Interview mit Leo, Alex und Erik von Words Of Farewell

Ein Interview von Baterista vom 14.06.2014 (7347 mal gelesen)
Gleich 3 Bandmitglieder haben sich für die Antworten Zeit genommen! Nochmals vielen Dank und viel Spaß beim Lesen.

Hallo und danke, dass ihr euch Zeit für uns nehmt. Und natürlich herzlichen Glückwunsch zum Release eures Albums "The Black Wild Yonder". Seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis?

Leo: Hi Manuela, besten Dank für die Glückwünsche! Wir sind natürlich glücklich, das Ding fertig zu haben und freuen uns tierisch, dass wir jetzt unser zweites Album in den Händen halten. Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall sehen lassen und das Feedback, das wir von vielen Seiten bekommen, ebenfalls! Aber nun heißt es natürlich nach vorne schauen und weitermachen.

Seit eurem ersten Output “Immersion” ist ja einige Zeit verstrichen. Wie ist es für euch gelaufen und was hat sich für euch geändert mit dem neuen Album?

Leo: Es ist viel passiert. Wir hatten zwei Besetzungswechsel, haben eine Menge neue Leute kennengelernt, einige coole größere Konzerte und Shows gespielt, uns einen neuen Proberaum gesucht, viel Zeit mit Songwriting verbracht und versucht, unseren Stil weiter auszuarbeiten. Das heißt konkret, dass das Songwriting offener geworden ist (beispielsweise stammen zwei Songs auf dem neuen Album von unserem neuen Drummer Tristan), und dass wir versucht haben, das Zusammenspiel und den Sound organischer zu gestalten. Das neue Album ist in unseren Augen detailverliebter und erwachsener geworden. Alex hat sich mit seiner Vocal-Performance nochmals stark gesteigert, zudem haben wir zusätzlich mit unserem neuen Bassisten ein zweites Goldkehlchen für die Backing Vocals verpflichtet. Außerdem haben wir einiges von dem, was an Feedback und Kritik zum letzten Album geäußert wurde, mit einfließen lassen. Die einzelnen Songs haben einen stärkeren Wiedererkennungswert und unterscheiden sich mehr voneinander, trotzdem klingt das Album kohärent und stimmig.

Erik: "The Black Wild Yonder" ist im Großen und Ganzen ein Stück aggressiver als "Immersion", bleibt dabei aber ebenso träumerisch und melodisch. Ich habe beim Schreiben der Songs bewusst darauf geachtet, nicht nur die simple Dur-Moll-Harmonik zu bedienen, sondern an passenden Stellen auch ungewöhnliche Harmonien einzubinden, um den klanglichen Horizont zu erweitern. Außerdem hat diesmal auch unser neuer Trommler Tristan zwei Songs beigesteuert, und insgesamt haben wir gemeinsam weitaus mehr an allen Songs gearbeitet bevor wir damit ins Studio gegangen sind.

Der Titel eures Album „The Black Wild Yonder“ sowie auch die einzelnen Songtitel kommen durchaus etwas kryptisch daher. Was ist die Message dahinter, sofern es eine gibt?

Alex: Etwas kryptisch finde ich in der Regel nicht übel, das merke ich kurz zu meiner Verteidigung an, da sich der Zuhörer - oder Leser in diesem Fall - dann näher mit der Materie auseinander setzen muss. Das ist also ein gewolltes Stilmittel. Auf der anderen Seite habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich viele mit meinen Aussagen ohnehin nicht auseinandersetzen und diesen Leuten muss ich dann mit unpräzisen und schwammigen, aber cool klingenden Titeln keinen Knochen hinwerfen. Die ersten sieben Songs des Albums stehen in einem gewissen Zusammenhang, allerdings ist dies nicht per se intendiert gewesen, da ich mich ungerne irgendwelchen externen Zwängen unterwerfe. Im Grunde genommen geht es um verschiedene Bereiche des Menschseins. Man könnte sagen, das ist der lyrische, rote Faden, welcher sich durch das Album zieht. Der erste Titel "Continuum Shift" etwa beschäftigt sich mit der Frage nach der intrinsischen Motivation eines Menschen, seine Umwelt zu verändern, hoffentlich zum Positiven, und warum es eben Menschen gibt, die nicht damit aufhören und sich trotz andauernder Rückschläge immer wieder aufraffen, zusammenreißen und weiter machen um etwas zu bewegen, immer in der Hoffnung einen grundlegenden Wechsel zu vollziehen. Ein anderer Text, in diesem Falle "Kingdoms of Rain", stellt eine Objektivierung der menschlichen Emotionen im Zwischenmenschlichen Spektrum dar. Ganz simpel ausgedrückt geht es um den Umstand, dass jede Art von zwischenmenschlicher Beziehung von externen und von uns nicht beeinflussbaren Faktoren dominiert wird, was eben dazu führen kann, das diese Beziehungen ein Ende nehmen, und dass eben dies kein Grund zum Weinen und traurig Sein ist, sondern ein ganz normaler Teil des Lebens und wir besser dran sind, ihn als solchen zu akzeptieren. Die anderen Texte bewegen sich in ähnlichen Themengebieten. Die letzten 3 Songs des Albums sind dagegen einfach Fantasie-Texte, da wir alle große Fans von Sci-Fi sind und gelegentlich auch mal etwas abgehobene Sachen mögen. Da geht es dann um schwarze Löcher, riesige Dyson Spheres und das Ende der Welt.

Mit dem neuen Album hat auch mehr Bombast in eure Songs Einzug gehalten, zumindest ist das mein Eindruck. War das von Anfang an der Plan oder mehr eine natürliche Entwicklung?

Leo: Ich fasse "Bombast" jetzt mal als "opulent" auf. Konkret geplant haben wir das nicht, aber man könnte es vielleicht so formulieren: in unseren "Kinderschuhen" haben wir noch versucht, alles was geht in jeden einzelnen Song zu packen, dadurch wurde die Musik oft überladen und teilweise eher hektisch. Auf dem neuen Album holen wir ab und zu auch einfach mal die Eier raus und gehen etwas entspannter, zeitgleich aber auch gezielter und bewusster vor. Das heißt nicht, dass wir die Fülle der Musik reduzieren - ganz im Gegenteil. Die Musik auf dem neuen Album lebt auch von den vielen kleinen Feinheiten, die die bestehenden - teilweise durchaus opulenten - Parts ergänzen und in unseren Augen verschönern. Beispiel wären hierfür im Main Theme des Songs "Continuum Shift" oder in den Bridges der Songs "In Kingdoms of Rain", "Temporary Loss of Reason" und "Luminary Ghost" zu finden. Wenn das dann als "bombastisch" beschrieben wird, ist das umso besser für uns!

Wie ist das aktuelle Album entstanden? Wie weit sind die Songs vor dem Studio bereits fertig arrangiert, und wie läuft das bei euch ab?

Leo: Songs erst im Studio zu schreiben können sich glaube ich nur Bands leisten, die nicht auf die Finanzen achten müssen. Für uns wäre es quasi aus rein finanzieller Sicht gar nicht möglich, unvorbereitet und mit unfertigen Songs ins Studio zu gehen. Der Songwritingprozess ist zum Zeitpunkt des Studioaufenthalts auf jeden Fall abgeschlossen, eventuell werden aber noch kleinere Änderungen vorgenommen oder Kleinigkeiten ergänzt, z.B. bezüglich der Instrumentierung, der Sounds oder der Vocal-Lines. An der jetzigen Scheibe haben andere und mehr Komponisten mitgewirkt als auf "Immersion". Seit dem ersten Album hat sich wie gesagt viel getan: die Besetzungswechsel haben sich durchaus positiv auf das Songwriting ausgewirkt. Zwar leistet nach wie vor unser Gitarrist Erik den größten Teil des Songwritings, auf "The Black Wild Yonder" sind aber auch die bereits erwähnten zwei Songs unseres Schlagzeugers Tristan. Dem Sound tut des weiteren sicherlich gut, dass wir in unserem Bassisten einen zweiten starken Sänger dazugewonnen haben. Generell könnte man sagen, dass die Art des Songwritings "demokratischer" geworden ist. Bevor wir einen Song "absegnen", muss in der Band ein allgemeiner Konsens vorhanden sein - wir wollen schließlich nicht, dass von uns jemand keinen Bock auf die eigene Mucke hat.

Sind Touraktivitäten oder Festivals geplant, um die neue Scheibe zu promoten?

Leo: Eine konkrete Tour steht momentan nicht ins Haus, ist aber in Planung. Bisher haben wir uns auf einzelne Konzerte und Auftritte auf Festivals (z.B. Dong Open Air und RockHarz Open Air) beschränkt, dies soll sich aber wenn möglich in Zukunft ändern. Wir hoffen, wenn die Festivalsaison Ende des Sommers vorbei ist, eine kleine Tour zu spielen, bei der wir mal in etwas unbekanntere Gefilde aufbrechen.

Ihr seid dabei, euch stilistisch und insgesamt zu etablieren. Ist es ein harter Job, sich seinen Status erarbeiten zu müssen bzw. kontinuierlich weiter daran zu arbeiten?

Alex: Das ist allerdings ein hartes Stück Arbeit, gerade in unserem Genre. Im Moment muss man halt Hardcore (oder Vergleichbares) machen, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, da ist es mit unserer Musik vielleicht etwas schwer. Dazu kommt, dass wir schon immer für die einen zu hart und für die anderen zu soft waren und gerade ein Level erreicht haben, wo wir für die kleinen Bühnen zu groß und für die großen zu klein sind, was das Organisieren von Konzerten etwas tricky macht. Es ist natürlich etwas deprimierend, wenn man 50 Läden oder Festivalveranstalter wegen eines Konzerts anschreibt und keine Antworten bekommt, aber dauernd Fans aus der ganzen Welt fragen, ob man nicht mal bei Ihnen in der Gegend spielen kann. Wir würden gerne um die ganze Welt reisen um Konzerte zu spielen, wie wohl jede Band, allerdings haben wir nicht die finanziellen Mittel für Buy-Ins oder zum Selbstkostenpreis vor 10 Leuten in Wien zu spielen. Sich im Internet zu etablieren ist ähnlich schwierig. Um bei den großen Plattformen wie Blabbermouth oder Metal Sucks zu landen sind wir auch noch zu klein, daher fällt es uns schwer eine große Masse an Leuten zu erreichen. Das Überangebot an guter Musik für Genre-Freunde, das es vielleicht nicht unbedingt in Deutschland, aber durchaus international gibt - hier ist Prog Death oder Melo Death ja eher spärlich vertreten - macht das auch nicht gerade einfacher. Aber wir lassen uns nicht demotivieren, denn wenn man sieht, dass gerade wieder ein paar Bestellungen aus Japan, Indien oder den USA im Emailfach liegen, wird einem immer warm ums Herz.

Welchen Jobs geht ihr im normalen Leben nach und wäre es euer Wunsch, eines Tages von der Musik leben zu können?

Alex: Im Moment sind wir alle Studenten mit diversen Nebenjobs. Einige von uns geben Musikunterricht in Schulen oder Musikschulen und arbeiten am Musikinstitut der Uni Münster. Andere von uns arbeiten in Nachhilfe-Instituten oder haben andere Jobs. Was die Zukunft angeht, so sind wir sicherlich alle realistisch genug, um zu wissen, dass sowas heute einfach utopisch ist. Wir hatten, als wir als Jugendliche angefangen haben, die Vorstellung, dass wir das einmal erreichen können, aber im Zeitalter von Raubkopien und Überangebot ist diese mittlerweile eher der Erkenntnis gewichen, dass man schon ein unmenschliches Maß an Glück braucht, damit das funktioniert, egal wie sehr man sich den Arsch aufreißt. Wir würden sicherlich gerne ein paar Jahre als Musiker leben wollen, allerdings nicht ohne vorher unsere Studienausbildung abgeschlossen zu haben, damit man im Notfall einen Backup-Plan hat, falls die ganze Geschichte - aus welchen Gründen auch immer - nicht läuft wie man will.

Auf welche Frage hast du bisher immer gewartet, aber sie wurde dir nie gestellt? Natürlich darfst du sie auch sofort beantworten!

Alex: Interviewer: "Hey ich hab da noch einen Konzerslot in der Stadt X frei: Wollt ihr nicht bei uns spielen, gibt auch Gage, Spritgeld und Catering?" Das wäre eine Frage, die ich schon immer gestellt bekommen wollte und ich würde sowas von ja sagen!

Leo: Naaaja, also es gab schon ein paar Leute, die uns genau so angesprochen haben - nur halt eher selten. Was es noch nicht gab: "Hey, wir planen da eine Welttournee von Band XY. Wollt ihr nicht mitfahren? Gibt auch Gage, Transportkostenerstattung und Catering!" Ja, das wär' mal was! (lacht)

Welche Wünsche hast du für die Zukunft – für dich selbst und/oder die Band generell?

Alex: Also ich denke ich spreche da mal eher für die Allgemeinheit. Wir würden gerne mal eine kleine Support-Tour für eine Szenegröße spielen und auf jeden Fall viel mehr Festivals! Außerdem würden wir gerne mal ein paar Endorsements an Land ziehen, da wir als Studenten leider meistens kein Geld für das beste Equipment haben, dann könnten wir sicherlich noch die eine oder andere Raffinesse in unsere Kompositionen einbauen.

Die letzten Worte gehören selbstverständlich euch…

Leo: Dann bedanken wir uns zunächst natürlich für das Interview und bei den Lesern für das Interesse! Ich möchte an den Schluss einen Appell an alle Musikfreunde stellen: Gebt euch einen Ruck und löst euch zwischenzeitig auch mal von den großen, bekannten Bands und sperrt die Lauscher auf! Schaut euch kleine, unbekanntere Bands an! Manchmal stößt man auf echte Juwelen, uns es ist eben nicht so, dass diese dann sowieso irgendwann groß werden, wenn sie nur gut genug sind. So ist das leider heutzutage nur noch in den wenigstens Fällen. Und dabei spreche ich mitnichten von uns, sondern von all den jungen Bands, die ihre Energie in Konzerte, Produktionen und Innovationen stecken, aber leider nicht wahrgenommen werden, da sie noch nicht so etabliert sind. Gerade bei den kleineren und neueren Bands kann man viel Feuer und Flamme finden.

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