Interview mit Olli Herman von Reckless Love

Ein Interview von Elvis vom 19.09.2010 (6592 mal gelesen)
RECKLESS LOVE um den ehemaligen CRASHDIET Frontmann Olli haben mit ihrem gleichnamigen Debüt eine Hammerplatte hingelegt, die ihresgleichen dieses Jahr suchen wird - lest selbst, was der charismatische Finne im Interview alles zu sagen hatte...

Hallo Olli, schön, dass Du Dir die Zeit für ein Interview genommen hast! Zunächst Glückwunsch zu Eurem fantastischen Debütalbum "Reckless Love" - ich habe es in meiner Rezension mit 10/10 bedacht, da ich nichts gefunden habe, über das ich mich ernsthaft hätte beschweren können! Bitte stell’ unseren Lesern, die RECKLESS LOVE vielleicht noch nicht kennen, die Band und Eure Musik kurz vor!

Olli Herman: Vielen, vielen Dank, wir wissen das wirklich zu würdigen! Es ist immer sehr schön zu hören, dass Leute da draußen dieselben Dinge mögen wie wir. Nun, kurz gesagt sind RECKLESS LOVE eine Gruppe von vier Jungs, die Feelgood Metal spielen, der stark von den 80er Jahre Hairmetal-Bands beeinflusst ist und das wieder in die moderne Rockmusik reinbringt. Die Platte steckt voller verrückter, hook-lastiger Songs, die sofort zum Mitsingen animieren und unsere Livepräsenz auf der Bühne ist extralaut, superbunt und hyperenergiegeladen.

Da Ihr als Coverband angefangen habt, hätte das ja auch dazu führen können, dass Ihr bis in alle Ewigkeit bloß Cover spielt. Wie wurdet Ihr zu einer Band, die nicht mehr nur anderer Leute Songs spielt und stattdessen ihr eigenes Material schreibt?

Olli Herman: Das war sehr einfach. Ich habe an dieser Stelle nur ein Wort für Dich: Ehrgeiz! Wir spürten einfach, dass die Songs anderer Leute nicht gut genug waren, also mussten wir ja zwangsläufig anfangen, unsere eigenen Songs zu schreiben... (lacht)

Wie persönlich sind die Songs auf "Reckless Love" von den Texten her betrachtet?

Olli Herman: Einerseits sehr persönlich und andererseits gleichzeitig auch wieder nicht! Ich schreibe fast alle Texte selbst, mit ein wenig Hilfe und Anleitung von Pepe und unserem Produzenten Ilkka. Wir waren allesamt der Ansicht, dass diese persönliche Herangehensweise meinem Gesangsstil am besten entgegen kommt. Für mich war es auch der leichteste Weg, meine Gefühle in die Melodie umzusetzen und hineinzubringen, da die Texte so natürlich am nächsten an meinen persönlichen Erfahrungen dran sind. Ich muss Euch dennoch warnen, meine Texte nicht ZU wörtlich zu nehmen. Das liegt an meiner Neigung, die Dinge entweder zu übertreiben oder zu untertreiben, wenn es besser zu meiner Story passt. Ich liebe gute Geschichten und bin ein Geschichtenerzähler. Im Gegenzug dazu mag ich jedoch auch Texte ohne große Bedeutung oder Tiefgang. Mitunter habe ich schon Texte sozusagen nur um der Phonetik willen geschrieben, d.h. ich habe einfach ein paar Worte zusammengewürfelt, die cool oder an einer bestimmten Stelle nur besonders passend klangen.

Viele Eurer Songs haben einen starken Pop-Appeal. Würde es Dich stören, wenn RECKLESS LOVE so etwas wie ein Mainstream Act werden würden oder möchtet Ihr das vielleicht sogar gerne? Wie denkst Du in dem Zusammenhang über die heutige Popmusik allgemein? Gibt’s irgendwas da draußen, was Du wirklich magst aus diesem Bereich?

Olli Herman: Nein, ich denke nicht, dass uns das letztlich stören würde. Die meisten unser eigenen Favoriten und Idole sind sehr erfolgreich und haben viele Millionen Platten verkauft. Es ist jedoch nicht das, worauf wir abzielen, denn letztlich ist es ja nicht unsere Entscheidung, ob wir ein Mainstream Act werden oder nicht. Das hängt davon, ob sich Leute unsere Musik anhören und wir genug davon gefallen, um in den Mainstreambereich zu kommen. Ich mag Popmusik im allgemeinen wirklich sehr gerne, obwohl’s heutzutage im Popbereich einfach viel zu viele Hip-Hop-Künstler gibt. Nicht, dass ich was gegen das Genre hätte, im Gegenteil, ich habe sogar eine Busta Rhymes CD zuhause... kannst Du Dir das vorstellen (lacht)? Ich denke, das ist wirklich viel zu aufgebläht mit dem Zeug derzeit. Meiner Meinung nach ist es jetzt wieder Zeit für ein bisschen guten alten Feelgood Heavy Metal. Die Mainstream Popkünstlerin, der ich wirklich gefolgt bin und die ich ernsthaft mag, ist LADY GAGA. Mir ist bewusst, dass das langsam schon wieder langweilig wird, aber mich stört’s nicht. Ich habe ihre CD gekauft, direkt als sie erschienen ist und habe sie sogar vor ein bisschen mehr als einem Jahr hier in Finnland in einer richtig kleinen Halle gesehen.

Wie kann man sich den Songwriting Prozess für einen typischen RECKLESS LOVE Song vorstellen, vielleicht auch im Vergleich zwischen der Anfangszeit und heute?

Olli Herman: Es fängt alles mit einem Songkonzept an. Wir stellen uns einen Song vor, den wir gerne schreiben möchten. Dann kommt die Melodie und am wahrscheinlichsten ist es zunächst mal der Refrain. Der große Refrain ist das Schlüsselelement, ohne den wird der Song nämlich völlig irrelevant. Nach der Melodie kommen die Strophen, Riffs, Solos und alle improvisierten Teile finden ebenso an ihren Platz, bis am Ende der Text dazukommt. Meistens ähnelt das Ergebnis am Ende nicht mehr der ursprünglichen Idee, da wir das ganze Konzept umschmeißen, während wir ihn schreiben, doch solange es gut klingt, wen schert’s? Am Ende nehmen wir den Song ein paar mal als Demo auf und schmecken das Ergebnis noch mit ein paar Extrazutaten und Gewürzen für die endgültige Aufnahme ab.

Dein Abschied von CRASHDIET u.a. aufgrund kreativer Differenzen war, soweit ich weiß, ja einvernehmlich. Bei RECKLESS LOVE singst Du jetzt viel variabler und melodischer, während Du bei CRASHDIET viel mehr Schreie und Shouting benutzt hast. Wessen Entscheidung war es, diese verschiedenen Gesangsstile zu wählen? Mir persönlich gefällt der melodische Gesang viel besser, obwohl ich "The Unattractive Revolution" wirklich liebe.

Olli Herman: Das war nicht wirklich eine bewusste Entscheidung. Die Songs, die wir für RECKLESS LOVE geschrieben haben, benötigten einfach eine viel melodischere Herangehensweise und das ganze Albumkonzept schrie einfach danach. Deswegen habe ich die Vocals auf dem Album genau so eingesungen. Zudem kommt der melodische Stil meiner natürlichen Stimmlage viel näher, weswegen es sich einfach auf die Weise auch völlig richtig anfühlte.

Ihr hattet lange Zeit für dieses Album, wenn man bedenkt, dass manche Songs bis 2004 zurückdatieren. Wann können wir mit neuem Material rechnen, insbesondere mit einem zweiten Album? Was werdet Ihr dabei vielleicht anders machen als auf dem Debüt?

Olli Herman: Tatsächlich hatten wir grade das erste Treffen mit unserem Label, um das nächste Album zu planen. Das zweite Album wird irgendwann gegen Ende des nächsten Jahres erscheinen und wir werden voraussichtlich nicht besonders viel anders machen. Dennoch, ich würde sagen, wir werden die Ecken ein bisschen schärfen und es in jeder möglichen Weise extremer machen. Wir wollen es größer, stärker, schneller, lauter, hookier, sexier, klischeehafter, rauer und gefährlicher machen.

Du legst offensichtlich Wert auf Dein Äußeres und Deine Erscheinung, weswegen Du zum Beispiel Dein Work Out-Programm durchziehst und auch auf Tour versuchst, gesund zu leben. Früher war einer der Hauptvorwürfe insbesondere an die Glambands der späteren Generation, dass sie mehr Wert auf ihr Aussehen als die Musik legen würden. Wie wichtig ist letztlich Dein Aussehen für Dich? Kannst Du unser vielleicht sogar ein paar Make-Up Tips geben oder ist das völlig einerlei?

Olli Herman: Mit meinem Aussehen und meinem Work-Out Programm hat es dasselbe auf sich wie mit dem Gesang und auch dem Rest der Band. Ich versuche gesund zu bleiben, einfach weil ich mich den Leuten, die ihr hartverdientes Geld für das Ticket ausgeben und ihre wertvolle Freizeit opfern, um uns zu sehen, in der bestmöglichen Form präsentieren möchte. Auf Tour ist jede Nacht Party angesagt und Dein Körper spielt dabei nicht mit, wenn Du nicht fit bist. Es wäre äußerst respektlos gegenüber dem Publikum wenn wir schon völlig ausgelaugt auf die Bühne kämen und kaum in der Verfassung wären zu spielen. Leider ist das bei allzu vielen jungen Bands da draußen der Fall. Nun, wenn’s um mein eigentliches Work-Out-Programm geht, muss ich gestehen, dass ich bei weitem nicht so viel tue, wie die Leute scheinbar glauben. Ich habe einen sehr unregelmäßigen Lebensrhythmus und manchmal ist es sehr schwer die Zeit zu finden, um zu trainieren. Mitunter sehe ich wochenlang keine Hantel und manchmal habe ich dafür wieder Zeit, um jeden Abend joggen zu gehen. Auf die eine oder andere Weise versuche ich letztendlich mich für das Tourleben in Form zu halten, mit dem was ich eben zum jeweiligen Zeitpunkt machen kann. In diesem Sinne bin ich ziemlich überrascht, immer wieder zu hören, ich sei so um mein Aussehen besorgt. Make-Up benutze ich nur auf der Bühne und bei öffentlichen Auftritten, zum Beispiel bei Fernsehshows oder ähnlichem. Die Haare mache ich mir zweimal pro Woche und sie bleiben dann in Form. Dennoch möchte ich gerne ein paar Make-Up Tips geben. Es ist simpel, klaut einfach Eurer Freundin den Schminkkasten und legt los mit der Bemalung... ziemlich einfach, wenn’s gut aussieht, sieht’s gut aus. Habt Geduld oder macht’s einfach wie ALICE COOPER (lacht).

Ihr bezieht eine Menge Einflüsse aus den 80ern. Bedauerst Du es insofern, dass Du damals nicht alt genug warst, um den Höhepunkt der Metal- und Rock-Szene der Zeit richtig mitzuerleben? Was hättest Du damals angestellt und wo wärst Du vielleicht hingegangen, wenn Du die Chance gehabt hättest?

Olli Herman: Ich bedauere insoweit gar nichts. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie mein Leben aussehen würde, wenn wir jetzt die 80er Jahre hätten. Nebenbei – ich denke, einen wesentlichen Teil des Charmes macht auch der Nostalgiefaktor aus.

Gene Simmons sagt gerne einmal, dass ohne die Fans die Mitglieder von KISS möglicherweise heute einfach nur den nächsten Kunden in der Schlange fragen würden, wie sie gerne ihren Burger und ihre Fritten hätten. Wenn’s also RECKLESS LOVE und die Musik nicht gäbe, womit würdest Du ansonsten vielleicht Deinen Lebensunterhalt bestreiten?

Olli Herman: Ich habe es schon immer geliebt, meine eigene Stimme zu hören, und egal, wie arrogant und selbstsüchtig das jetzt klingen mag, ich meine das sehr ernst, aber auf die demütigste Weise, die möglich ist. Wenn ich davon ausgehe, würde ich vermutlich als Journalist beim Radio arbeiten oder etwas in der Art. Es kann natürlich sein, dass ich ein bisschen zu viel Selbstvertrauen habe, wenn ich das sage. Tatsächlich könnte es auch nur meine zweitliebste Beschäftigung sein, realistischer wäre wohl, dass ich immer noch Häuser in meiner Heimatstadt anstreichen würde... (lacht)

In welcher berühmten Venue würdest Du gerne mal spielen?

Olli Herman: Da gibt’s jede Menge. All die legendären Rockclubs in den Staaten, UK, Deutschland... im Grunde überall auf der Welt. Bislang haben wir Finnland abgedeckt, wir haben also noch genug vor uns... (lacht)

Gibt’s eine klassische Band aus den 80ern, die Du gerne mal live gesehen hättest ohne die Chance dazu zu haben? Mit welcher Band würdest Du gerne mal die Bühne teilen?

Olli Herman: Unmengen: VAN HALEN (natürlich mit David Lee Roth), DEF LEPPARD, KISS, SKID ROW, WARRANT, GUNS N’ ROSES, BON JOVI, WINGER und so fort... im Grunde so ziemlich jede Hairmetal Band. Manche davon sind ja immer noch auf Tour, aber es wird niemals mehr so sein, wie’s damals war.

Was würdest Du einem aufstrebender Rocker in der heutigen Zeit raten, um’s irgendwann zu schaffen?

Olli Herman: Lern, wie man großartige Songs schreibt!

Ich hoffe, wir können uns auf ein paar Livetermine in Deutschland in der nahen Zukunft freuen?

Olli Herman: Das hoffe ich sehr. Ich habe Deutschland mit CRASHDIET besucht und mag Euer schönes Land wirklich gerne. Insbesondere die reichhaltige und ereignisreiche Geschichte finde ich sehr spannend. Sowohl tragische als auch wundervolle Momente fanden in Eurem Land statt und das ist wirklich enorm interessant. Deutschland produziert zudem das beste Bier weltweit.

Hast Du noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?

Olli Herman: Ja: hier kommen RECKLESS LOVE!!! Werft Euch in Eure schärfsten Klamotten, seid bereit, so richtig abzugehen und kommt zu unserer Party – die guten Zeiten sind ZURÜCK!!!!

Danke für das Interview, ich hoffe wir sehen Euch schon bald live bei uns!

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