Heavy Feather - Mountain Of Sugar

Review von baarikärpänen vom 08.04.2021 (4008 mal gelesen)
Heavy Feather - Mountain Of Sugar Ich hab ja schon öfter gesagt, dass es mich immer wieder verwundert, was im Classic Rock noch möglich ist. Natürlich gibt's in diesem Sektor auch Veröffentlichungen, die nicht schlecht sind, aber auch nicht so, dass man eine unbedingte Kaufempfehlung aussprechen müsste. Auf der Gegenseite aber dann auch neue Alben, bei denen der geneigte Rezensent fleißig mit dem Fuß wippt oder gar durch die heimischen Gemächer tänzelt (zum Glück sieht mich dabei niemand). So wie vor ein paar Monaten, als mich das Debüt der Schotten THE COSMIC TRIP ADVISORS sowas von aus den Puschen gehauen hat und verdient die Höchstnote bekam. Ähnlich geht es mir auch jetzt wieder, nachdem "Mountain Of Sugar" der Schweden HEAVY FEATHER meine Gehörgänge verwöhnt hat. Da auch die mit einer Sängerin agieren, liegt es fast auf der Hand, die BLUES PILLS als Vergleichsobjekt heranzuziehen. Und schon wieder - wie im Falle der COSMIC TRIP ADVISORS - müssen Elin Larsson und ihre Mitstreiter anderen den Vortritt lassen. Die Aufklärung, warum das so ist, gibt es im weiteren Verlauf.

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2019 veröffentlichten HEAVY FEATHER ihr Debüt "Débris & Rubble", das schon damals hohe Erwartungen weckte, mir persönlich aber eine Spur zu vorhersehbar war. Die Mischung aus Frühsiebziger-Rock oder gar Südstaaten-Rock á la LYNYRD SKYNYRD (höre 'Tell Me Your Tale') war zwar gut, aber dennoch ausbaufähig. Genau das haben HEAVY FEATHER jetzt auf "Mountain Of Sugar" gemacht. Zu den bisherigen Zutaten hat die Band eine gewaltige Schippe Musik der Swinging 60's draufgepackt und den Soul-Anteil erhöht. Womit auch klar sein sollte, dass hier keine metallisch klingenden Gitarren zu erwarten sind und der Begriff Proto-Metal komplett wegfällt. Und dennoch ist "Mountain Of Sugar" ein Album geworden, das aus der breiten Masse der Veröffentlichungen im Classic Rock-Bereich heraussticht, genau deswegen seine Berechtigung auf unseren Seiten hat. Der Hauptgrund, neben der wirklich erstklassigen Musik, ist die Wahnsinnsstimme von Lisa Lystam, die stimmlich irgendwo zwischen Janis Joplin und Grace Slick (JEFFERSON AIRPLANE) liegt und genau weiß, wie sie ihre Stimme einzusetzen hat. Stellvertretend dafür steht 'Bright In My Mind': was für eine Achterbahnfahrt der Gefühle! Wer wissen möchte, was man darunter versteht, daß ein*e Sänger*in einen Song veredelt, der höre sich Lisa Lystam an. Aber die Musiker liefern ihr auch die besten Vorlagen, um glänzen zu können. Da spielt es gar keine Rolle, ob der Song seine Wurzeln im straighten Rhythm & Blues hat wie in 'Love Will Come Easy', auf "Pearl", dem erfolgreichsten Album von Janis Joplin, hätte stehen können ('Rubble & Débris') oder sich am Debüt von MONTROSE orientiert ('Too Many Times'). Der Vergeich mit Grace Slick kam mir übrigens beim Anhören des Titelsongs und 'Bright In My Mind'. Toll übrigens dieser kurze Ennio Morricone-Gedächtnispart in letzterem. Fantastisch auch, wie HEAVY FEATHER es schaffen, wenig offensichtliche CREAM-Einflüsse in ihr Songwriting zu integrieren. Auch wenn Matte Gustafsson kein zweiter Eric Clapton ist, so schüttelt er sich doch wirklich coole Soli aus dem Ärmel. Den erwähnten Soul findet man übrigens in den schönen Balladen 'Let It Shine' und 'Asking In Need' (hier mit JEFFERSON AIRPLANE-Parts kombiniert). Zum guten Sound des Albums (den Spirit betreffend) dürfte beigetragen haben, dass Produzent Erik Petersson Equipment aus dem Fundus von PINK FLOYD benutzt hat. Die Aufnahme selbst klingt so, als ob der Live-Sound von HEAVY FEATHER eingefangen wurde. Auf zusätzliche Gitarrenspuren, vor allem während der Soli, hat man komplett verzichtet, was das Album sehr natürlich klingen lässt. Und weil auch das Artwork den Zeitgeist der späten 60er und frühen 70er perfekt wiedergibt, kann hier der Daumen nur nach oben gehen.

Man kann sich nur immer wieder wundern, wo die Schweden all diese tollen Bands hernehmen. Ganz egal, ob Metal, Death Metal, Progressive oder eben auch Classic Rock. HEAVY FEATHER sind für mich jetzt schon der Newcomer des Jahres und dürften nur schwer zu toppen sein. Metal gibt's hier zwar keinen, dafür aber authentischen Rock, der mit Hooks nur so um sich wirft. Und wieder ein "Sorry" an die BLUES PILLS. Ihr müsst euch - trotz aller unbestreitbarer Klasse - beim nächsten Album gewaltig strecken, um die Lücke auch nur annähernd wieder schließen zu können.



Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. 30 Days
02. Bright in My Mind
03. Love Will Come Easy
04. Mountain of Sugar
05. Too Many Times
06. Let It Shine
07. Come We Can Go
08. Sometimes I Feel
09. Lovely Lovely Lovely
10. Rubble & Débris
11. Asking in Need
Band Website: www.facebook.com/HeavyFeatherRock
Medium: CD
Spieldauer: 37:07 Minuten
VÖ: 09.04.2021

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