Cirith Ungol - Live At The Roxy | |
|---|---|
| Review von baarikärpänen vom 24.04.2025 (9655 mal gelesen) | |
Wenn ich an CIRITH UNGOL denke, steigen in mir sofort Erinnerungen auf, die tiefer gehen als bloße Nostalgie – es ist fast so, als würde eine uralte Flamme erneut auflodern. Diese Band war für mich nie nur eine weitere Metal-Kapelle aus der zweiten Reihe, sondern eine mythische Erscheinung, eine Art musikalisches Relikt, das mit einer eigensinnigen Mischung aus Doom, Epic und Heavy Metal eine Nische geschaffen hat, in der es sich angenehm versponnen träumen ließ. Ihre Werke begleiteten mich durch nächtelange Fantasy-Lektüren, durch verregnete Abende voller Tagträume von Heldenreisen und verfallenen Königreichen. "King Of The Dead", "Frost And Fire", "Paradise Lost" – das waren keine simplen Platten, das waren Dimensionstore. Und auch wenn die Band lange im Schatten stand, lebte sie in den Herzen vieler Fans weiter, gerade weil sie nie versuchte, sich anzubiedern. Diese Konsequenz, dieses Verharren im eigenen Kosmos, macht sie zur Inkarnation dessen, was man liebevoll als Kauz-Metal bezeichnen könnte – ein Subgenre, das exzentrische Eigenbrödler, schrullige Außenseiter und tiefsinnige Klangalchemisten versammelt, die fernab des Mainstreams ihr ganz eigenes Reich errichtet haben. CIRITH UNGOL waren nie cool im herkömmlichen Sinne – und genau deshalb waren sie großartig.Mit "Live At The Roxy" kehrt diese legendäre Aura zurück – nicht als museale Rekonstruktion, sondern als triumphaler Beweis ihrer ungebrochenen Vitalität. Die Aufnahme dieses Konzerts im ikonischen Roxy Theatre in West Hollywood fängt die Band in einem Moment ein, der sowohl Rückblick als auch Wiedergeburt ist. Schon beim Opener 'Velocity (S.E.P.)' spürt man das brodelnde Feuer, das unter der Oberfläche nie ganz erloschen war. Tim Baker, dieser unverkennbare, heiser kreischende Barde aus einer anderen Welt, klingt noch immer wie ein rastloser Rufer in einer düsteren Paralleldimension. Seine Stimme ist älter geworden, ja – aber das gibt ihr nur noch mehr Charakter, Patina sozusagen. Sie trägt den Staub vergessener Zeiten in sich und erzählt davon mit jeder Zeile. Die Songauswahl ist ein Geschenk an die Fans: Neben dem aktuellen Studiodreher "Dark Parade", der komplett aufgeführt wird, sind es Klassiker wie 'Master Of The Pit', 'King Of The Dead' oder 'I'm Alive', die sich nahtlos an neueren Stücken wie 'Dark Parade' oder 'Down Below' einreihen, was die Kontinuität ihrer epischen Vision unterstreicht. Die Band spielt tight, mit einem beinahe rituellen Ernst, aber auch spürbarer Freude. Besonders Gitarrist Jim Barraza brilliert mit fein gespielten Leads und sägenden Riffs, die das Fundament für die melancholische Erhabenheit der Songs bilden. Die Produktion des Albums ist rau, aber klar – keine Hochglanzpolitur, sondern eine ehrliche Momentaufnahme eines magischen Abends. Man fühlt sich mittendrin, spürt das Knistern, hört das Raunen des Publikums, als würde man selbst im Roxy stehen, umgeben von Gleichgesinnten, von kauzigen Helden der Nacht. Was "Live at the Roxy" auszeichnet, ist nicht nur die musikalische Leistung, sondern das Gefühl, das es vermittelt: Dieses Album ist eine Hommage an das Durchhalten, an das Anderssein, an die Kraft, die im treuen Verharren liegt. CIRITH UNGOL stehen auf dieser Bühne nicht als nostalgische Schatten ihrer selbst, sondern als gelebte Legende – stolz, unangepasst, unverkennbar. Sie erinnern uns daran, dass es im Metal – und in der Kunst generell – nicht nur um Lautstärke, Technik oder Image geht, sondern um Authentizität, Atmosphäre und Vision. Für alle, die jemals an die Macht der seltsamen, kantigen Musik geglaubt haben, für alle, die sich in den Rillen von "Frost And Fire" oder den Lyrics von 'King Of The Dead' verloren haben, ist "Live At The Roxy" mehr als ein Livealbum: Es ist ein Bekenntnis. Ein Bekenntnis zum Kauz-Metal, zur Treue, zur Magie der Außenseiter. Und ja – es fühlt sich verdammt gut an, wieder Teil davon zu sein. Live-Alben bekommen von uns ja normalerweise keine Berwertung, aber "Live At The Roxy" hätte neun Punkte mehr als verdient. Eile ist geboten für all die, die sich gerne das Vinyl in den Schrank stellen, denn die farblich toll gestalteten verschiedenen Vinyls sind limitiert (und kommen mit Code für den Download und DVD). - ohne Wertung - | |
| Trackliste | Album-Info |
| Disc/LP 1 01. Velocity (S.E.P.) 02. Relentless 03. Sailor On The Seas Of Fate 04. Sacrifice 05. Looking Glass 06. Dark Parade 07. Distant Shadows 08. Down Below Disc/LP 2 01. Atom Smasher 02. I'm Alive 03. Frost And Fire 04. Black Machine 05. Blood And Iron 06. Chaos Descends 07. The Frost Monstreme 08. Fire 09. Death Of The Sun 10. Master Of The Pit 11. King Of The Dead 12. Join The Legion | Band Website: www.facebook.com/cirithungolofficial Medium: Digital, DoLP+D Spieldauer: 106:02 Minuten VÖ: 25.04.2025 |
Alle Artikel
Wenn ich an CIRITH UNGOL denke, steigen in mir sofort Erinnerungen auf, die tiefer gehen als bloße Nostalgie – es ist fast so, als würde eine uralte Flamme erneut auflodern. Diese Band war für mich nie nur eine weitere Metal-Kapelle aus der zweiten Reihe, sondern eine mythische Erscheinung, eine Art musikalisches Relikt, das mit einer eigensinnigen Mischung aus Doom, Epic und Heavy Metal eine Nische geschaffen hat, in der es sich angenehm versponnen träumen ließ. Ihre Werke begleiteten mich durch nächtelange Fantasy-Lektüren, durch verregnete Abende voller Tagträume von Heldenreisen und verfallenen Königreichen. "King Of The Dead", "Frost And Fire", "Paradise Lost" – das waren keine simplen Platten, das waren Dimensionstore. Und auch wenn die Band lange im Schatten stand, lebte sie in den Herzen vieler Fans weiter, gerade weil sie nie versuchte, sich anzubiedern. Diese Konsequenz, dieses Verharren im eigenen Kosmos, macht sie zur Inkarnation dessen, was man liebevoll als Kauz-Metal bezeichnen könnte – ein Subgenre, das exzentrische Eigenbrödler, schrullige Außenseiter und tiefsinnige Klangalchemisten versammelt, die fernab des Mainstreams ihr ganz eigenes Reich errichtet haben. CIRITH UNGOL waren nie cool im herkömmlichen Sinne – und genau deshalb waren sie großartig.
