Interview mit Midori von Lovebites

Ein Interview von Opa Steve vom 18.02.2019 (9801 mal gelesen)
Der zweite Longplayer "Clockwork Immortality", war Anlass genug, der Power Metal-Überraschung aus Asien einen ausführlichen Plausch auf Bleeding4Metal einzuräumen.

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Photo credit: Kitetsu Takamiya

Hallo nach Japan! Habt ihr euch schon von der kurzen Europa-Tour letzten Herbst erholt?

Midori: Ja, ich bin vollständig erholt. Aktuell touren wir mit unserem zweiten Album "Clockwork Immortality" durch Japan.

Das Timing war ja nicht so prickelnd, denn euer neues Album "Clockwork Immortality" ist einige Wochen nach euren deutschen Konzerten auf den Markt gekommen. Was war der Grund für diese frühe Tour?

Midori: Die Tour war für die EP "Battle Against Damnation", welche letzten Juni erschienen ist. Als wir diese EP herausbrachten, waren wir in Deutschland nicht bekannt. Später spielten wir dann auf dem Wacken Open Air und hatten das Glück, fast 10000 Besucher zu haben. Danach waren wir bekannter. Das ist der Grund, warum wir die Tour zu diesem Zeitpunkt durchzogen. Es dauerte etwas nach dem Erscheinen der EP, aber diese Zeit brauchten wir. Wir spielten den Titeltrack des bis dahin unveröffentlichten "Clockwork Immortality" das erste Mal auf dieser Tour, daher hatte die Tour nebenbei ein bisschen Promotion für das neue Album, und deswegen glaube ich nicht, dass das Timing so übel war.

Ich bin neugierig, ob ihr euch an einige besonderen Eindrücke von Deutschland erinnert, nachdem ihr durch unser Land gereist wart.

Midori: Wir sind mal in einer Region aufgeschlagen, die sehr viele traditionelle Fachwerkhäuser hat. Diesen Anblick haben wir sehr genossen. Wir haben gemerkt, dass einige Böden und sogar die Häuser selbst etwas schief waren. Wir haben uns gefragt, wie sie wohl innen aussehen würden. Uns wurde erzählt, dass diese Häuser teilweise vor hunderten von Jahren gebaut wurden, daher halten die Leute sie in Schuss, während sie sie nutzen. Wir waren überrascht, dass so viele alte Gebäude noch genutzt werden. Es ist sicher nicht leicht, die Altstadt zu erhalten. Ich fühlte die Liebe der Einwohner zu ihrer Stadt. Einmal waren wir in einem Fachwerkhaus in einem ländlichen Bereich, da sahen wir ähnliche schöne traditionelle Häuser. Das war interessant. Der Boden war etwas schief, aber das war kein Problem. In Japan gibt es so etwas nicht, dass alte und neue Häuser in einer Stadt zusammenstehen. Das war wunderbar.

Stell doch LOVEBITES für alle Leute, die eure Gigs verpasst haben und euch noch nicht kennen, mal in drei kurzen Sätzen vor.

Midori: LOVEBITES ist ein japanisches All-Female-Power-Metal-Quintett. Wir spielen den authentischen europäischen Stil von Heavy Metal. Kraftvolle Vocals, doppelte Lead Guitars und eine starke Rhythmusgruppe sind unsere Stärke.

Wie wichtig ist der europäische Markt für euch? Schließlich seid ihr von dem deutschen/europäischen Power Metal ja stark beeinflusst ...

Midori: Der europäische Markt ist für LOVEBITES sehr wichtig. Wir sind definitiv von dem europäischen Metal beeinflusst. Wir möchten Musik machen, die auf europäischem Power Metal basiert, aber auch unsere Herkunft einfließen lassen.

Mit Arising Empire habt ihr jetzt tollen Labelsupport in Deutschland. Wie kamen sie mit euch in Kontakt und habt ihr jetzt mehr Aufmerksamkeit als mit dem "Awakening From Abyss"-Album?

Midori: Zuerst hatten wir Kontakt zu einem Mitarbeiter von Arising Empire auf Facebook. Dann haben uns die Nuclear Blast-Leute auf Wacken gesehen, dann bekamen wir ein Angebot. So kam es dazu, dass wir nun auf Arising Empire veröffentlichten, welches ein Sublabel von Nuclear Blast ist. Wir waren außerhalb England kaum bekannt, als wir "Awakening From Abyss" herausbrachten, aber jetzt merken wir schon, dass uns mehr Menschen aus Europa, z. B. aus Deutschland, kennen.

"Awakening From The Abyss" war eher straighter Metal mit einem straighten Sound, "Clockwork Immortality" ist moderner produziert, laut und aufwändig. Ist dies eine evolutionäre Entwicklung, wie sich eure Arrangements verändert haben, oder ist das hauptsächlich unterschiedlichen Budgets für die beiden Produktionen geschuldet?

Midori: Es gab keinen Unterschied in den Budgets. Die Änderung kam wegen breiterer Arrangements. "Clockwork Immortality" folgt der Richtung von "Awakening From Abyss". Dennoch wurden Orchester-Parts ausgearbeitet und damit der Umfang der Songs vergrößert. Es sind viele unterschiedliche Songs, jeder Song hat die Handschrift aller Bandmitglieder. Du hörst unsere fünf Identitäten als eine Einheit auf diesem Album.

Wie wichtig ist der kommerzielle Erfolg für LOVEBITES verglichen mit dem künstlerischen?

Midori: Für die Band ist kommerzieller Erfolg sehr wichtig, damit wir in und außerhalb Japan konstant touren können. Ich glaube, der künstlerische Erfolg und der kommerzielle Erfolg gehen Hand in Hand.

In der westlichen Metal Szene mit Jeans und Leder-Outfits werden japanische Bands öfter skeptisch wegen ihrer außergewöhnlichen Optik beäugt. Habt ihr einige gute oder schlechte Erfahrungen damit gemacht oder gab es Reaktionen zum Outfit?

Midori: Ich erinnere mich daran, als wir zum ersten Mal einen Artikel im Metal Hammer hatten und die Leute in den sozialen Netzwerken eine Diskussion gestartet haben. Einige merkten kritisch an, dass wir kein Metal wären, weil wir kein typisches Metal-Outfit trügen. Andere hatten mehr Toleranz und meinten, solange wir nach Metal klingen, ist es egal, wie wir aussehen. Thema einer solchen Diskussion zu sein erfreut uns eigentlich, denn es bringt Aufmerksamkeit. Es dauerte länger als ein Jahr und nun haben wir schon einige Male in Europa gespielt. Wir bemerken immer noch, dass den Leuten unsere weißen Kostüme auffallen, aber man redet nicht mehr so viel darüber, ob wir heutzutage nun weiß tragen sollten oder nicht.

Kannst du mir mehr über den kulturellen Aspekt japanischer Bands erzählen, warum sie sich so sehr auf einen besonderen Kleidungsstil fokussieren und die Band als eine uniformierte Einheit präsentieren? Und warum habt ihr euch für die weißen Kleider entschieden?

Midori: Ich habe den Eindruck, dass viele Bands Kostüme mit einem Konzept tragen. Ich glaube, damit kann man seine Identitäten visuell unterstützen und es macht es für die Wiedererkennung auf dem Markt leichter. In Japan gehören Idole zur Kultur und Visual-Kei existiert nun schon für 30 Jahre. Viele visuell bewusste Künstler schaffen es in die Top Charts. Daher ist es nichts Besonders, als Band über Mode nachzudenken. Wie das Wort "Insta-worthy" beschreibt prägen sich die Leute Bildhaftes ein und beeindruckende Looks setzen sich im Gedächtnis fest. Das ist ein Vorteil, der neben der Musik existiert. Und es macht es leichter, die Zielgruppe festzusetzen. Das heißt nicht, dass uns die Musik weniger wichtig ist. Als LOVEBITES sind wir mehr als Metalkünstler, wir sind kultiviert aufgewachsene Frauen. Die weißen Kostüme symbolisieren das. Wir glauben, es ist für uns kräftiger, umwerfender und angemessener als Schwarz.  

Eure Musik klingt für deutsche Ohren sehr familiär. Der klassische nordeuropäische Power Metal könnte genauso in Deutschland oder Finnland geschrieben worden sein. Was sind eure musikalischen Einflüsse?

Midori: Jede von uns ist von anderen europäischen Bands beeinflusst. So wie HELLOWEEN, EDGUY, BLIND GUARDIAN, CHILDREN OF BODOM, STRATOVARIUS und IRON MAIDEN. Einige beeinflussten uns bei Riffs und Gitarrenarbeit, andere mit Melodien, andere mit Orchesterparts und so weiter. Dazu kommt, dass alle unsere Alben in den berühmten Finnvox Studios in Finnland gemischt und gemastert wurden. Mikko Karmila und Mika Jussila haben schon mit Künstlern wie STRATOVARIUS, CHILDREN OF BODOM, SONATA ARCTICA und NIGHTWISH usw. gearbeitet. Ihr wunderbares Team von Toningenieuren hatte auch einen guten Einfluss.

Eure musikalischen Fähigkeiten sind bemerkenswert - ich stehe insbesondere auf die großartigen Gitarrenleads, aber auch auf die kraftvolle Rhythmusbasis, wenn es mit der Doublebass losgeht. Wie habt ihr euch eigentlich gefunden, und war es schwer, fünf gute Musikerinnen zu finden, die auch noch stilistisch zueinander passen?

Midori: Vielen Dank dafür! Ich bin der Band mit Miyako beigetreten und habe gehört, dass es sehr lange dauerte, alle fünf Bandmitglieder zusammenzufinden. Außer Asami kannten wir anderen vier uns bereits. Miho und Haruna waren schon in der gleichen Band und wurden mit Asami bekanntgemacht, als sie neue Mitglieder suchten. Miyako und ich haben uns entschieden, als wir das Demo mit Asami am Mikro gehört hatten. Asami war ursprünglich keine Metal-Sängerin, aber sie mochte die musikalische Idee von LOVEBITES. Ich glaube, es ist ein Wunder, dass wir all diese einzigartigen Mitgliederinnen zusammengebracht haben.  

War es schon immer die Idee, eine All-Girl-Band zu starten, oder passierte das zufällig?

Midori: Es war die klare Vision einer ernsthaften All-Female-Metal-Band.  

Mao hatte einige Songwriting Credits auf "Awakening From Abyss". Was ist seine Rolle für die Band, und habt ihr auf "Clockwork Immortality" ebenfalls mit ihm gearbeitet?

Midori: Wir haben mit Mao San seit der "Lovebites"-EP gearbeitet. Er ist ein Komponist/Arrangeur, wir machen zusammen Songs und manchmal schreibt er selbst welche. Wir diskutieren mit ihm und einem Produzenten über Arrangements von Songs, die er geschrieben hat.  

Ich danke dir für die Zeit, die du dir für Bleeding4Metal genommen hast, und hoffe, euch bald auf deutschen Bühnen wiederzusehen. Die letzten Worte am Schluss gehören euch.

Midori: Vielen Dank, dass ihr bis zum Schluss gelesen habt. LOVEBITES sind nun bei den deutschen Arising Empire und wir haben in drei Städten sowie Wacken letztes Jahr so viele Fans getroffen. Wir fühlen uns mit Deutschland verbunden wie noch nie. Wir würden sehr gerne wiederkommen. Hoffentlich sehen wir uns dann! Bis dahin genießt unser neues Album. STAYMETAL!

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Photo credit: Kitetsu Takamiya

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