Livebericht Doro (mit No Sleep For Lucy )

Ein Livebericht von Rockmaster aus München (Backstage) - 22.03.2019 (11296 mal gelesen)
Dieses Mal geht's zum Urgestein des deutschen Heavy Metal. Doro Pesch und Band haben ihr Kommen angekündigt. Der Einlass verspätet sich und dauert schon mal gefühlt eine Ewigkeit. Endlich geht es dann aber los mit

NO SLEEP FOR LUCY



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Dieses Mal lass ich mich nicht lumpen, das Transparent hinter der Bühne ist gut leserlich und verrät den Namen der Supportband, der mir vollkommen neu ist. Nach kurzem Intro betritt die Band aus Schweden die Bühne und los geht's. Zwei Dinge werden schon in den ersten Takten klar: NO SLEEP FOR LUCY spielen keinen Metal, und Sänger Lukas Meijer hat eine klasse Stimme. Stilistisch bewegen sie sich im Bereich des Rocks, bedingt vergleichbar mit den U2 der zweiten Hälfte der 80er-Jahre (bessere Vergleiche mögen mir mangels Versiertheit in der Pop-Rock-Sparte nicht einfallen, zudem drängt sich der Vergleich wegen des U2-Covers 'Pride' einfach auf). Wie bereits erwähnt, haben die Bandgründer Christian Rabb (Gitarre) und imgleft Kristoffer Sjökvist (Bass) in Lukas Meijer den perfekten Frontmann gefunden. Neben seiner ausdrucksstarken Stimme vermag er auch von Anfang an, Bühne und Publikum für sich einzunehmen. Dementprechend - beinahe überraschend auf einem Metalkonzert, aber bei der Qualität doch wieder nicht - geht das Publikum auch wirklich mit. imgrightChristian Rabb spielt natürlich weder übermäßig schnell noch harte Riffs, aber entlockt seiner Gitarre zwischen Schrammeln und Akkorden eine gelungene Melodie nach der anderen. Kristoffer Sjökvist hat auf der anderen Seite der Bühne nicht nur eine coole Ausstrahlung, sondern spielt auch coole Bass Lines dazu, ohne die die Songs nicht funktionieren würden. Obwohl Auftreten und technische Mittel vordergründig unspektakulär wirken, spürt man, das Zusammenspiel der beiden Schulfreunde ist die Keimzelle der Musik von NO SLEEP FOR LUCY. Abgerundet wird das Ensemble durch Gast-Drummer Frederic "Freddy Beast" Johansson, dem es gelingt, die Songs mit abwechslungsreichen Rhythmen und trotzdem genügend Power und Drive zu versehen. Hat man ihn aus der Nähe gesehen, erklärt sich vielleicht sein Spitzname - da will so viel aus ihm raus, wenn er am Drumkit sitzt, dass die Hände und Füße nicht reichen, dazu kommt eine unverwechselbare, sehr unterhaltsame Mimik.

Obwohl das Publikum die Show goutiert und reichlich Beifall spendet, gibt es doch einen Moment während des Auftritts, der, vor allem für die Band, enttäuschend sein muss. Sänger Lukas kündigt den Titel 'Feel Alive' als "IHREN Song", "ihre Hymne" an, und fordert das Publikum auf, ordentlich mitzurocken und mitzuhüpfen - ausgerechnet da kommen die Münchner Zuhörer nicht so richtig aus dem Kraut. Sehr schade. Vielleicht ist es der Tatsache geschuldet, dass die Jungs noch Newcomer-Status haben, und den Titel 'Feel Alive' noch kaum jemand kennt. An mangelnder Motivation auf der Bühne und von der Bühne für die Menge kann es nicht gelegen haben. Beim bekannten U2-Hit hat das zuvor funktioniert, und das Publikum hat eifrig den Refrain mitgesungen. Ansonsten ist die Musik von NO SLEEP FOR LUCY klasse komponiert, mir haben 'Mistake' und 'Until The End' vom gleichnamigen Album besonders gefallen, und vor allem hat die Musik das Zeug zum großen Erfolg und ist stadiontauglich. Ich fühle mich jedenfalls trotz der Stilrichtung, die nicht so ganz in meinen Geschmack passt, großartig unterhalten. Viel Glück, Jungs!

DORO



Doro Pesch mit ihrer Band DORO ist einfach ein faszinierendes Phänomen, selber ein Urgestein deutschen Heavy Metals, ist ein Konzert mit ihrer Band wie Weihnachten ohne Blockflöten: Die ganze Familie ist da, alle Generationen sind vertreten, die Omma kommt mit dem Krückstock (ist wirklich wahr, ich habe noch nie so viele Fußlahme auf einem Heavy Metal-Konzert gesehen), und vorne auf der Bühne findet das Heavy Metal-Fest der Liebe statt. Und genau diese Emotionen, die vor allem von Doro selber auf das Publikum überspringen, selbst wenn die ein oder andere Ansage hart an der Grenze zum Kitsch ist, sind der Grund, warum alle Anwesenden seit Jahrzehnten kein Konzert von WARLOCK oder DORO verpassen und heute ihre Kinder mitbringen.
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imgrightMindestens ebenso faszinierend wie die starke Bindung zwischen Sängerin und Publikum, die man bei jeder Ansage spürt, ist die Energie, mit der Doro ihre Show vorträgt. Da fliegen ständig die Haare, die Frau rockt und ist nicht zu bremsen. Hat noch vor dem Konzert ein Kollege geunkt, sie würde inzwischen softere Musik machen, jemand anderes attestierte ihr fortgeschrittenes Alter, aber Doro beweist auf der Bühne nachdrücklich: Mag alles wahr sein, ist aber auch vollkommen unwichtig. Hier gibt es schönen altmodischen, aber hochenergetischen Heavy Metal. Mit 'Earthshaker Rock' aus alten WARLOCK-Zeiten geht's los, und auch die nächsten beiden Titel, 'All For Metal' und 'Bastardos' (bei dem die Nebelkanone zum Einsatz kommt, die den Fotografen das Leben schwer macht) vom aktuellen Album "Forever Warriors, Forever United" belegen, dass DORO es immer noch draufhaben, richtige Kracher zu komponieren. Kurz drauf kommt das unvermeidbare 'Burning The Witches', und wenn das Publikum nicht schon vorher gekocht hat, jetzt wird's richtig heiß auf dem Scheiterhaufen.

imgleftNeben und hinter Doro spielt ihre Band, bestehend aus den Gitarristen Luca Princiotta und Bas Maas, Bassist Nick Douglas und Schlagzeuger Johnny Dee.imgright Was die Show-Qualitäten der Musiker anbelangt, muss man sagen: Sie überlassen die Bühnenpräsenz zu 90% Doro selber. Dadurch ist es für jemand (wie mich), der Doro NICHT jedes Jahrzehnt verfolgt hat, auf den ersten Blick schwer zu beurteilen, welche Rolle die Musiker tatsächlich spielen und welchen Beitrag sie zur Entstehung der Titel leisten. Doro lässt aber bei jeder dritten Ansage durchblicken, wie eng ihr Verhältnis zur Band ist, und wie lange sie (zwischen 9 und 28 Jahren) schon zusammen spielen. Es ist also wie beim Weihnachtsfest, die Band ist ihre engere Familie. Und, man spürt langsam, die Jungs interpretieren nicht einfach irgendwelche Titel, sondern sie leben sie ebenso leidenschaftlich wie Doro, zeigen es nur nicht permanent so expressiv.

Mit 'Soldiers Of Metal' kommt bald eine schöne, epische Metal-Ballade, die von einem coolen Gitarrensolo gekrönt wird. Danach kommt bei der 'Night Of The Warlock' selbiger mit Mantel, Zottelmähne und Stab persönlich auf die Bühne und begutachet, ob er auch hinreichend liebreizend besungen wird. Für Freunde der softeren Gangart kommen später die großartige Ballade 'A Thousand Years', das unvermeidliche 'Für Immer', bei dem das Publikum begeistert mitsingt, und das schon zuvor aus der ersten Reihe gewünschte 'Freunde Fürs Leben' vom aktuellen Album. Stolz ist Doro auf die Zusammenarbeit mit Gene Simmons (als Produzent) beim Album "Doro" und dem Titel 'Unholy Love'. Und ich habe den Eindruck, diese Zusammenarbeit kann der Titel nicht ganz verleugnen, der ähnelt schon ein wenig dem Stil von KISS. Nach noch ein paar echten Klassikern, inklusive JUDAS PRIEST-Cover 'Breaking The Law', ist irgendwann Schluss, aber natürlich lässt sich die Band zu einer Zugabe auf die Bühne bitten. Netterweise darf das Publikum Wünsche äußern, die Band hat wohl eine längere Liste von Titeln geprobt, um darauf vorbereitet zu sein. Zunächst wird ein Titel gewünscht, der schon gespielt wurde (oder nicht auf der Liste der Encores steht?), schlussendlich wird's 'Metal Tango', der nochmal schön abrockt, und dann war's das leider. Traurig ist aber keiner, denn wie an Weihnachten wurden alle reich beschenkt.

After The Show



Nach einer Weile hat sich das Publikum verlaufen, ich irre noch ein wenig durch den Saal und stolpere über Christian Rabb. Die Gelegenheit auf einen kleinen Smalltalk lasse ich mir nicht entgehen. Schnell ist auch der Rest der Band zur Stelle, und wir haben ein wirklich schönes Gespräch. Die Jungs sind wirklich klasse. So professionell sie auf der Bühne sind, wenn sie ihre Musik präsentieren, so offen und neugierig sind sie abseits der großen Show und scheuen sich nicht vor einem Gespräch mit einem Fan der härteren Gangart. Überdies betonen sie, wie stolz sie sind, mit DORO touren zu dürfen, und bezeugen Doro eine überaus einvernehmende und freundliche Persönlichkeit.

Mehr Fotos in der Galerie



Setlists



NO SLEEP FOR LUCY


Moments
Bleeding
Moments
Mistake
Pride (U2-Cover)
Final Call
Closure
Feel Alive
Until The End
Don't Let Go
Going Down

DORO


Earthshaker Rock
All For Metal
Bastardos
Blood, Sweat and Rock ’n’ Roll
Burning the Witches
Fight for Rock
Soldiers of Metal
The Night of the Warlock
Evil
A thousand years
Unholy Love
Metal Racer
Für Immer
Hellbound
Drum solo
Freunde fürs Leben
East Meets West
Breaking the Law
(Judas Priest cover)
All We Are
Encore:
Metal Tango
Location Details
Backstage in München (Deutschland)
Website:https://www.backstage.info/
Adresse:Reitknechtstr. 6 (ehemals Wilhelm-Hale-Str. 38)
80639 München
Anfahrt:Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln:
1. Das neue Backstage findet Ihr direkt an der Friedenheimer Brücke (Reitknechtstraße 6, ehemals Wilhelm-Hale-Straße 38), nähe Hirschgarten.
2. Trambahnen 16/17 beziehungsweise Nachtlinie N17 bis Steubenplatz
3. Trambahnen 18/19 beziehungsweise Nachtlinie N19 bis zur Elsenheimer Straße
4. Bus 183 (U1/7 Rotkreuzplatz - Steubenplatz)

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