Interview mit von Till Burgwächter

Ein Interview von Odin vom 02.04.2002 (9016 mal gelesen)
Wer so eine tolle Satire schreibt, muss auch Rede und Antwort dazu stehen.

Marc:   Hallo, Marc H. hier.

Nat:   Hallo, wie geht's dir?

Marc:   Danke, sehr, sehr gut - und selber?

Nat:   Naja, muss ja. War grade etwas knapp, dass ich rechtzeitig nach hause gekommen bin, daher bin ich auch froh, dass du wirklich angerufen hast.

Marc:   Ja, natürlich, klar!

Nat:   Du bist selbst auch als freier Schreiber tätig, für wen oder was?

Marc:   Ganz genau, ja. Also das ist bei mir völlig unterschiedlich. Im Musikbereich jetzt für verschiedene kleinere Magazine, das ist nichts dolles alles, aber ich schreibe auch für Tageszeitungen, für andere Magazine, für ein Autoren-Magazin mache ich Buchrezensionen und so.

Nat:   Damit verdienst du dein Geld?

Marc:   Damit verdiene ich mein Geld, ja genau. Braunschweiger Zeitung und so.

Nat:   Und jetzt hast du selbst ein Buch geschrieben. Meinst du damit auch Geld verdienen zu können oder war das mehr zum Spaß?

Marc:   Naja, Ziel ist es sicherlich, auch damit mal Geld zu verdienen, denn es ist ja zwar ein kleiner Verlag, aber es ist ein richtiger Verlag. Also es gab einen Vorschuss, es gibt einen Vertrag mit einer ordentlichen Beteiligung und so weiter und so fort - also gekostet hat mich das jetzt nichts in dem Sinne - also kann ich praktisch nur Geld verdienen.. abzüglich der Arbeitsstunden.

Nat:   Ja, wie lange hat das denn gedauert? Es steht ja doch einiges drin in den 210 Seiten, das dauert doch einige Zeit, bis einem das alles eingefallen ist?

Marc:   Die reine Bearbeitungszeit waren etwa sechs Monate sag' ich mal, ich habe zu der Zeit noch studiert und habe das eben immer abends geschrieben und das ging relativ schnell eigentlich. Nachher was langwieriger war, war wirklich gewisse Sachen überprüfen, nachschlagen und so weiter. Also der erste Rutsch ging schnell, nachher das Bearbeiten hat dann eine ganze Zeit gedauert, ja. Und dann halt Verhandlungen mit Verlagen, Gespräche führen und da hinfahren oder die kamen dann her, das hat sich dann hingezogen. Eigentlich sollte es auch im Oktober schon raus sein, da war es eigentlich auch so weit, dass alles durch war, aber dann gab's im Verlag nochmal Schwierigkeiten und so ist es dann März geworden schließlich.

Nat:   Du hast dich für ein Pseudonym entschieden, um das Buch zu veröffentlichen - hast du Angst vor militanten Immortal-Fans oder was?

Marc:   (lacht) Ne, also ich persönlich ehrlichgesagt nicht, nein. Also wer die Satire oder den Spaß hinter der Sache nicht versteht, oder das wirklich für bahre Münze nimmt, der hat den Schuss nicht gehört und auf so jemanden kannst du immer treffen. Ne, Fakt ist einfach, dass ich schon andere Glossen vorher geschrieben habe und auch weiter schreibe, die mit Metal überhaupt nicht zu tun haben, und die unter diesem Pseudonym schon veröffentlicht habe und auch weiterhin veröffentlichen werde. Das ist eben so ein wirkliches Pseudonym für diese Art von Satire, Glossen. Ich habe schon verschiedene Sachen gemacht unter dem Pseudonym und da habe ich das natürlich beibehalten.

Nat:   Jetzt ist es dafür noch zu früh, aber mich würden dann schon bald mal die Verkaufszahlen interessieren, wie das Buch so ankommt.

Marc:   Ja, das ist noch zu früh, würde mich aber auch interessieren. Ich weiß nur, dass es sich bisher nicht grade so 10 Mio mal verkauft hat, das ist klar. Wir haben eben auch eine gewisse Taktik; wir wollten eben die kleinen Fanzines zuerst bemustern sozusagen, und dann halt gucken, was damit so passiert, gucken, wie's ankommt und sich dann so ein bißchen nach oben zu tasten. Also der Verlag hat jetzt zum Beispiel nichts an das "Rock Hard" geschickt oder an das "Heavy, oder was!?" bisher, also die müssen schon selber drauf kommen sozusagen.

Nat:   Also bei mir kam es gut an, allerdings nicht von Amazon, da hatte ich es zwar bestellt, aber die hatten Probleme, das irgendwie rauszurücken.

Marc:   Das war ganz am Anfang, da hieß es, das haben alle auch hier so im Freundeskreis, die meinten dann alle "Ja, wir haben 'ne Mail bekommen usw." - das hat sich mitlerweile eingependelt und so. Ein Kumpel hat es vor ein paar Tagen bestellt in einem Buchladen und da hat es dann zwei oder drei Tage gedauert, bei Amazon dauert es jetzt auch so knapp 'ne Woche, glaube ich.

Nat:   Wir hatten es schon erwähnt, du schreibst auch für Webzines und ähnliches und bist es daher auch gewohnt, Interviews zu führen - allerdings eher auf der anderen Seite der Leitung. Vielleicht mal ein Experiment: Was würdest du dich fragen, wenn du dich interviewen müsstest?

Marc:   (lacht) Das ist 'ne schöne Frage, das habe ich mir letztens überlegt - was habe ich mir da eigentlich überlegt? Ähm, ja, auf jeden Fall würde ich die Fragen vermeiden wie "Wie bist du darauf gekommen?" und, was mich per Mail halt von Lesern wirklich erreicht, "Hörst du Heavy Metal?". Das sind so die Fragen, die ich nicht mehr beantworten möchte, das sind so die beiden häufigsten - seltsamerweise - die da so kommen; "Was hast du gegen Heavy Metal?" und "Hörst du das überhaupt?". Also ich denke, das klärt sich von alleine, das ist einzueins klar und ja, ich würde sicherlich noch nach der Intention fragen, die hinter dieser Sache steckt.

Nat:   Hm, gut. Was ist denn die Intention?

Marc:   Es soll halt auf keinen Fall das sein, dass ich mit diesem Buch die Szene lächerlich machen möchte vor Leuten, die praktisch außerhalb stehen und sagen "Ha, wir wußten es doch immer - Metal ist Scheiße." Das hat bisher auch noch keiner so in den Hals bekommen. Da habe ich die Gefahr ein bißchen gesehen ehrlichgesagt am Anfang, dass die Leute so sagen, dass wenn jemand von außerhalb das jetzt liest, dass der denkt, das sei alles wirklich so - und das sollte es auf keinen Fall sein. Sondern es sollte in erster Linie schon ein Insider-Gag sein, ja. Die Szene von jemandem, der wirklich dahinter steht und die Musik wirklich seit '88 hört und viel zu Konzerten geht und so weiter, einfach mal von der humorigen Seite betrachtet sozusagen. Das ist das, was dahinter steckt. Dass es irgendjemanden geben mag auf der anderen Seite, der sagt "Haha, siehste, ich wußte es ja; Metaller sind ganz seltsame Menschen", das kann passieren. Und dass es auf der anderen Seite genauso Menschen geben kann, die halt sagen "Ich fühl' mich verarscht als Metal-Fan", das kann es halt auch geben, aber da muss man einfach durch. Also die Intention ist einfach, dass man wirklich sagt, hm, wir machen 'nen kleinen Spaß einfach mal. Wir nehmen mal alles auf, was es an Klischees so gibt - denn ich sage mal 80% der Sachen sind ja wirklich Klischees, die bestehen, die ich eben aufgegriffen und zum Teil natürlich völlig überzogen habe, ein paar Sachen sind traurig aber wahr (lacht) und ein paar Sachen sind natürlich auch völlig frei erfunden.

Nat:   (lacht) Sad but true, genau. Das war auch eine Frage, die ich mir gestellt habe, wie das wohl bei Leuten ankommt, die nicht so in der Szene drinstecken, die vielleicht schonmal was gehört haben und meinen, 'ne Ahnung zu haben, aber nicht wirklich haben, ob die die Satire erkennen oder ob die das irgendwie zu ernst nehmen.

Marc:   Ich habe es ja getestet. Also das Manuskript, bevor es ein Buch wurde, habe ich halt Bekannten zu lesen gegeben, die überhaupt keinen Metal hören und so weiter, und da kam es witzigerweise super an. Genau wie bei einer befreundeten Autorin, die schreibt Fantasy - das Härteste, was sie wohl hört, ist ich weiß nicht, Britney Spears - und sie hat sich totgelacht, aber sie meinte, man merkt zu jeder Zeit, dass du halt diese Musik magst oder liebst, das sollte halt einfach auch durchkommen. Dass es den einen oder anderen da etwas härter erwischt, liegt in der Natur der Sache. Und vor allen Dingen der Punkt ist ja der, als Politiker, als Schauspieler, als was auch immer, als Mensch in der Öffentlichkeit musst du damit rechnen, dass mal jemand 'ne Satire über dich verfasst. Ansich ist das ja 'ne Ehre. Es ist ja eine Art von Respektbekundung, wenn man jemanden persifliert bzw. eine Satire über ihn schreibt. Politiker sind das praktisch jeden Tag gewohnt, dass irgendwelche Stimmenimitatoren etc. sich über sie lustig machen, und gerade diese Szene, wo wirklich 45-Jährige in Ledertangas mit Schertern auf der Bühne stehen, die haben das halt nicht, und da habe ich gesagt, dass kann doch nicht wahr sein! (lacht) Einfach einmal muss das mal raus, so. Und es gab sowas halt auch noch nicht, das ich auch noch ein Fakt; ich habe vorher sehr genau gekuckt, ob es sowas in der Richtung gibt in Buchform und das gibt es nicht. Insofern war es natürlich auch ein Versuchsballon sozusagen, auch für den Verlag.

Nat:   Ja, wo du die 45-Jährigen in Tangas ansprichst, da müsste man vielleicht auch mal über eine englische Fassung nachdenken, wenn es erfolgreich wird, könnte man das vielleicht noch realisieren, oder steht das außer Frage?

Marc:   Ich denke, dass es nicht übersetzbar ist. Weil viele Wortspielereien, viele Andeutungen und so weiter kann ich mir nicht vorstellen, dass die in Englisch so funktionieren. Wir haben da schonmal drüber gesprochen seitens des Verlages, ich bin aber der Meinung, ich glaube nicht, dass man das transportieren kann. Also ich selber sowieso nicht, keine Frage, dafür reicht mein Schulenglisch nun wahrlich nicht aus, aber auch selbst wenn du da einen Spezialisten dransetzt, denke ich dass es passieren kann, dass das einfach falsch rüberkommt.

Nat:   Wäre halt nur schön, da viele, die es betrifft, ja nun englisch-sprachig sind eher.

Marc:   Ja, das ist richtig. Also wenn das Ding wirklich so einbomben sollte, dass sich jeder so'n Teil kauft, dann kann man da immer nochmal drüber nachdenken, aber ich halte es für superschwierig.

Nat:   Dann wollen wir mal hoffen, dass ihr mit dem Buch in nächster Zeit noch von mehr größeren Magazinen entdeckt werdet.

Marc:   Also ich kann ja sehen bzw. kriege das zugestellt, wer Rezensions-Exemplare bestellt, und es sind jetzt mehrere dazugekommen von Größeren, das auf jeden Fall. Speziell das "Rock Hard" ist bis heute noch nicht dabei, ich weiß auch nicht, wie die reagieren werden, ganz ehrlich, weil die ja nun auch öfter direkt erwähnt werden. Es ist schwer einzuschätzen, ich kenne die nicht persönlich bzw. höchstens von kurzen Gesprächen oder Mailwechseln und so weiter, keine Ahnung.

Ich stelle fest, dass in Marc's Buch erstaunlich viele "das" (statt "dass") Fehler zu finden sind, und er stimmt mir zu, dass dem Lektor da einiges durch die Lappen gegangen sei.

Marc:   [...] Obwohl, ich muss sagen, das Lektorat hat in dem Fall natürlich schon Schwierigkeiten gehabt, ne? Weil diese ganzen Eigennamen, zum Teil Wortkreationen - der muss total graue Haare gekriegt haben, weil der hatte nun definitiv null Ahnung und hat auch Sachen verbessert, die ich dann grade noch so gesehen habe, das wurde dann nachher auch richtig hektisch; erst ein halbes Jahr lang passiert gar nichts, dann soll es veröffentlicht werden, es passiert nichts und auf einmal geht es innerhalb von drei Tagen "Wir müssen, wir müssen, wir müssen!" Und da habe ich dann wirklich zum Teil in letzter Minute Sachen gesehen, wo ich gesagt habe, Scheiße, weil der das völlig falsch verstanden hat, sage ich mal, so dass er Bandnamen oder Anspielungen auf irgendwelche Namen halt in normale Wörter umgesetzt hat - verschlimmbessert, genau. Und so ist das halt gekommen. Und die Sache mit Chuck (Schuldiner) kam natürlich auch noch ganz ungünstig dazu. Ich hab das sonntags morgens um halb sieben hier mal am Computer gelesen und habe einen riesen Schreck bekommen, als ich gelesen habe, dass er gestorben ist, hab' sofort angerufen und habe gesagt - und es war eigentlich zu spät, es war nach Deadline - dieser Satz, dieser eine Satz wenigstens muss noch rein, sonst sieht das halt richtig Kacke aus! Ich wollte verhindern, dass da jemand denkt, ich mache mich halt in dem Fall auch noch drüber lustig oder sowas. Das "Rest in piece, Chuck" ist also noch praktisch in allerletzter Sekunde reingerutscht.

Nat:   Ja, also für Insider ist es sehr empfehlenswert, da es viel Spaß macht, wenn man es richtig sieht.

Marc:   Ja, ich habe bisher auch noch keine Hardliner-Reaktion bekommen. So 10 Reviews ungefähr sind online gegangen und ich habe etwa 10 regelrechte Leserbriefe bekommen, und da ist das so bisher der Tenor. Ich warte halt auf die harte Fraktion, wobei - ich weiß nicht. Wenn ich mich auf Konzerten so umgucke, ich denke die meisten müssten den Spaß mitmachen können.

Nat:   Genau. Dann dankeschön und viel Erfolg.

Marc:   Ich bedanke mich und ebenfalls!

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