Ein Mann/ein Grieche/ein Athener - tausend Worte/sechs Songs/ein Album! Oder anders (= als vollständiger Hauptsatz): Ein ego-trippender Grieche offeriert sechsmal Verfall und Vergewaltigung - oder so ähnlich.
Wer hat die dicksten Eier im Land? Na, die Stimmbänder von Lzzy Hale natürlich. Und sie hauen einem elf Songs um die Ohren, nach deren Genuss man entweder zum Arzt oder direkt vor die Konzertbühne muss.
Review von baarikärpänen vom 21.01.2022 (1085 mal gelesen)
"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne", wusste schon der olle Hesse zu vermelden. Wie richtig er damit lag! Denn wie sonst ist es zu erklären, dass wöchentlich jede Menge Scheiben aus der großen Zeit des Heavy Metals zu Beginn und Mitte der 80er Jahre eine Wiederveröffentlichung erfahren. Selbst für damalige Verhältnisse obskure Truppen kommen so endlich zu ihrem Recht. Und nein, mit "früher war alles besser" hat das absolut nichts zu tun. Ich wage jetzt einfach mal die steile These aufzustellen, dass im Jahre 2060 kein Hahn nach einem Re-Release von beispielsweise SABATON oder GOJIRA krähen wird. Logo, auch 2022 werden wieder viele Bands auf dem Bildschirm auftauchen, die in der Lage sind der Szene etwas zu geben. Aber es wird auch weiterhin Wiederveröffentlichungen von Meisterwerken aus der "guten alten Zeit" geben, die auch jüngere Hörerinnen und Hörer begeistern können. Den Anfang in diesem Jahr machen Hammerheart Records mit "Graceful Inheritance" der Seattle-Heroen HEIR APPARENT.
Auch wenn "Graceful Inheritance" im Laufe der Jahre schon einige Wiederveröffentlichungen erfahren hat, lohnt der Griff zur Hammerheart-Version, sei es nun zur schick aufgemachten CD oder eben zum in verschiedenen Farben erhältlichen Vinyl. HEIR APPARENT wurden zum Zeitpunkt des Erscheinens ihres Debuts 1986 gerne in die Nähe der ebenfalls aus dem Bundesstaat Washington stammenden QUEENSRÿCHE gerückt, was grundsätzlich nicht falsch war und ist. Aber HEIR APPARENT hatten mit "Graceful Inheritance" so viel mehr zu bieten. Da wäre zum einen der nicht von der Hand zu weisende Einfluss von beispielsweise IRON MAIDEN (man höre den Bass), aber vor allem das glückliche Händchen, das die Band in Sachen Songwriting hatte. Genau das macht "Graceful Inheritance" selbst 2022 noch zu einem Album, das in wirklich jede Sammlung gehört. HEIR APPARENT schrieben Abwechslung ganz groß. Angefangen beim progressiv angehauchten 'Another Candle', weiter beim an LIEGE LORD erinnernden 'The Servant', das an MAIDEN angelehnte 'Tear Down The Walls', das ordentlich Fahrt machende 'The Cloak', die noch mal eine Spur schnelleren 'Dragon's Lair' und 'Nightmare (Faces In The Dark)', das eher ruhig klingende 'Masters Of Invasion' mit seinem tollen Chorus, bis hin zu 'And...Dogro Lived On', dem Übersong schlechthin auf "Graceful Inheritance". Als wäre das alles noch nicht Grund genug, dieses Album einfach zu lieben, kommen sozusagen als Kirschen auf der Torte noch Gitarrist Terry Gorle und Sänger Paul Davidson obendrauf, die der Scheibe mit ihrem Spiel und Vocals einen Stempel aufdrückten. Hammerheart haben ihrem Re-Release ein sorgfältiges Remastering gegönnt und ebenfalls ihr Bestes getan, das ikonische Artwork der Black Dragon-Erstauflage auf Vordermann zu bringen. Alleine dafür lohnt sich der Griff zum Vinyl.
Auch wenn die späteren Alben "One Small Voice" (1989) und "The View From Below" (2018) erstklassige Scheiben sind, so haben sie doch nicht diese ganz besondere Magie von "Graceful Inheritance". Im Gegensatz zu so manch anderer Wiederveröffentlichung, die nach heutigen Standards angestaubt klingt und wirklich nur was für Sammler oder Komplettisten ist, hat "Graceful Inheritance" nichts von dem Zauber verloren, der dem Anfang innewohnt (um nochmals Hesses Gedanken zu folgen). Selbst wenn das Album heute als Neuling erscheinen würde, die Bewertung wäre wie schon damals: Höchstnote!
Gesamtwertung: 10.0 Punkte
Trackliste
Album-Info
01. Entrance
02. Another Candle
03. The Servant
04. Tear Down The Walls
05. Running From The Thunder
06. The Cloak
07. R.I.P. (Live)
08. Hands Of Destiny
09. Keeper Of The Reign
10. Dragon’s Lair
11. Masters Of Invasion
12. Nightmare (Faces In the Dark)
13. A.N.D. ... Dogro Lived On
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