Decence - The First Step

Review von Souleraser vom 11.10.2003 (4292 mal gelesen)
Decence - The First Step Gut geklaut ist noch lange nicht halb gewonnen, wie "The first Step", das Debütalbum des Bonner Jurastudenten Oliver Mietzner aka DECENCE, beweist. Diese gut geklauten Teile, oder eher die, die ich identifizieren kann, könnten so oder sehr ähnlich auch bei Wolfsheim und Konsorten zu finden sein. Keine Frage also, dass sie in dieser Mischung für Fans schöner, düster-depressiver Elektrosounds den interessanteren Teil darstellen. Dabei gab es für mich eigentlich keinen Grund, vom Rest negativ überrascht zu sein, denn dass die anderen Einflüsse, die die Promobeilage sogar voller Stolz noch "tanzbar" und "House" nennt, nicht mein Fall sind, hätte ich vorher wissen können - und auch, dass sie aufgrund der expliziten Nennung auch nicht zu kurz kommen würden.

Und genau das ist das Problem: Prinzipiell ist "The first Step" eine wirklich prima Scheibe, nicht nur für ein Debüt. Aber die schizophrene Gratwanderung zwischen melancholischer Depressivität und 0815-Rave-Gute Laune-Blabla kann bei mir einfach nicht punkten.
Für's nächste Mal lautet meine Bitte: Entweder das eine oder das andere. Melancholische Depressivität von DECENCE werde ich mir mit Sicherheit gerne wieder anhören und dann auch besser bepunkten, aber noch mehr House-/Technokram will ich wirklich nicht hören.

Nachdem ich auch keine Lust habe, über dieses grellfröhliche Gezirpe und Gezwitscher zu sprechen, konzentriere ich mich auch auf die Stärken der Platte: Ganz eindeutig ist da Mietzners Stimme zu nennen. Ähnlich kraftvoll, wohlklingend und volltönend wie etwa Peter Heppners Stimme fügt sie sich perfekt in die von Synthesizern erschaffenen Welten und vervollkommnet damit die Atmosphäre, die eher einer angenehmen Melancholie gleicht, denn echter Depression.
Positive Beispiele dafür wären etwa 'Burning Bridges' oder 'Die Engel, die Du riefst'.

Ein Beleg für die weiter oben angesprochene Schizophrenie - und ich muss sie erwähnen, weil der Refrain einer der schönsten ist, die die CD zu bieten hat - ist 'In Neon Light'. Der Refrain ist sehr düster, mit tiefer Stimme vorgetragen und mit hohem (angenehmen) Gänsehautfaktor. Leider kommen in diesem Stück aber auch sehr viele Samples zum Einsatz, die ich mir persönlich gut in jeder Raver-Disco vorstellen könnte.
Diese Passagen vernichten den song für mich leider vollkommen.

'(Come again) My watching Star' ist mein persönliches Lieblingsstück der CD. Beinahe - zumindest über weite Strecken - frei von elektronischen Elementen stellt Mietzner hier unter Beweis, dass er tatsächlich eine "klassische Klavierausbildung" genossen hat und auch, dass er tatsächlich starke Songs schreiben kann. Wunderschöne, tieftraurige Ballade, im wesentlichen auf Klavier und Streichern basierend... Dringender Anspieltipp!
Gleiches gilt übrigens auch für 'Our tragedy'. Insgesamt epischer aufgezogen, überzeugt der song vor allem aufgrund der starken Stimme und Instrumentalisierung.

Insgesamt gewinnt "The First Step" ab '(Come again) My watching Star' deutlich an Qualität.
'Cover me' etwa ist zwar eine reine Elektronummer, aber angenehm düster-traurig. Ein sehr schöner Song und angenehm zu hören. Insbesondere auch wieder um den Refrain herum werden zwar die Anleihen bei Wolfsheim deutlich, aber das nimmt dem Song seine Qualität nicht, ebensowenig wie dem anschließenden Changes.


7,5 Punkte. Der Mann kann was und sollte er sich je gegen die Juristerei entscheiden, hat er hier sicherlich ein zweites Standbein gefunden. "The First Step" könnte tatsächlich ein erster Schritt sein, wenn die Schwächen (Techno-/Rave-Dutzendware) konsequent ausgemerzt und stattdessen die Stärke (melancholische, schöne Düster-Elektrosongs) ausgebaut werden.
Wir dürfen gespannt sein.

Anspieltipps: 'Burning Bridges', '(Come again) My watching Star', 'Our tragedy'

Gesamtwertung: 7.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
1. Genesis
2. Burning Bridges
3. Die Engel, die Du riefst
4. Im Neon Licht
5. (Come Again) my watching star
6. Words of Truth
7. Our Tragedy
8. Cover me
9. Changes
10. Your heart
11. Stars
12. Stars
13. Come with me
14. Painful Illusions
15. Empires in defeat
16. Time
Band Website: www.decence.net/
Medium: CD
Spieldauer: 55:23 Minuten
VÖ: 20.10.2003

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