Interview mit Herman Li von Dragonforce

Ein Interview von Elvis vom 09.03.2009 (12016 mal gelesen)
Vor dem Konzert in der Kölner Essigfabrik am 20. Februar 2009 stand Herman Li von DRAGONFORCE uns Rede und Antwort zu allen möglichen Themen. Lest selbst, was der sympathische Gitarrist und Songschreiber über heimliche musikalische Leidenschaften, Downloads, Wiederveröffentlichungen, das Musikgeschäft und Auszeichnungen als solche sowie die Zukunft von DRAGONFORCE denkt und warum er es für besonders wichtig hält, sich beständig weiterzuentwickeln.

  Hallo Herman! Zunächst einmal, wie geht’s Dir?

Herman Li:   Danke, mir geht’s gut.

  Wie läuft die Tour bislang?

Herman Li:   Oh, wirklich gut, wir haben ja schon lange keine Headliner-Tour in Europa mehr gespielt. Diesmal haben wir einige Städte im Tourkalender, in denen wir bislang noch nie gespielt haben. Wir haben viel Zeit mit Tourneen überall auf der Welt verbracht, aber aus irgendwelchen Gründen haben wir bislang gar nicht besonders viele Headliner-Touren in Europa gemacht.

  Habt ihr vor dieser Tour schon mal eine Headliner-Tour in Deutschland gespielt?

Herman Li:   Ja, haben wir – es ist schon eine Weile her, aber das war auch die einzige bislang. In Amerika haben wir, glaube ich, bislang schon fünf Headliner-Touren absolviert.

  Hatte das mit dem Erfolg von "Guitar Hero III" zu tun?

Herman Li:   Nicht wirklich, denke ich. "Guitar Hero III" kam sogar erst danach raus. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon drei Tourneen dort gemacht und haben dann zwei danach gespielt, insgesamt also fünf. Die Leute fragen immer nach "Guitar Hero III" und natürlich macht das schon einen Unterschied. Aber das ist alles erst passiert, nachdem die „Inhuman Rampage“-Tour bereits beendet war.

  Wie kommt Ihr mit TURISAS als Support zurecht?

Herman Li:   Ausgezeichnet! Wir touren ja jetzt schon ziemlich lange zusammen, bis auf Australien waren sie überall bei der "Ultra Beatdown"-Tour dabei.

  Hattet Ihr einen speziellen Grund, warum Ihr grade sie für den Support-Slot ausgewählt habt?

Herman Li:   Ich denke, das Gesamtpaket ist wirklich gut, sie passen einfach gut zu uns. Ich finde es etwas seltsam, dass viele Leute meinen, es seien zwei musikalische Richtungen, die nicht zueinander passen würden. Meiner Meinung nach passt das hervorragend. Es kommt doch auf den Unterhaltungswert an und auch welche Show die Band abliefert. TURISAS ist definitiv eine Party-Band und das sind wir auch. Von daher passt’s doch! Letztlich will man schließlich verschiedene Richtungen hören – also ich würde mich bei einem Konzert wirklich langweilen, wenn ich drei Bands mit genau derselben Stilrichtung hören würde.

  Ihr gebt immer Videospiele als einen starken Einfluss an. Meistens hast Du dabei auch gesagt, dass Du am liebsten die Sachen aus den späten 80ern und frühen 90ern magst. Gibt’s dabei einen bestimmten Komponisten, den Du besonders magst?

Herman Li:   Also die Namen von Komponisten kenne ich jetzt nicht, aber üblicherweise mag ich besonders gerne japanische Spiele und damit auch japanische Komponisten. "Street Fighter II" zum Beispiel finde ich richtig cool, besonders die Musik beim Abspann.

  Ihr benutzt sogar ein ziemlich ähnliches Instrumentalstück am Ende der Show, richtig?

Herman Li:   Ja, wir haben da ein ähnliches Stück. Auf den verschiedenen Tourneen haben wir bislang diverse Arten von Songs am Ende benutzt, die von Videospielmusik inspiriert waren. Bei der Black Crusade Tour kürzlich haben wir das auch getan. Wir haben uns damit über die ganzen Bands lustig gemacht, die dieses typische neoklassische Intro benutzen, indem wir ein Videospiel-Intro benutzt haben. Deutschland war dabei das einzige Land, was uns dafür ausgebuht hat! (lacht) Vielleicht haben sie sich gedacht, dass wir diese Musik gar nicht mögen, dabei haben wir uns wirklich nur über die ganzen anderen Bands lustig gemacht. Du weißt schon, dieses klischeehafte neoklassische Intro... Warum benutzen die das alle?

  Bands wie z.B. auch MANOWAR…?

Herman Li:   Nicht MANOWAR… manche Bands eben.

  Ich weiß, dass ihr ansonsten alle möglichen musikalischen Einflüsse habt. Gibt’s dabei vielleicht einen speziellen Einfluss, den niemand von Euch erwarten würde? Hast Du selbst so was wie, sagen wir, heimliche musikalische Leidenschaften unter Deinen CDs zuhause?

Herman Li:   Ehrlich gesagt, ich denke nicht, dass irgendjemand von DRAGONFORCE sich dafür schämt, eine bestimmte Band zu mögen. Meiner Meinung nach macht’s keinen Unterschied, ob man nun SLAYER oder BRYAN ADAMS mag. Der einzige Unterschied ist der, dass jemand, der Dich dafür kritisiert, unreif ist und nicht mehr als eine Stilrichtung akzeptieren kann. Das ist aber wirklich deren Problem, wenn sie solche Dinge sagen wie (mit verstellter Stimme) „Verdammt, ich höre SLAYER, aber was ist das für eine Scheiße?“. Ehrlich, spiel doch mal jemand Unbedarften Musik wie diese vor (er grunzt einige Textzeilen) und er wird sagen „Was zum Teufel ist das denn für ein Krach? So ein Metalscheiß?“ Also, wir haben keine heimlichen Leidenschaften, von denen keiner wissen dürfte. Man sollte sich doch für die Musik, die man mag, nicht schämen! Manche Menschen haben natürlich Angst zu erzählen, was sie mögen und versuchen, möglichst nur Bands zu nennen, die besonders heavy sind, vielleicht tun sie das, um...

  …besonders hart zu wirken?

Herman Li:   Ja, und ansonsten sagen sie eben, das sei die Musik für Ihre Freundin.

  Na ja, manche sollten schon ein bisschen weniger engstirnig sein, oder?

Herman Li:   Richtig, ich finde, wenn wir uns nur eine Musikrichtung anhören würden, wären wir eine richtige Scheiß-Band. Man braucht alle möglichen Einflüsse.

  "Guitar Hero III" habe ich schon erwähnt. Es war ja weltweit ein großer Erfolg und hat euch besonders in den USA noch weiter vorangebracht. MÖTLEY CRÜE z.B. haben die erste Single ihrer aktuellen Platte "Saints Of Los Angeles" über das ähnlich geartete Spiel "Rock Band" veröffentlicht. Denkst Du, dass solche Videospiele ein geeigneter Weg sind, um Musik in Zukunft zu veröffentlichen?

Herman Li:   Ich erzähle einfach mal, was wir gemacht haben, was auch meine Meinung dazu widerspiegelt: wir wurden gebeten, das ganze "Ultra Beatdown"-Album als Download-Paket für "Guitar Hero III" zu veröffentlichen. Ich habe nur gesagt „Nein, das könnt ihr nicht! Ihr könnt 'Heroes Of Our Time' und ein paar der älteren Songs als Download-Paket bekommen, aber nicht das ganze Album.“ Wir versuchen nicht das Videospiel zu benutzen, um uns sagen zu können „Wow, jetzt werden wir richtig groß rauskommen!“ Einen derart großen Unterschied macht’s auch nicht. Ich meine, wir sind ja nicht die einzige Band im Spiel und 'Through The Fire And Flames' ist nicht der einzige Song. Es gibt so viele Bands in dem Spiel! Meiner Meinung nach ist es eine Möglichkeit, sich zu exponieren, um Leuten die verschiedenen Seiten des Metal zu zeigen. Nehmen wir Amerika – METALLICA oder AC/DC, jeder hat schon mal von diesen Bands gehört. Und wir zeigen wiederum dem Publikum etwas völlig anderes – genau deswegen war das Ganze auch so erfolgreich. (mit verstellter Stimme) „Verdammt, diese Musik habe ich noch nie gehört – wo zum Teufel habe ich die ganze Zeit gelebt?“ "Guitar Hero III" zeigt genau diese unterschiedlichen Spielarten – und das ist auch der Grund, warum sie dachten, wir sollten unser ganzes Album darüber veröffentlichen.

  Ihr würdet also nicht wie AEROSMITH oder METALLICA eine DRAGONFORCE-Version von z.B. "Guitar Hero" veröffentlichen?

Herman Li:   Na ja, sowas sehe ich momentan eher nicht kommen. Natürlich gibt’s eine Menge Anfragen wegen unserem Erfolg in den Staaten. Aber so sehe ich’s jedenfalls für den Augenblick nicht.

  Hinsichtlich Internet und Downloads im Allgemeinen – sind Raubkopien und illegale Downloads ein Problem für DRAGONFORCE? Denkst Du, so was beeinflusst Metal generell?

Herman Li:   Nun, ich denke es ist ein Problem, was alle betrifft. Zumindest in irgendeiner Hinsicht. Bezüglich der Auswirkungen – meiner Ansicht nach bedeutet beeinflussen immer sowohl im Guten als auch im Schlechten. Vielleicht gehen Deine Albumverkäufe runter oder auch nicht, weil viele Deine Band gar nicht kennen. Möglicherweise beeinflusst es auch das Live-Publikum. Auf alle möglichen Weisen – man kann es eigentlich nicht wirklich in Zahlen ausdrücken. Einerseits, im Vergleich zu Bands, die viel früher angefangen haben – als es illegale Downloads und den ganzen Kram noch nicht gab – mögen wir in Amerika keine Millionen Platten verkaufen. Andererseits haben wir dort einige große Touren gemacht und bei der Rockstar Mayhem Tour waren wir mit SLIPKNOT und DISTURBED Headliner. Natürlich haben wir nicht so viele Millionen Platten verkauft wie z.B. DISTURBED. Letztlich können wir nicht wirklich sagen, wie anders die Musikindustrie ohne diese Problematik aussehen würde.

  Die Musikindustrie ist allgemein in einem ziemlich schlechten Zustand. Denkst Du, dass die CD als physisches Medium überleben wird?

Herman Li:   Oh, die CD als solche ist so oder so ein totes Medium (lacht). Es ist wirklich schade, dass das MP3-Format manches verändert hat. Die Leute wissen nicht mehr, was eine gute Produktion ist und was nicht. Hör’ Dir mal ein MP3 an – wir verbringen als Band diese ganze Zeit mit der Abmischung, dem Mastering und allem anderen, wenn am Ende doch alles so schrecklich komprimiert wird. Na ja, früher haben die Leute Musik von Kassetten und Vinyl gehört und in die Richtung können wir auch nicht mehr. Die Menschen hören sich die Musik immer noch um der Musik willen an und nicht nur wegen der Qualität der Produktion. Also denke ich, der Weg zum Überleben für Bands ist es, einfach in jeder Hinsicht gute Musik zu machen: mit einer guten Produktion, großartigen Songs, einer tollen Live-Show, allem halt. Manche konzentrieren sich zu sehr aufs Studio. Die gehen gar nicht mehr raus und touren. Viele Bands touren gar nicht und ich denke, sie verpassen damit einen guten Teil des Ganzen. Na ja, das ist meine Meinung dazu. Kann man vielleicht auch anders sehen.

  Soweit es die Produktion betrifft, ihr habt alle Alben bislang mit Karl Groom zusammen selbst produziert. Zu "Ultra Beatdown" schreibt Ihr auf Eurer Website, dass Ihr auch nicht vorhabt, das zu ändern, weil niemand besser als Ihr selbst weiß, wie DRAGONFORCE klingen sollen. Andererseits hast Du vor einiger Zeit in einem Interview gemeint, man solle niemals nie sagen. Also, würdet Ihr irgendwann doch mal einen externen Produzenten mit an Bord nehmen?

Herman Li:   Ehrlich gesagt, da schließe ich mich schon dem “Sag’ niemals nie” an. Man weiß es nie. Es gab so viele Sachen, bei denen ich mal gesagt habe, ich würde es niemals tun und es irgendwann dennoch getan habe. Ich glaube, wir sind sehr stur, wenn wir sagen, wir werden immer nur die Musik machen, die wir grade machen wollen. Gleichzeitig müssen wir uns nämlich weiterentwickeln. Manchmal kommt man alleine musikalisch nicht an etwas Bestimmtes heran und braucht jemanden, der einem dabei behilflich ist, es aus einem rauszuholen. Wir müssen uns weiterentwickeln und verändern, das beeinflusst am Ende alles. In dem Licht betrachtet ist es sicher kein sonderlich großer Kompromiss und zu bestimmten Zeiten muss man eben auch herausfinden, was dafür die beste Entscheidung ist. Also, wer weiß?

  Ich wollte Euch nicht zu sehr nach "Ultra Beatdown" fragen, da die Platte ja nun schon vor einigen Monaten veröffentlicht wurde. Deswegen möchte ich gerne etwas zu den Wiederveröffentlichungen der beiden ersten Alben fragen, die Mitte März erscheinen. Ich habe gelesen, dass sie von Euch persönlich abgesegnet sind und nicht bloß eine Entscheidung der Plattenfirma sind. Ihr seid also daran beteiligt, richtig?

Herman Li:   Genau genommen habe ich selbst dafür gesorgt, dass die Wiederveröffentlichungen erscheinen. Das hast Du bestimmt bei Blabbermouth gelesen, wir haben nämlich keine offizielle Pressemitteilung darüber gemacht, richtig? Grundsätzlich, seit das zweite und dritte Album erschienen sind, hatte ich die ganze Zeit im Hinterkopf, das erste Album neu abzumischen. Also hab’ ich vor einem Jahr - bevor wir "Ultra Beatdown" aufgenommen haben - mich darum gekümmert: es neu abgemischt, Live-Videos für die Bonus-DVD geschnitten, halt die ganzen Bonus-Sachen gemacht. "Sonic Firestorm" brauchte keinen Remix oder ein Remastering, ich hielt die Platte schon immer für großartig. Da haben wir deshalb nur eine DVD und einen Bonustrack hinzugefügt, der in Europa nie erschienen ist. Bislang gab’s den nur auf der Japan-Version der CD – genaugenommen war der Song aber schon immer als Teil des Albums gedacht. So ist das nun mal im Musikgeschäft mit diesen Entscheidungen der Plattenfirmen (rollt leicht mit den Augen). Insgesamt all das und eben die DVDs dazu.

  Also war’s gewissermaßen auch eine künstlerische Entscheidung, die Alben wiederzuveröffentlichen? Weil Du mit dem Klang des ersten Albums unzufrieden warst?

Herman Li:   Ja, der Klang einerseits, aber andererseits waren die beiden Alben wegen des Labelwechsels von Sanctuary zu Universal in vielen Märkten auch schwer zu bekommen. Viele Leute fragten nach dem Album und konnten es nicht kaufen. Also wollten wir Ihnen die Möglichkeit geben, es zu einem normalen Preis zu kaufen und es nicht runterladen zu müssen. Solange sie es nicht unbedingt wollen (lacht).

  Gut, wo wir grade beim Thema sind – Eure Alben-Cover haben verschiedene Stile. "Valley Of The Damned" war eher im Swords & Sorcery-Stil, die beiden nächsten Platten waren eher Sci-Fi-Stil und "Ultra Beatdown" hat optisch sehr von einem Videospiel an sich. Laut Booklet hat ANDROID JONES es gemacht. Wessen Idee war es, ihn auszuwählen?

Herman Li:   Die Idee hinter dem Album-Cover war schon seit der ersten Platte immer von uns. Ich würde sagen, "Sonic Firestorm" und "Inhuman Ramapge" sind im selben Stil wegen der ganzen modernen, computergenerierten Grafik. Was die erste Platte angeht... "Valley Of The Damned" empfinde ich als ziemlich festgefahren, etwas, was uns nicht erlaubt hat, uns musikalisch weiterzuentwickeln. Wir haben diese Songs damals geschrieben, um einen Plattenvertrag zu bekommen. Als die Platte erschienen ist, handelte es sich deshalb um Songs, die 1999 und 2000 geschrieben worden waren. Sie waren also bei der Veröffentlichung schon drei Jahre alt und währenddessen hatte die Band sich nicht wirklich weiterentwickelt, eben um zunächst an einen Plattenvertrag zu kommen. Als "Sonic Firestorm" damals erschienen ist – das war DRAGONFORCE anno 2004. Für mich war "Valley Of The Damned" daher immer das DRAGONFORCE des Jahrs 2000. Die Alben danach empfand ich deshalb schon immer als modern.

  Und ANDROID JONES – gab’s einen besonderen Grund, warum Ihr ihn dafür ausgewählt habt?

Herman Li:   Ich habe einen Entwurf des Covers an alle geschickt, wir haben dann einen Künstler gesucht, der das Ganze umsetzt und entschieden, wen wir dafür kontaktieren. Das Cover ist eine Mischung aus modernen Videospielen und denen der späten 80er sowie Spielhallen-Titeln in einem. Manche Leute lieben das Cover, andere wiederum hassen es. Ich finde, ein Cover muss originell sein und glaube, dass es das auch ist. Man sieht wenige Bands, die unseren Musikstil spielen, mit derartigen Covern.

  Für das neue Album habt Ihr zwei Videos gemacht. Zwei Markenzeichen Eurer Musik sind die Länge der Songs und die Fülle an Soli. Mir ist aufgefallen, dass Ihr die Songs für die Videos kürzen musstet. Ist das aus künstlerischer Sicht nicht schmerzhaft?

Herman Li:   (lacht) Na ja, so ist das nun mal. Wir lassen niemand anderen kürzen, wir machen das selbst. Die Videos hab’ ich zusammen mit Sam geschnitten – wir setzen uns zusammen, entscheiden und kürzen es. Das muss man auf die eigene Weise und selbst machen. So können wir die Art bewahren, in der wir unsere Songs haben wollen. Weißt Du, wenn wir sie schon auf fünf Minuten kürzen müssen, dann machen wir’s selbst. Wir übernehmen die volle Verantwortung für die Verstümmelung unserer Songs, aber ich mach’s eben lieber selbst als es sonst wem zu überlassen.

  Das kann ich gut verstehen. Weh tut’s Dir also nicht und Du siehst das mehr als Art Kompromiss wegen des Mediums?

Herman Li:   Tatsächlich finde ich die gekürzten Versionen sogar verdammt gut (lacht). Ich denke, wir haben die wirklich gut hinbekommen. Sie kommen direkt auf den Punkt und man bekommt den DRAGONFORCE-Stil auf kürzestem Weg geliefert. Natürlich ist es ein Kompromiss, aber ich denke, es ist ein guter. Mich hat’s wirklich beeindruckt, wie gut uns 'Through The Fire And Flames' und jede andere Single-Version gelungen ist.

  Für ‚Heroes Of Our Time’ habt Ihr eine Grammy-Nominierung bekommen, auch wenn die Auszeichnung letztlich an METALLICA ging. Der britische Metal Hammer hat geschrieben: „Während die meisten Bands größer als METALLICA werden wollen, haben DRAGONFORCE die Möglichkeit größer als Star Wars zu werden.“ Bedeuten Dir diese Nominierungen und Auszeichnungen – insbesondere solche Mainstream-Preise wie die Grammys – irgendwas? Hinsichtlich Erfolg?

Herman Li:   Musikalisch bedeuten sie uns nicht viel. Es besagt ja nicht, dass wir ein gutes oder schlechtes Album aufgenommen haben. Dabei geht’s mehr darum, dass der Name DRAGONFORCE außerhalb dessen auftaucht, was man als Metal-Underground sehen könnte. Da sind wir rausgekommen und so was wie ein Markenname geworden. Ich hab’ selbst nie geglaubt, wie groß wir in Amerika sind. Die Leute sagen mir das die ganze Zeit, dass wir gar nicht wissen, wie groß wir sind – dort weiß jeder wer wir sind, selbst wenn sie uns nie gesehen oder gehört haben. Klar, es ist natürlich schon großartig. JUDAS PRIEST, IRON MAIDEN, SLIPKNOT – diese Jungs sind alle viele länger dabei als wir und entsprechend etabliert. Jeder hat schon mal von SLIPKNOT oder JUDAS PRIEST gehört. Also, für uns ist es schon eine tolle Sache Teil des Ganzen zu sein und neben solchen Bands wahrgenommen zu werden. In Deutschland sind wir natürlich nicht ansatzweise auf diesem Level, aber wer weiß, vielleicht eines Tages mal.

  Glaubst Du, Ihr könnt wirklich mal größer als Star Wars werden?

Herman Li:   Nun ja, das ist etwas, was die Presse schreibt. Es ist schon schön zu hören, dass die Leute einem zutrauen, richtig groß zu werden, aber so was kann man nie lesen und sich sagen „Wow, wir haben’s geschafft“ – dieses Jahr schreiben die Magazine so was und nächstes Jahr können sie sagen, dass Du ein Haufen Scheiße bist. Man muss eben musikalisch tun, was man tun muss.

  Man kann jedenfalls nicht abstreiten, dass Ihr die letzten Jahre bereits große Erfolge errungen habt. Gibt’s da noch irgendetwas, wovon Du als Künstler träumst, hinsichtlich Erfolg im Musikgeschäft? Sagen wir mal, in fünf Jahren etwa?

Herman Li:   Ich schaue nicht wirklich darauf, was in fünf Jahren passieren wird. Ehrlich gesagt, für mich geht’s grade darum, mich täglich weiterzuentwickeln und besser zu werden. Ich denke deshalb drüber nach, wie ich eine bessere Show spielen kann, wie ich bessere Songs komponieren kann oder wie DRAGONFORCE in den nächsten Jahren ein Album aufnehmen werden. Also, für den Augenblick geht’s einfach nur darum, sich persönlich und musikalisch weiterzuentwickeln.

  Sicher, aber gibt’s da keine Träume mehr, die übrig sind? Was würdest Du gerne mit DRAGONFORCE erreichen?

Herman Li:   Weißt Du, all die Träume, die ich als Kind hatte, haben sich soweit erfüllt, z.B. meine eigene Gitarre, die Ibanez jetzt herstellt. Als Kind hab’ ich nie über Grammys nachgedacht, aber jetzt haben wir eine Gold-Single in Amerika für ‚Through The Fire And Flames’, das sich, warum auch immer, dort über eine halbe Million mal verkauft hat. Ich schätze, ich muss mir einen neuen Traum überlegen, einen realistischen Traum. Jetzt grade ist es doch so ähnlich wie damals als Kind auch, es sind unterschiedliche Zeiten. Man kann’s halt nicht sagen, wie's in ein paar Jahren aussehen wird.

  Also willst Du einfach schauen, was da kommt?

Herman Li:   Genau! Ich träume jedenfalls nicht davon, einen Grammy zu gewinnen, darüber hab’ ich nie nachgedacht! Auch wenn das passiert ist, mich schert’s nicht, ob wir jemals wieder nominiert werden. Einen Grammy zu gewinnen ist jedenfalls keines meiner Ziele.

  Mal eine ganz andere Frage - kennst Du "Mario Paint", fürs Super Nintendo?

Herman Li:   (hebt die Augenbrauen) Mario…?

  "Mario Paint" – das war Anfang der 90er ein simples Zeichenprogramm und hatte auch ein einfaches Musikprogramm dabei. Damit konnte man einfache Songs mit typischen Videospiel-Sounds machen.

Herman Li:   Nein, da hab’ ich noch nie von gehört.

  Na ja, bei YouTube hab’ ich gesehen, dass mehrere Leute 'Through The Fire And Flames' damit gemacht haben. (Herman lacht) Ist das nicht irgendwie faszinierend, so was zu sehen?

Herman Li:   Weißt Du, meiner Meinung nach ist 'Through The Fire And Flames' noch nicht mal der beste Song auf dem Album. Es war zwar die erste Single, aber das heißt nicht, dass es der beste Song ist.

  Ja, ist es nicht interessant zu sehen, dass Leute so etwas tun – was übrigens eine Höllenarbeit ist – und der Song sie derart inspiriert?

Herman Li:   Ach, weißt Du, viele Leute denken ja, wir seien richtig gut an der Gitarre. Ich persönlich hab’ nie behauptet, dass wir besonders gute Gitarristen sind. Eine Sache, zu der wir fähig sind, ist jedoch die Leute zu inspirieren. Es geht nicht darum, wie schnell wir spielen oder wie hoch wir auf der Bühne springen. Ich denke, DRAGONFORCE ist gut darin, Menschen zu verbinden und zu inspirieren.

  Eine weitere Frage noch zu "Ultra Beatdown". Es ist wesentlich vielfältiger und abwechslungsreicher als die vorherigen Alben. In einem Review hab’ ich sogar gelesen, dass 'A Flame For Freedom' ein bisschen wie ein Weihnachtssong klingt.

Herman Li:   Das hat jemand geschrieben? (guckt ungläubig)

  Ja, ernsthaft! Wirklich eine interessante Meinung, aber als ich mir den Song danach wieder angehört habe, konnte ich das sogar irgendwie verstehen, wie der Rezensent das wohl meinte. Was ist Deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen "Ultra Beatdown" und den Vorgängern? Außer der Vielfältigkeit?

Herman Li:   Nun, ich denke hauptsächlich die Dynamik des Albums. "Inhuman Rampage" hatte definitiv ein durchgehend hohes Tempo. Aber das neue Album ist wesentlich dynamischer. Deshalb ist 'Heroes Of Our Time' auch der Opener und die erste Single geworden. Denn, egal, was wir tun, egal wie unterschiedlich es ist – und es ist wirklich unterschiedlich – manche Leute behaupten immer, dass wir stets gleich klingen würden. Aber 'Heroes Of Our Time' definiert ziemlich gut den neuen Sound. – es hat richtig schnelle Blastbeats, dann wird das Tempo wieder kräftig runtergebremst, es kommen melodische Pianos und es wird wieder schnell. Das macht es dynamisch. Auch 'The Last Journey Home', all die anderen Songs – wir wollten den Leuten zumindest die Idee zeigen, wie die Band sich entwickelt hat. Das ist die Hauptsache, die Dynamik. Ich könnte mich jetzt über Kleinigkeiten auslassen, schließlich war ich an allen Aufnahmen vom ersten Tag an beteiligt. Ich könnte Dir alles aufzählen, die Vocals, die Keyboards, die Gitarren... Alles ist besser! Ach, sagen wir doch einfach, alles ist in jeder Hinsicht besser.

  Gibt’s irgendwas, was die meisten Leute über die neue Platte nicht denken würden? Was völlig anders ist als bisher, Deiner Meinung nach?

Herman Li:   Ich kann’s nur mit "Inhuman Rampage" vergleichen. Mit "Valley Of The Damned" ist es nicht vergleichbar, das ist noch nicht mal ansatzweise dasselbe. Mittlerweile frage ich mich, was zum Teufel ich damals getan habe! Okay, die Songs sind großartig, aber ich denke, wir sind mittlerweile in jeder Hinsicht so viel besser geworden.

  Eine Frage noch zum Video für 'The Last Journey Home'. Das Video zu 'Heroes Of Our Time' war eher im traditionellen Stil, eben DRAGONFORCE, die den Song performen. Jedoch das neue Video – gibt’s da eine Geschichte dahinter?

Herman Li:   Oh, das ist eine derart lange Geschichte! Es gibt jede Menge Ideen in dem neuen Video. Das, was man jetzt sieht, ist eine Mischung aus Schauspielerei, Performance und Videospielgrafiken. Wir haben bewusst keine modernen Spiele benutzt, eher ältere aus der ersten PlayStation Generation, als die ersten richtigen 3D-Spiele erschienen sind. Es sollte ein wenig blödsinnig sein. Ich hab’ immer gesagt, wenn in einem unserer Videos geschaupielert wird, sollten wir’s selbst tun. Dumme Sache, wir sind nämlich beschissene Schauspieler – diese Mischung mit den Videospielelementen und dem Song, das soll insgesamt durchaus albern sein. Ein bisschen wie Grand Theft Auto.

  Daran hat’s mich auch erinnert – das war also Absicht?

Herman Li:   Ja, aber eben mit PS1-Grafik.

  Zum Schluß, möchtest Du den deutschen Fans am Ende des Interviews etwas mitteilen?

Herman Li:   Ich denke, es ist ein wenig zu spät um zu sagen, sie sollen zu unseren Shows kommen. Aber es ist tatsächlich ziemlich schade, dass unsere deutschen Fans uns wahrscheinlich nicht mal bei einer Headliner-Show außerhalb Deutschlands gesehen haben. Hierzulande können wir leider nie die richtige, große DRAGONFORCE-Show machen, wir sind hier nur eine relativ kleine Band. Aber ich denke, wir werden kontinuierlich größer – die heutige Show wurde, wie fast jede auf der ganzen Tour, in eine größere Halle verlegt. Das ist schon spannend, vielleicht sehen sie uns ja auf einer weiteren Tour, wenn sie die hier verpassen. Na ja, wenn sie diese verpassen, verpassen sie natürlich vielleicht auch die nächste Tour.

  Also ich denke, sie werden heute sicher einiges verpassen, oder?

Herman Li:   Ja, ich denke, das wird heute Abend sicher lustig werden.

  Okay, dann danke für Deine Zeit und das Interview – ich wünsch’ Dir eine tolle Show heute Abend!

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