Timo Rautiainen & Trio Niskalaukaus - Tuomiojärvi | |
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| Review von baarikärpänen vom 18.09.2025 (573 mal gelesen) | |
Soll ich jetzt Eulen nach Athen tragen und nochmals damit anfangen, welchen Einfluss TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS auf die finnische Metal-Szene hatten und haben? Ich empfehle einfach den Blick in unsere Archive, auf die vorhandenen Reviews, Interviews und Specials. Da findet man alle nötigen Meriten der Band aufgelistet. Fakt ist, dass die Band rund um Namensgeber Timo Rautiainen nach der "Wiederbelebung" vor nunmehr auch fast schon wieder einem Jahrzehnt da anknüpft, wie sie seinerzeit vor dem Hiatus aufgehört haben. Das zeigen auch die bisher erschienenen Alben. Und auch die neue Scheibe macht da keine Ausnahme. Und doch lohnt sich ein näherer Blick auf das "Tuomiojärvi" betitelte Werk, denn es gibt doch Unterschiede zu vermelden.Der gravierendste dürfte sein, dass sich innerhalb der Band etwas geändert hat. Seit 2004 bis zur ersten Pause und auch danach war die Zusammensetzung der Band durchaus beständig. Nun aber hat mit Seppo Pohjolainen, der seit Beginn der Karriere 1997 hinter dem Schlagzeug saß, ein Musiker die Truppe verlassen, der mit seinem auf das Wesentliche reduzierte Spiel auf den Trommeln schon so etwas wie prägend für den Gesamtsound war. Keine Ahnung, ob es einfach nur gemenschelt hat, ob es die berühmten "musikalischen Differenzen" waren oder ob die Lebensplanung nicht mehr gepasst hat. Fakt ist aber, dass ein neuer Drummer her musste, den TRIO NISKALAUKAUS dann auch mit Aksu Hanttu (unter anderem THE MAN-EATING TREE) gefunden haben und der sich natürlich vom Stil her von seinem Vorgänger unterscheidet. Dass Hanttu auch ein veritabler Produzent ist, passte natürlich ganz gut, denn er durfte gleich mal die Produktion der neuen Scheibe übernehmen und hat einen fabelhaften Job gemacht. Noch eine Stufe gravierender ist für mich allerdings, dass TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS den auf dem Vorgänger "Mahdoton Yhtälö" eingeschlagenen Weg mit "Tuomiojärvi" nochmals verfeinert haben. Die Band hatte ja immer Alben, die von den augenscheinlichen "Hits" wie 'Surupuku' oder 'Hyvä Ihminen' getragen wurden. Nun ist per se ja nichts falsch daran, solche Nummern auf einem Album zu parken. TRIO NISKALAUKAUS haben das auch auf dem Comeback-Scheibchen "Lauluja Suomesta" mit zum Beispiel der Singe 'Suomi Sata Vuotta' noch so gemacht. Aber bereits auf "Mahdoton Yhtälö" war es anders. Dieser EINE Song, der dich direkt anspringt, den gab es nicht. Und der findet sich auch auf "Tuomiojärvi" nicht. " Mahdoton Yhtälö" und "Tuomiojärvi" sind stattdessen Alben, die erarbeit werden wollen, die in ihrer Gänze einfach nur überzeugen, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Es mag sich komisch, aber auch erwartbar anhören für eine Band, die - lässt man die Pause mal eben vor - fast 30 Jahre existiert und für Musiker, die in allen Ehren ergraut sind, aber TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS sind reifer geworden. Diese Reife sorgt dafür, dass die Band keinem mehr etwas beweisen muss und "Tumiojärvi" im Vergleich zum Vorgänger noch mal eine Ecke "flüssiger" daherkommt. Aber andererseits mit einigen Songs aufwartet, die zum Härtesten gehören dürften, was die Band jemals auf ein Album gepackt hat. Genau das steht ihnen aber bestens zu Gesicht und sorgt dafür, dass "Tuomiojärvi" für mich in ihrer Liste der Veröffentlichungen mittlerweile schon einen Spitzenplatz einnimmt. Dass wir uns da jetzt nicht falsch verstehen: "Tuomiojärvi" ist weit davon entfernt mit nur sperrigen Songs aufzuwarten, die Eingängigkeit ist weiterhin vorhanden. Was liefert uns "Tuomiojärvi" also? Wenn man nur von den fast schon depressiv erscheinenden Lyrics ausgehen würde (dazu gleich und etwas ausführlicher mehr), dann könnte man durchaus ein Album in der Schnittmenge von Doom und gar Death Metal erwarten. Aber natürlich haben wir es hier mit einem Album von TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS zu tun, also belassen wir es bei den gelegentlich etwas doomigeren Parts, während der größere Teil der Songs durchaus mit höheren Geschwindigkeiten oder melodiös clever arrangierten Refrains in diesem so typischen metallisch-rockenden Sound aufwartet. Nehmen wir nur das Einstiegsdoppel 'Suomalainen Oireyhtymä' (Das finnische Syndrom) oder 'Kohti Tuhoa" (Der Zerstörung entgegen). Ersteres ein veritabler Rocker, zu dem sich wunderbar Headbangen lässt, während 'Kohti Tuhoa' mit zu dem Härtesten gehören dürfte, was die Band bisher veröffentlicht hat. So kommen erstmals seit 'Hämmennys Ja Viha' vom Album "Rajaportti" (2002) wieder deftige Growls zum Einsatz, für die dieses Mal kein anderer als Tommi Joutsen (AMORPHIS) zuständig ist. Trotzdem zu jeder Sekunde als Track von TRIO NISKALAUKAUS erkennbar. 'Idänjuna' mit seiner dezenten Orchestrierung ist für mich eines der Highlights auf der Scheibe und erinnert mich in seiner unterschwelligen emotionalen Eindringlichkeit an 'Te Ette Tarvitse Minua' vom Album "Kylmä Tila" (2004). 'Musta Valo' (Schwarzes Licht) ist dagegen einer der Songs, der zunächst etwas unerwartet klingt, sich aber nach ein paar Durchläufen hartnäckig in den Gehörgängen festsetzt. Auch ein schönes Beispiel dafür, dass Neuzugang Aksu Hanttu sehr wohl auch auf das Westenliche beschränkt trommelt, aber dennoch seine eigene Note einbringt (Fills etcetera). 'Viimesellä Matkalla' (Auf der letzten Reise) ist, wie könnte es bei diesem Titel auch anders sein, ein zutiefst traurig klingender Song, der dennoch genug Härtegrade bietet. 'Vihreä Siirtymä' (Grüner Wandel) ist der schnellste Song, den die Band auf das Album gepackt hat und ein weiterer Höhepunkt. Gleichzeitig ist es aber auch der Song, der ein eher melancholisches Ende der Scheibe einläutet. 'Hanki' (Erlangen oder auch Bekommen), 'Ihanan Loputon Kesä' (Ein wunderbarer endloser Sommer) und 'Katteeton Optimismi' (Unverhüllter Optimismus) sind allesamt so typisch für diesen unverwechselbaren finnischen Sound, den TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS nun schon seit fast 30 Jahren geradezu zelebrieren und der von keiner anderen Band hier in Finnland so gekonnt eingefangen wird. Wie bereits angekündigt, wollen wir uns auch den Texten etwas genauer zuwenden. Es ist einerseits schade, dass der Großteil unserer Leser mit den finnischen Lyrics recht wenig wird anfangen können, weil sie so gekonnt und auf bedrückende Weise den Finger in die Wunde legen, andererseits wäre alles andere als die finnische Sprache schlicht nicht geeignet, diese Gefühlszustände so auf den Punkt zu bringen. Was zunächst in 'Suomalainen Oireyhtymä' mit einem hiesigen Problem, dem (vor allem männlichen) Alkoholismus und seinen Problemen beginnt, wird bereits mit 'Kohti Tuhoa' global. Rautiainen beschreibt darin den Zustand, dass Experten vorhersagen, dass der Golfstrom in naher Zukunft zum erliegen kommen wird, was verheerende Auswirkunken auf unser aller Leben haben wird. Statt dieses Problem auf die erste Seite der Zeitungen zu packen, versteckt man es im hinteren Teil, während auf der ersten Seite lieber über die "Probleme" von Influencerinnen oder Influencern berichtet wird. in 'Idänjuna' wird dann die zunehmende Bedrohung durch unseren östlichen Nachbarn, Russland, behandelt. Das kleine Finnland wird (mal wieder) unschuldig dazu gedrängt, sich verteidigen zu müssen. Aber hier geht es nicht um alleinige Schuldzuweisungen, denn der Song sagt deutlich, dass auf beiden Seiten junge Menschen stehen, die eigentlich gar nicht wollen, aber von klein auf dazu erzogen werden, den jeweils anderen mit Misstrauen zu betrachten. Persönlich wird es in 'Viimeiseelä Matkalla', wenn Rautiainen auf sein eigenes Leben blickt, mit der Erkenntnis, dass er der Rente mittlerweile näher ist wie dem Konfirmationsunterricht. Letztendlich möchte er nichts anderes, als jeden Moment auf dieser "letzten Reise" mehr als bewusst zu erleben. 'Vihreä Siirtymä' ist ein Song, der sowohl um Entschuldigung bittet als auch Hoffnug geben will. Um Entschuldigung bitten bei den jüngeren Generationen, denen man einen Planeten hinterlässt, den man beinahe zum Massengrab heruntergewirtschaftet hat, aber Hoffnung geben, dass es noch nicht zu spät ist, um das Ruder noch herumzureißen. Gleichzeitig stellt der Track aber auch die Frage, ob der vielfach beschworene "gründe Wandel" wirklich so grün ist. Was ist zum Beispiel mit den immer im größeren Umfang hergestellten großen Batterien für Fahrzeuge, Schiffe, Häuser? 'Hanki' ist sozusagen das Sequel zu 'Viimeisellä Matkalla'. Rautiainen schätzt sich glücklich ein Leben geführt zu haben, das es wert war, gelebt zu werden. Und doch ist er jetzt mit dem Alter an einem Punkt, an dem er gelegentlich darüber nachdenkt, warum er nicht einfach aufgeben sollte. Traurige Gedanken, wie er es selbst ausdrückt. 'Ihanan Loputon Kesä' ist inspiriert von einem Post eines Freundes auf Social Media, in welchem sich besagter Freund so glücklich darüber äußert, dass er im finnischen Spätherbst diese tollen sommerlichen Temperaturen genießen darf (für Finnland wirklich mehr als ungewöhnlich), also letztlich der Klimawandel. Rautiaienen fragt sich, was die Menschheit wirklich erreicht hat. Das auf jeden Fall kann es nicht sein, worauf man "stolz" sein darf. Der Abschluss ist 'Katteeton Optimismi', der anhand eines Beispiels aus Finnland das Thema Umweltzerstörung behandelt. In Viiankiaapa, einer Sumpflandschaft in der Nähe von Sodankylä, wird geplant eine Mine zu eröffnen, in der seltene Erden gefördert werden sollen, wobei mit vollem Wissen diese tolle und einzigartige Landschaft zerstört werden wird. Ist es wirklich so erstrebenswert, nur um einen höchstmöglichen Profit zu machen, so verächtlich mit unserer Natur umzugehen? TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS erfinden sich mit "Tuomiojärvi" natürlich nicht neu. Warum sollte man an dem Rezept, das sich über Jahre bewährt hat, auch etwas ändern? Aber sie fügen kleine Änderungen ins Gesamtbild ein, die aus dem Album, für meinen Geschmack, etwas ganz Besonderes machen. Außerhalb Finnlands wird man damit leider wieder nur ganz wenige Menschen erreichen, aber wie immer kann ich jedem, der auch nur im Entferntesten etwas mit dieser typisch finnischen "Seele" der Musik anfangen kann, nur wärmstens "Tuomiojärvi" ans Herz legen. Diese Art von Metal, den TRIO NISKALAUKAUS seit ihrer Gründung spielen, ist, war und wird auch weiterhin völlig einzigartig bleiben. Und wie viele Bands da draußen können so etwas von sich behaupten? Wer interessiert ist, wendet sich am besten an den international agierenden Teil von Levykauppa Äx. Ihr werdet nicht enttäuscht sein von diesem Album, versprochen! Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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| Trackliste | Album-Info |
| 01. Suomalainen Oireyhtymä 02. Kohti Tuhoa 03. Idänjuna 04. Musta Valo 05. Viimeisellä Matkalla 06. Vihreä Siirtymä 07. Hanki 08. Ihanan Loputon Kesä 09. Katteeton Optimismi | Band Website: www.facebook.com/timorautiainentrioniskalaukaus/ Medium: CD, LP Spieldauer: 39:45 Minuten VÖ: 12.09.2025 |
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