. Als Freund der alten LANTLÔS wird man sich daran gewöhnen müssen. Wem bereits das letzte ALCEST-Album ("Shelter") gefallen hat, der wird sich sicherlich auch für "Melting Sun" begeistern können.

Gesamtwertung: 6.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Melting Sun I: Azure Chimes
02. Melting Sun II: Cherry Quartz
03. Melting Sun III: Aquamarine Towers
04. Melting Sun IV: Jade Fields
05. Melting Sun V: Oneironaut
06. Melting Sun VI: Golden Mind
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 40:47 Minuten
VÖ: 02.05.2014

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