Die Apokalpytischen Reiter - Wilde Kinder

Review von Farvynn vom 24.04.2022 (3360 mal gelesen)
Die Apokalpytischen Reiter - Wilde Kinder DIE APOKALYPTISCHEN REITER sind nach einem Jahr schon wieder zurück mit einer neuen Scheibe. Nachdem "The Divine Horsemen" eher archaisch klang und völlig frei von der Leber weg geschrieben wurde, knüpft "Wilde Kinder" genau da an, wo 2017 aufgehört wurde. Die Band beschreibt das Album selbst als einen Kampf. Gegen die Bequemlichkeit, die Gleichgültigkeit, den Wahnsinn generell und auch gegen sich selbst. In wieweit das alles zu interpretieren ist, wird wohl im nachführenden Interview beantwortet werden. Insgesamt werden uns zehn neue Songs in die Ohren gelegt, und inzwischen kann ich sagen: Die Songs haben definitiv Ohrwurmcharakter. Fuchs und seine Mannen haben einen guten Sprung von "Der Rote Reiter" zu "Wilde Kinder" geschafft.

Aber wollen wir mal schauen, was wir da haben. Nebst den schon veröffentlichten Singles 'Wilde Kinder' und 'Euer Gott Ist Der Tod' darf man sich also acht weitere Kompositionen zur Brust nehmen, die rein thematisch nicht unterschiedlicher sein könnten: zwischen dem Appell zum Müßiggang mit Gastsänger Chris Harms (LORD OF THE LOST), der Ode an ein Märchen der Gebrüder Grimm oder einfach nur der Aussage, dass wir der Mensch sind. Das alles und noch viel mehr haben DIE REITER in den letzten drei Jahren hervorgebracht und nun auf Platte gebannt. Für mich persönlich ist es wahnsinnig, womit die Jungs besagte CD beginnen. 'Von Freiheit Will Ich Singen' ist dem ehemaligen KZ-Häftling und Schriftsteller Erich Kurt Mühsam gewidmet. Herr Mühsam war schon von Anbeginn antimilitaristisch eingestellt und als politischer Aktivist unterwegs. Nach seiner Verhaftung 1919, aufgrund seiner maßgeblichen Beteiligung an der Münchener Räterepublik und der Entlassung fünf Jahre später, wurde er am Tag des Reichstagsbrandes erneut inhaftiert, ins KZ Oranienburg deportiert und dort am 10.06.1934 von der SS-Wachmannschaft ermordet. Kurzer Exkurs in die Geschichte also. Man kennt es, wir lieben sie dafür. Wer von uns tief in die Materie und Hintergründe der Lyrics eintaucht, wird schwer schlucken müssen. Vor allem das von Herrn Mühsam verwendete Zitat Frei will ich sein und singen, so wie der Vogel lebt, der auf Palast und Kerker sein Frühlingslied erhebt. Aus welchem Schriftstück das Ganze stammt, kann ich hier leider nicht sagen. Dank der vergangenen zwei Jahre Pandemie hat der eine oder andere eine Sehnsucht in die Ferne entwickelt, und Ähnliches greift 'Leinen Los' auf. Die Riffs von Ady gleichen einem sehr rockigen Shanty im Intro und reichen sich immer wieder mit der Akustikgitarre die Hand. Bass-Spur und Drumming von Volk-man und Sir G. geben dem Ganzen eine Tiefe, die an die See erinnert, und Fuchs zeigt in alter Manie, welche Vielfalt in seiner Stimme liegt. Ein kleines Wunderwerk, das ähnlich wie 'Adrenalin' oder 'Friede Sei Mit Dir' soviel Ohrwurm- und Mitgröhlpotenzial hat. Ich darf hier schon mal einfügen, dass ich mich nicht satthören kann, egal wie oft das Album nun rauf und runter lief. Zuletzt möchte ich ein Märchen der Gebrüder Grimm aufgreifen oder besser gesagt, haben es DIE REITER schon aufgegriffen. Denn mit 'Eisenhans' ist eben dies geschehen. Die Frage, wie das Kind zum Manne wird - ein recht zeitloser, wenn auch vergessener Klassiker. Man mag meinen, die Herren wollten es ruhiger angehen, aber der Schein des Intros trügt. Die Welle der Töne und Ungezähmtheit türmt sich langsam auf, bis sie sich in der ersten Strophe, gleich einem Tsunami, aufbaut und auf den Hörer hinabprasselt.

Was die Männer schon 2017 geschafft haben - ein Album voller Ohrwürmer, Hits und einer riesigen Portion Mitgröhlpotenzial - wird nun nach drei Jahren Arbeitsphase weitergesponnen. "Wilde Kinder" ist in meinen Augen die perfekte Überleitung zu "Der Rote Reiter" und verdient es, in die Top 10 Alben Charts zu kommen. Gerade im Vergleich zum letztjährigen Album "The Divine Horsemen" klingt es wieder nach dem, was die Fans an der Band über die letzten 27 Jahre lieben gelernt haben. Hierbei möchte ich ungern die letzte Platte schlecht reden, aber ich wurde leider nicht mit ihr warm. Aber so können sich Geschmäcker wiederum unterscheiden, und unser Opa Steve hat dem Ganzen ja doch eine beachtliche 9/10 geschenkt. Für mich ist jetzt schon ersichtlich, dass diese Platte unter meine persönlichen Top 10 gerutscht ist, und mein kleines Fanherz nach nun 16 Jahren, die ich dabei bin, mehr als nur freudig hüpft. Fuchs, Volk-man, Ady, Sir G. - ich bedanke mich für dieses Meisterwerk des Jahres und auf dass ich euch bald endlich live erleben darf.

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Von Freiheit Will Ich Singen
02. Volle Kraft
03. Alles Ist Gut
04. Wilde Kinder
05. Leinen Los
06. Euer Gott Ist Der Tod
07. Nur Frohen Mutes
08. Blau
09. Der Eisenhand
10. Ich Bin Ein Mensch
Band Website: www.reitermania.de
Medium: CD, LP
Spieldauer: 43:05 Minuten
VÖ: 22.04.2022

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Ja Chef nur n reguläres Album. Das letzte war ja abseits der Norm und einfach frei von der Leber weg. Mir hats irgendwie nucht ganz so gefallen, aber "Wilde Kinder" quasi als direkte Fortsetzung zu "Der Rote Reiter" ist geil und bei mir läufts srit Wochen hoch und runter 🤣
(27.04.2022 von Farvynn)

Die sind ja ganz schön fleißig. Gerade die "The Divine Horsemen" war ja höchst intensiv, wie eine Katharsis. Und jetzt schon wieder ein reguläres Album? Egal, bislang konnten die Reiter nichts falsch machen. Wird schon passen - und mein letzter Gig mit ihnen ist von 2018 und damit schon viiiiiieeeeel zu lange her.
(27.04.2022 von Opa Steve)

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