Behinderte Menschen auf Festivals Teil 2: Wacken

Ein Artikel von Kex vom 21.05.2012 (7786 mal gelesen)
Wer sich jetzt wundert, weshalb sich der Titel dieser Reihe änderte, dem sei Folgendes erklärt: Die Reihe begann mit einem Ansturm an Beschwerden im Forum des Wacken Open Airs 2011 und beinhaltete immer die Gruppe der "Schwerbehinderten". Damals war eben genau dies der Aufhänger, doch bin ich, wohl durch meine Studienrichtung bedingt, für das von manchen nicht immer gern gelittene politisch korrekte Schreiben.

Die Beschwerden der Besucher des Wacken Open Air Forums bezogen sich auf mehrere Aspekte des Festivalbesuches. Zum einen gab es Probleme, wenn Begleitpersonen nicht parallel anreisen konnten. Es wurde auch berichtet, dass Begleitpersonen nicht auf die Tribüne gelassen wurden, auch in denjenigen Fällen nicht, wo sie gebraucht worden wären. Dies eröffnete direkt ein weiteres Beschwerdefeld der Besucher: Nicht nur, dass Begleitpersonen nicht auf die Tribüne gelassen wurden, nein, zum Teil wurde Menschen, die auf Grund des Rollstuhls nun mal nicht über die Köpfe anderer Hinweg gucken können, der Zugang verwehrt, mit der Begründung, dass diese bereits voll sei. Sowas kommt vor, das kennen wir auch, aber das eigentlich Ärgerliche dabei waren die zeitgleich geäußerten Berichte über Mitglieder der Presse, die von einzelnen Securities auf die Tribüne gelassen worden sein sollen und denjenigen, die einen Platz ergattert hatten, die Sicht versperrten. Als letzter Punkt wurde das Campen außerhalb des für behinderte Personen abgesteckten Zeltplatzes angemahnt. Mancher Besucher wollte eben mit seinen Kumpels feiern und nicht auf einer gesonderten Campfläche. Allerdings verlängerten sich so die Wege zu barrierefreien Duschen und Toiletten.

Auf diese Vorkommnisse wurde seitens der Verantwortlichen zügig reagiert. Es wurde einerseits darum gebeten, die Nummern von Security-Mitgliedern, die sich fehlerhaft verhielten, zu nennen. Andererseits wurde um Anregungen seitens der Festivalbesucher gebeten. Diese sollten dann in die Planung für das diesjährige Wacken Open Air mit einbebzogen werden. An dieser Stelle hakte ich nach, da mich interessierte, wie sich die Veranstalter des Wacken Open Air auf die Gruppe von Festivalbesuchern mit Behinderungen verschiedenster Art vorbereiteten.

Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass das Personal von Security-Firmen auf dem Wacken Open Air generell nur dann eingesetzt wird, wenn der Nachweis eines 34a Scheines gegeben ist. Dieser Schein wird in der Regel in 20 stündigen Kursen erworben und vermittelt Wissen zu den Themen Sicherheitstechnik, rechtliche Grundlagen für Sicherheitsdienste, Unfallverhütungsvorschriften sowie Verhaltensregeln im Umgang mit Menschen. Zusätzlich erhält das Sicherheitspersonal eine weitere Einweisung vor Ort, die an dem jeweiligen Einsatzgebiet (Tribüne für gehbehinderte Menschen, Kontrollen am Eingang zum Konzertgelände, etc.) orientiert ist. Auf dem Wacken Open Air gibt es außerdem für Securities die Möglichkeit, sich bei Grenzfällen bei einem so genannten Supervisor zu erkundigen. Dieser klärt dann alle Fragen, die seitens des Sicherheitspersonals aufkommen für einzelne Fälle genau ab.

Daneben äußerte sich das Wacken Headquarter auch zu den im Forum genannten Vorfällen. Generell gilt, dass die Security nur gehbehinderte Menschen und, je nach Bedarfslage, deren Begleiter auf die dafür vorgesehenen Tribünen lassen darf. Ist eine Begleitung gesetzlich vorgeschrieben, wird das durch ein "B" im Behindertenausweis gekennzeichnet. Im letzten Jahr (2011) wurden Ausnahmen für Pressefotografen gemacht. Diese haben laut Veranstalter aber derart überhand genommen, dass es in diesem Festivaljahr keine Ausnahmeregelung geben wird. Die Planung der barrierefreien Einrichtungen wie separatem Zeltplatz oder Klos/Duschen wird im Übrigen in Zusammenarbeit mit einem Diplom Sonderpädagogen vorgenommen. Außerdem wird die "Full Metal Bag" schon seit einigen Jahren durch Mitarbeiter der Werkstatt für behinderte Menschen in Rendsburg befüllt.

Dass es sich bei der Ankündigung, die Meinung der Betroffenen einzubeziehen nicht um eine leere Ansage handelte, zeigte sich im April. Konnte man 2008 noch lesen, dass der Zugang zum separaten Campground innerhalb eines gewissen Zeitraums nun abgeschlossen ist, gilt in diesem Jahr gleiches Recht für alle. Es wird zwar einen separaten Campground für diejenigen mit einem "B", "AG" oder "G" im Ausweis geben (Bedeutung der Kürzel könnt ihr hier anschauen), doch muss dieser nicht vorab reserviert werden. Es dürfen bis zu 4 weitere Begleiter mit auf den Platz, die Gruppe muss daher geschlossen anreisen. Ist dieser Platz voll, werden Besucher auf Plätze nahe der Sanitäranlagen umgeleitet. Diese sind 2012 immer mit barrierefreien Klos und Duschen ausgestattet, egal wo gecampt wird. Es wird außerdem eine Tribüne geben, die den Blick auf alle Bühnen des Wacken Open Air ermöglicht. Dies gilt auch für die Bullhead City Circus. Alle weiteren Details könnt ihr hier nachlesen sowie im Festival-ABC.

Ihr seht, dass es einer Menge Planung an unterschiedlichsten Fronten bedarf. Bemerkenswert finde ich die schnelle Kommunikation via Mail mit dem Headquarter wie auch die Bereitschaft, sich mit den Festivalbesuchern direkt abzusprechen. Ich bin auf die Umsetzung während des diesjährigen Wacken Open Airs 2012 gespannt!

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