Marienbad - Werk 1: Nachtfall

Review von Vikingsgaard vom 02.06.2011 (4295 mal gelesen)
Marienbad - Werk 1: Nachtfall MARIENBAD, EISREGEN auf Abwegen, oder wie auch immer man dieses Projekt betiteln möchte, es schleppt sich jedenfalls über 45 Minuten hin und hinterließ bei mir anfangs ein Schulterzucken mit Frau Merkel-Gesicht. Ich mochte ja immer die erste THE VISION BLEAK "The Deathship Has A New Captain", weil der Sound richtig geil und auch die Umsetzung damals wirklich cool war. Na ja, bis zu dem Moment, als ich THE VISION BLEAK dann das erste Mal live "genießen" durfte. Ein Schock für's Leben war das, denn gesanglich war diese Darbietung unterste Schublade und ich habe mir immer gewünscht, dass so etwas nie auf CD gebrannt wird. Na ja, nun isses passiert, und zwar hier auf "Werk I: Nachtfall". Ganz so unterirdisch wie oben erwähnte Combo ist es nicht, aber Song 1, 'Komm Nach Marienbad', ist diesbezüglich schon grenzwertig.

Aber erst mal was zur Geschichte hinter dem Konzept: Anfang der 60er-Jahre wurde im ehemaligen Sudetendeutschland im heutigen Tschechien ein Tal geflutet und ein Stausee entstand dort, wo die kleine Stadt Marienbad lag. Ihre Bewohner wurden zwangsumgesiedelt - bis auf jene Zwölf, die nicht gehen wollten und den Freitod einer ungewissen Zukunft vorzogen.

Nun, dies ist ein sehr dankbares Thema für eine Metal-Band und die beiden EISREGEN-Musiker M. Roth (Konzeption/alle Vocals) & Yantit (Komposition, Gitarren, Keyboards) stricken eine schleppend-düstere Sinfonie kalter Verzweiflung aus dieser Geschichte. Wenn man erst mal weiß, um was es geht und sich dann das Werk noch einmal anhört, dann fügt sich eigentlich alles von selbst zusammen. Auch der Sprechgesang von Herrn Roth ist dann absolut angebracht. Nur das rrrrollende "R" stört mich. Textlich ist die Geschichte schön ausgeschmückt und man erfährt einiges Interessantes über die Bewohner von Marienbad. Hier und da hört man zwar ein paar bekannte Phrasen, aus 'Roslins Fluch' - "... und dann hielt ich ihren Atem an.", aber da will ich mal nicht kleinlich sein. MARIENBAD musikalisch einzuordnen fällt schwer, sehr schwer. Ich tendiere zu Gothic Metal, wobei der Metal klar favorisiert ist, obwohl Komponist Yantit nicht an Keyboards und Chören spart.

Fazit: "Werk I: Nachtfall [DEUTSCHE VERSION]" ist nichts für's Auto oder als Appetizer auf einen lustigen Abend. Man muss sich schon richtig Zeit für diese Scheibe nehmen, vor allem der Texte wegen. 'Endbahnhof' hat mich sehr beeindruckt. Hier geht es um einen Gefangenenzug, der 1944 auf dem Weg in ein Arbeitslager in Marienbad hielt, weil die deutschen Soldaten feiern wollten. Ohne eine Wache zu postieren, verschwanden die Landser im Wirtshaus und kehrten erst Morgens sturzbetrunken zurück und fanden 5 leere und blutverschmierte Waggons vor... Das Ende der Geschichte ist krank, richtig krank.

War ich Anfangs nicht sehr angetan, so hat sich meine Meinung um 180° gedreht.
"Werk I: Nachtfall" ist tatsächlich ein Werk und nicht nur eine CD. Parallel zu den deutschen Texten gibt es auch noch eine englische Version, die ich mir aber nicht angehört habe. Zusammenfassend beschreiben MARIENBAD eigentlich eine Kleinstadt, wie sie heute mit Sicherheit auch (noch) existiert, voll mit kranken und kaputten Seelen. Apropos voll...

i.d.S.

skål



Gesamtwertung: 8.2 Punkte
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Trackliste Album-Info
1. Komm Nach Marienbad 8:17
2. Roslins Fluch 5:08
3. Sieben Im Teich 6:25
4. Flammnacht 3:29
5. Endbahnhof 6:13
6. Die Gelbe Villa Der Selbstmörder 4:55
7. Wasserwall 5:10
8. Unter Dammkrone 5:46
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 45:23 Minuten
VÖ: 27.05.2011

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