Interview mit Dennis von Eisheilig

Ein Interview von Lestat vom 23.10.2009 (5492 mal gelesen)
Nach der Veröffentlichung der neuen EISHEILIG-Scheibe "Imperium" hat sich Dennis einigen Fragen zu der CD gestellt, auch Hintergründiges wie Politisches in der schwarzen Szene und wie er zu Religion steht.

Hi! Wie geht's?

Dennis: Hallo! Uns geht’s gut! Wir sind froh „Imperium“ doch noch auf den Weg gebracht zu haben. Es war zwischendurch mehr als knapp.

Genau, die habt ihr vor kurzem heraus gebracht. Wie sind die Reaktionen darauf bisher gewesen? Seid ihr zufrieden?

Dennis: Die Reaktionen sind sehr geteilt. Das war bei uns aber schon immer so. Entweder die Leute stehen auf unsere Sachen oder sie hassen es. Bei „Imperium“ war mir schon im Vorfeld klar, dass die Texte nicht überall Anklang finden würden. Dazu ist es in seiner politischen Aussage zu weit links und relativ radikal. Es gab aber auch einige sehr gute Resonanzen.

Wie lief das Songwriting bzw. der Produktionsprozess? Gab es größere Probleme? Schließlich habt ihr das erste Mal komplett in Eigenregie produziert...

Dennis: Die ganze Produktion war ein einziges Problem. Ein Zeitproblem... Es war schon sehr aufreibend, in 3 Monaten aus groben Ideen ganze Songs werden zu lassen, sie aufzunehmen und zu produzieren, etc. Wir hatten zwar 2 Jahre Zeit, aber wir haben eine längere Pause gemacht bis wir uns dann letzten April ans Werk gemacht haben. Es war halt schon ein sehr enger Zeittunnel, weil der endgültige VÖ Termin der Plattenfirma schon früh stand. Parallel mussten wir in der Zeit natürlich auch Fotos, Cover und Webauftritt koordinieren und haben eben auch alle noch unsere normalen Jobs… das ging schon hart an die Substanz.

Was habt ihr in den zwei Jahren gemacht? Wie kam es zu der Pause?

Dennis: Es war keine richtige Pause, sondern eben nur was, das das Schreiben neuer Songs betrifft. Wir haben in der Zeit einige Gigs gespielt.

Eure Webpage sehe ich auch als sehr gelungen an - wer kam auf die Idee bzw. wer hat sie verwirklicht?

Dennis: Die Idee stammt von uns und die, wie wir auch finden, sehr gelungene Umsetzung hat Ralf Braun für uns gemacht. Wir kennen ihn schon länger, weil er Schlagzeuger der Band CRYSTAL CROW ist, mit denen wir schon einige Gigs gespielt haben. Ralf hat für Artwork und Design ein großes Talent.

Das Album ist deutlich düsterer als sein Vorgänger "Auf dem Weg in deine Welt". Wie kam es zu der Entwicklung?

Dennis: Wir haben ja nun schon 5 Alben veröffentlicht, und ich glaube „Auf dem Weg..“ fällt vom Härtegrad am ehesten raus. Soll sagen, dass „Imperium“ musikalisch einfach wieder mehr das ist was die Leute vielleicht mit Eisheilig in Verbindung bringen. Oft wird Bands gnadenloses Kalkül vorgeworfen, warum sie was für Wandlungen durch machen. Ich kann da aber jeden Kritiker beruhigen: Unsere Alben sind einfach immer Bestandsaufnahmen unserer aktuellen Ideen.

Bisher gab es, zumindest bei den älteren Alben, immer religiöse Elemente. Bei der "Imperium" hab zumindest ich keine feststellen können. Wie kommt's?

Dennis: Wir machen die Band jetzt schon ne ganze Weile, und die Themen die mich heute interessieren sind andere als noch vor 10 Jahren. Ich kann nicht immer meinem eigenen Klischee entsprechen. Dazu ist mir die Zeit, die ich hier verbringen kann, zu kurz. Natürlich bekommst Du als Band immer wieder schöne Anregungen von Leuten aus dem Geschäft, die dir sagen wie du was am besten machst, und wie du dich am besten verkaufst.. Darum geht es mir heute nicht und es ist mir auch noch nie darum gegangen.

Wie ist eure Einstellung zu Religion?

Dennis: Wenn man sieht wie viel Schaden Religion der Menschheit schon zugefügt hat, sollte man sich vielleicht die Frage stellen, ob sie überhaupt einen Sinn macht. Wer Religion, egal welcher Art, braucht, der soll sie natürlich ausleben dürfen. Ich ertrage aber weder die unglaublich selbstgerechte, und in meinen Augen, gefährliche Figur des Papstes, noch die Tatsache, dass auch hierzulande patente Arbeitnehmer immer noch einer Konfession angehören müssen, wenn sie einen Job in einem Altenheim der Diakonie annehmen wollen. Was für ein spalterischer Wahnsinn… Maria und Josef hätten vermutlich von diesen Hardlinern direkt die Tür vor den Kopf geknallt bekommen, als sie nach Obdach gefragt haben… Von dem Kondomverbot, was der Papst in einigen 3.Weltländern erlassen hat, will ich jetzt gar nicht anfangen ... Da gibt’s richtig viele Aidstote. Amen. Millionen junger Christen tanzen den Papstdance und fallen vor Begeisterung in Ohnmacht wenn der Mann mit den finsteren Augenringen in einem Panzerglasmobil auftaucht ... geht’s noch? Kirchen sollten sich radikal erneuern und ihren gesamten Vorstand in den Altersruhestand schicken, sonst holt ihr eigener Mief sie früher ein als es ihnen lieb ist. Leider ist Selbstreflexion aber wohl noch nicht die Stärke von Leuten gewesen, die seit Jahrhunderten einen Allmachtsanspruch haben.

Die Texte malen doch ein eher düsteres Bild der Zukunft - denkt ihr, es geht alles den Bach runter?

Dennis: Ich hoffe nicht. Die Menschheit wäre in der glücklichen Lage, Ihre Zukunft zu sichern und aufgrund einer gewissen technischen Intelligenz dafür zu sorgen, dass sie noch lange Bewohner dieses Planeten sein kann und darf. Wir brauchen mehr Widerstand gegen Dinge, die uns bestimmen und die, allseits bekannt, nicht gut sein können. Deutschland hat sich mit der letzten Bundestagswahl für Atomkraft, Onlinespionage und gegen den Mindestlohn entschieden. Viele Umfragen sagen aber, dass die meisten Deutschen das Gegenteil davon wollen. Wie geht das zusammen? Meiner Ansicht nach leidet das System an der Selbstwahrnehmung der politischen Handlungsfähigkeit jedes Einzelnen. Ich glaube die Leute, die wieder mal nicht gewählt haben, müssen dringend beim nächsten Mal den Hintern hoch bekommen. Wir müssen unsere Gedanken dafür schärfen, was hier genau mit uns passiert und wie die Zusammenhänge sind. Zugegeben fällt das vielen zwischen Arbeitsplatzverlustangst und dem horrenden Mangel an bezahlbaren Kindertagesstätten mit Sicherheit nicht leicht. Es ist aber dringend erforderlich. Unser Leben spielt sich zu sehr zwischen Media Markt, neuen Autos und Mc Donalds ab….

Es gibt in der schwarzen Szene immer wieder Probleme damit, dass der rechte Rand der Gesellschaft versucht Einfluss zu nehmen bzw. Teil der Szene zu werden. Zuletzt gab es Diskussionen auf bzw. nach dem diesjährigen WGT auf Grund diverser vom Veranstalter verwendeter Symbole und dem wieder mal durch einen Stand anwesenden Verlag/Label VAWS, dem eine gewissen Nähe zum rechten Spektrum nachgesagt wird. Andererseits betonen Teile der Szene immer, wie unpolitisch diese sei. Wie steht ihr dazu? Kann sich eine Szene der Politik entsagen? Und wäre das überhaupt gut? Zumal euer Album ja doch in gewissem Maße politisch ist.

Dennis: Es ist natürlich immer sehr profillos zu sagen „wir sind nicht politisch..“ so ein hirnloser Mist! Das ist der Nährboden für jede politische Ausrichtung, und sei sie noch so rechts. Ein sehr dummes Totschlagargument! Menschliches Zusammenleben ist Politik, und in diversen Szene-Gruppierungen geht es doch auch um Zusammengehörigkeit aufgrund bestimmter innerer und äußerer Parallelen. Ich glaube, dass viele Discotheken und Veranstalter sich dieses angebliche „unpolitsch-sein“ zunutze machen um eben keine potenzielle Kundschaft auszuschließen. Wenn unpolitisch bedeutet, dass man einfach nur zu geldgeil ist, um Nazis auszuschließen, dann macht man sich automatisch zu Komplizen und damit wird es politisch! Ich sag es mal so: In der Qualität linker und rechter Gewalt gibt es einen Unterschied: radikale Linke zünden vielleicht leere Autos und leere Geschäfte an, radikale Rechte setzen von Ausländern bewohnte Häuser in Brand mit dem Ziel die Bewohner „auszulöschen“. Das sollte man auch als „nicht-politischer“ Mensch nie vergessen und es müsste glasklar sein, wer von allen politischen Ausrichtungen definitiv keinen Eintritt bekommt! Ich würde mir da innerhalb der Musik-Szenen definitiv klarere Abgrenzung wünschen! Das Spielchen mit der Duldung von rechten Fans, Populisten und Bands ist ekelhaft.

Fühlt ihr euch überhaupt einer Szene zugehörig? Wenn ja, welcher?

Dennis: Das ist schwierig. Die Szenen verschmelzen mehr und mehr. Ich habe noch bis vor wenigen Jahren sehr regelmäßig Clubs wie den „Zwischenfall“ zu Bochum besucht, der wohl deutschlandweit einer der ältesten klassischen schwarze-Szene Läden war und ist. Alle Anwesenden waren eines gemeinsam: extrem schräg ;), das hatte was! Heute ist es mehr so eine Art Mischkultur. Bands wie MANSON haben dazu beigetragen das sich z.B. auch viele Metalfans in solche Läden verirren. Das ist nicht schlecht, nur gehören wir mit unserem Musikstil deshalb keiner Szene mehr so 100%ig an. Oder eben verschiedenen Szenen ein bisschen.

Kleiner Themenwechsel in seichtere Gewässer: Ihr hattet 2007 einen Line-up-wechsel. Hat sich Markus gut in die Band eingelebt?

Dennis: Ja absolut! Er ist schon lange fester Bestandteil der Band und inzwischen auch ein sehr guter Freund geworden. Er ist ein 100%iger, sehr engagierter und selbstloser Mitstreiter bei Eisheilig. Er war definitiv der richtige Mann für uns am Bass.

Bisher sind auf eurer Homepage kaum Konzerte bekannt gegeben - Wie steht es um die Tourplanungen?

Dennis: Es ist verdammt schwer geworden, vernünftige Gigs an Land zu ziehen. Das Geld fehlt, die ganz großen Firmen und Bands mal ausgenommen, in der Musikbranche an allen Ecken und Enden. Das hat hauptsächlich den Hintergrund, dass Plattenfirmen aufgrund der enormen Verluste durch nicht bezahlte Downloads nichts mehr verkauft bekommen. Das führt zu einem chronischen Geldmangel und trifft besonders kleinere bis mittelgroße Labels und Bands knüppelhart und entzieht ihnen zunehmend die Existenzgrundlage. Große Tourneen kosten extrem viel Geld, was kaum mehr eine Band zur Verfügung hat, weil es nirgendwo mehr verdient wird. Wir werden natürlich trotzdem versuchen, wo es geht, live zu spielen. Eine groß angelegte Tour ist aber erstmal nicht drin.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören euch!

Dennis: Ich danke Euch & wünsche alles Gute für das Magazin!

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