Cats In Space - Atlantis

Review von baarikärpänen vom 07.12.2020 (5551 mal gelesen)
Cats In Space - Atlantis Vorab darf gleich mal Entwarnung gegeben werden. Auch wenn der Name es vermuten lässt, haben wir es hier nicht mit einer Kollaboration von Andrew Lloyd Webber und George Lucas zu tun, in der die Webber'schen Kätzchen mit Han Solo durch die Weiten des Universums segeln (man verzeihe mir den Joke). Obwohl die Briten mit "Atlantis" bereits ihr viertes Studioalbum veröffentlichen, ist der Name bisher komplett an mir vorbeigegangen. Was für eine Schande. Nicht nur, dass alle Mitglieder der Band sozusagen "alte Hasen" im Business sind, die unter anderem schon bei ASIA, IAN GILLAN, SWEET, BAD COMPANY, MIKE OLDFIELD oder ROBIN TROWER aktiv waren, nein, was diese sechs Herren hier abliefern, dürfte das Beste sein, was in dieser Richtung im Jahre 2020 das Licht der Welt erblickt hat. Das will schon was heißen, denn trotz Corona waren die letzten 12 Monate nicht gerade arm an hochklassigen Veröffentlichungen.

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Die Geschichte der CATS IN SPACE begann 2015. Die Band startete mit dem Ziel, das Beste des Classic Rock der 70er und 80er zu vereinen, also auch Glam Rock. Wenn man sich so durch die darauf spezialisierte Fachpresse liest, schien das Konzept schon bestens mit den ersten beiden Scheiben zu funktionieren. Denn die Reaktionen waren durchweg positiv und die Aufritte bestens besucht. Nicht umsonst knackten CATS IN SPACE mit beiden Scheiben die Top 30 der UK Charts. 2019 dann das bisher erfolgreichste Album "Daytrip To Narnia". Während der Tour verließ Sänger Paul Manzi die Band und mit Mark Pascall wurde ein neuer Sänger für den zweiten Teil der Tour verpflichtet, der aber nach dem Ende der Tour seinen Hut nahm. Mittlerweile steht mit Damien Edwards, der Teil des "War Of The Worlds"-Musicals war, ein neuer Mann hinterm Mikro. Und mit Damien Edwards haben CATS IN SPACE einen absoluten Glücksgriff gelandet, denn egal welche musikalischen Vorlagen die Band ihm liefert, der Mann veredelt alles.

Das Label verortet "Atlantis" im Pomprock, was immer man uns damit auch sagen möchte. Klar, einige Arrangements klingen schon recht pompös. Am Ende des Tages sollte man das Album aber eher unter dem Oberbegriff AOR einordnen. Oder besser gesagt, auf der Verpackung dieser Wundertüte steht AOR, innen drin sind ganz viele kleine Bausteine versteckt, die von CATS IN SPACE zu einem schlüssigen Ganzen zusammengesetzt werden. Da sollte es nicht verwundern, dass "Atlantis" eines bestimmt nicht geworden ist: langweilig. Das eröffnende Intro/Instrumental 'Dive!' mit seinen Blubbergeräuschen, Seemöwen, U-Boot-Alarm passt zum Albumtitel und fährt nach einigen Sekunden schon ein SAXON-Gedächtnisriff auf. Dieses Riff wird dann auch beim direkt anschließenden 'Spaceship Superstar' übernommen und dazu noch mit ASIA-Sounds veredelt. Dazu noch ein Chorus, der sofort ins Ohr geht. Besser kann man einen Opener nicht wählen. Gleich danach folgt mit 'Revolution' der härteste Song der Scheibe, Melodic Metal vom feinsten, der dazu noch mit einem äußerst kritischen Text aufwartet ("There's a monkey in the White House..."). Schon hier, wie auch im weiteren Verlauf von "Atlantis", die perfekt sitzenden mehrstimmigen Background-Chöre, die mehr als einmal an QUEEN erinnern. 'Sunday Best' ist Radiofutter und klingt wie eine Mischung aus BEATLES und ELO. Jeff Lynne hätte seinen Spaß an dem Song. Geschmack beweisen die CATS mit 'Listen To The Radio', wenn sie die Leichtigkeit von VAN HALEN in ihrer OU812-Phase mit dem Melodieverständnis von TRIUMPH kombinieren. Für mich der spannendste Track auf "Atlantis" ist 'I Fell Out Of Love With Rock 'N' Roll'. Gilt für die Musik und auch die Lyrics. Musikalisch eine Mischung aus Jim Steinman (MEAT LOAF), QUEEN (vor allem die Brian May-Gedächtnisgitarre), verarbeitet man im Text die aufkommende Grunge-Welle, als jeder vorher erfolgreiche Rocker einen Horst aus sich gemacht hat, nur um was vom Kuchen abzubekommen ("Then they all became clones, to Seattles new way, dowdy and tuneless with no good to say..."). Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Reality-TV ist "Marionettes" geworden ("Don't forget to be a marionette!"), das auch STYX in ihrer Hochzeit nicht besser hinbekommen hätten. Spannend auch die kurze an PINK FLOYD erinnernde Sequenz in der Mitte des Stückes, während man gegen Ende des Songs die Geschwindigkeit nochmals kräftig anzieht. 'Queen Of The Neverland' klingt dann wieder wie eine Mischung aus SAXON und QUEEN. Ein feines Näschen beweisen CATS IN SPACE auf 'Magic Lovin' Feelin'. Die Jungs kennen sich wirklich gut in der Rock-History aus. Der Song klingt wie eine auf AOR frisierte Version von 'Hey You' der mittlerweile etwas in Vergessenheit geratenen Kanadier BACHMAN-TURNER OVERDRIVE (warum werden die nicht öfter erwähnt, wenn man von Proto-Metal spricht?). Kaum gefreut, folgt mit 'Can't Wait Till Tomorrow' schon die nächste Überraschung. Denn wer hätte gedacht, dass auch die Softrocker von CHICAGO ihre Spuren im Sound der CATS hinterlassen hätten. 'Seasons Change' verbeugt sich dann vor der wohl unbestrittenen Klasse von ABBA, wenn es darum geht, einen Song zu schreiben, der sofort ins Ohr geht. Aber keine Sorge, CATS IN SPACE kombinieren das schon mit härteren Klängen, hier denen von ASIA. Das hat das Info des Labels wohl gemeint, als man von Pomp gesprochen hat. Einen perfekten Abschluss dieses starken Albums bietet der Titeltrack, der eine feine Mischung aus Musical, TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA und (mal wieder) QUEEN liefert und mit einem wirklich mächtigen Endpart aufwartet.

So langsam ist es für mich nicht mehr nachzuvollziehen, warum die auf Kommerz ausgerichtete englische Presse jede drittklassige Truppe als das nächste heiße Ding verkaufen will, während man echte Könner wie CATS IN SPACE größtenteils einfach übergeht. Klar, modern oder innovativ ist der Sound, den die CATS zelebrieren, nicht. Dafür aber einfach nur schön, weil alles Hand und Fuß hat und obendrein perfekt umgesetzt ist. Im Gegensatz zu THE DARKNESS, die ja ebenfalls ähnliche musikalische Einflüße verarbeitet haben, aber am Ende einfach zu gekünstelt und überdreht waren/sind, haben CATS IN SPACE deutlich die Nase vorn. Und genau deswegen gibt es auch eine Wertung, die ganz knapp an der Höchstpunktzahl kratzt. Für mich das Melodic/AOR-Album des Jahres.



Gesamtwertung: 9.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Dive!
02. Spaceship Superstar
03. Revolution
04. Sunday Best
05. Listen To The Radio
06. I Fell Out Of Love With Rock 'N' Roll
07. Marionettes
08. Queen Of The Neverland
09. Magic Lovin' Feelin'
10. Can't Wait Till Tomorrow
11. Seasons Change
12. Atlantis
Band Website: www.facebook.com/catsinspaceband
Medium: CD
Spieldauer: 46:58 Minuten
VÖ: 27.11.2020

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